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Der Talisman (German Edition)

Der Talisman (German Edition)

Titel: Der Talisman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth von Bismarck
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schickten mich zu Ihnen, Frau Knall. Helfen Sie mir, diese Kreaturen zu vernichten!«, schrie Georgy verzweifelt. Großmutter Knall starrte auf Yashas Talisman. Der steinerne Schmetterling leuchtete hell. Mit den Fingerspitzen berührte ihn die alte Dame. Nach einer Weile nickte sie und ihre weisen Augen funkelten, als sie sagte: »Yasha, ohne dich kann Georgy es nicht schaffen. Du musst mit ihm gehen! Geht sofort, denn es bleibt nicht viel Zeit!« »Was sollen wir tun?«, stotterte Yasha. Emils Großmutter antwortete so leise, dass sich alle vorbeugten, um sie zu verstehen. »Das ist nicht so einfach, mein Junge. Meistens sind Vampire Menschen, die man gekannt hat. Sie kommen nach ihrem Tod zurück und quälen die Lebenden. Gegen diese Art von Strigois gibt es ein wirksames Mittel!« Mit diesen Worten stand sie auf und schlurfte zu einer Truhe. Nur das Knarren des schweren Deckels unterbrach die Stille. Atemlos beobachteten Yasha, Emil und Georgy, wie Großmutter Knall in die Truhe griff. »Schaut her!«, verkündete sie und schüttelte dabei angriffslustig einen angespitzten Holzpflock. Georgy zuckte erschrocken zusammen. Großmutter Knalls Augen funkelten gefährlich: »Wenn man von einem Untoten heimgesucht wird, öffnet man sein Grab und treibt ihm einen solchen Pflock ins Herz! Aber die beiden Kreaturen, dort draußen im Käfig, sind niemals Menschen gewesen. Sie wurden von einer dunklen Kraft erschaffen. Wir müssen zu anderen Mitteln greifen!« Großmutter Knall legte den Pflock zurück in die Truhe und setzte sich wieder an den Tisch. »In der Nacht vor dem St.-Georgs-Tag, bevor die Uhr Mitternacht schlägt, verlieren die Geisterwesen für eine halbe Stunde den Schutz der dunklen Mächte. Bringt die beiden Vampire ins Kloster Snagov und setzt sie an Draculas Grab aus. Dort werden sie sich gegenseitig vernichten! Denn fließt in dieser Nacht das Blut des Bösen, wird sich der Fluch der Vampire lösen. Und nun lasst uns mit den Vorbereitungen beginnen!«
    Emsig machte sich
    Großmutter Knall im Haus
    zu schaffen. Sie füllte Yashas Rucksack randvoll mit Knoblauchknollen. Vor dem Kruzifix, das an der Wand hing, zögerte die alte Dame einen winzigen Augenblick, doch dann nahm sie es ab und reichte es Yasha. Die Haustür knallte hinter Emil ins Schloss, als er außer Atem mit einem gefüllten Krug wiederkam. »Hat der Herr Pfarrer das Wasser gesegnet?«, fragte Großmutter Knall, Emil nickte. Die alte Dame streute Asche aus der Feuerstelle in den Wasserkrug. Während sie die Mixtur umrührte, murmelte sie leise vor sich hin. Dann füllte sie ein Glas und reichte es Georgy. »Trink, Pferdehändler! Es ist gegen den bösen Blick, mit dem dich die Vampire gelähmt haben.« Angeekelt betrachtete Yasha die trübe, graue Flüssigkeit, in der winzige schwarze Kohlebröckchen schwammen. Leise blubbernd saugten sie sich mit Wasser voll.
    Pünktlich am Abend
    vor dem
    St.-Georgs-Tag erreichten Yasha und Georgy mit ihren unheimlichen Gefangenen das Ufer des Snagov-Sees. An einer einsamen Bucht zügelte Georgy die Pferde. Vor ihnen, auf einer bewaldeten Insel mitten im See, lag Kloster Snagov. Mit einem Fluch sprang der Pferdehändler vom Wagen. Yasha verstand gerade noch das Wort Boot, das Georgy ihm über die Schulter zurief, da war er auch schon zwischen den Sträuchern verschwunden. Yasha war mit den Vampiren allein. Misstrauisch drehte er sich zum Käfig um. Kopfüber hingen die beiden da, ihre vogelartigen Klauen um die Gitterstäbe geklammert. Im hellen Sonnenlicht glänzte jede einzelne Kralle wie eine silberne Nadel. Das einzig Hübsche waren ihre weichen Flügel, in die sich die Vampire zum Schlafen einhüllten. Die Flügel sahen aus wie große Umhänge aus feinem, mausgrauem Fell, das sich fast unmerklich im Rhythmus der leisen Schnarchgeräusche bewegte. Yasha war froh, dass er die kleinen, hässlichen Gesichter der Vampire nicht sehen konnte. Wo blieb nur Georgy mit dem Boot? Nervös ging Yasha auf und ab.
    Als es zu dämmern begann, erwachte der erste Vampir. Eine schmutzige Hand tastete sich hervor und schob die Flügel zur Seite. Modriger Geruch stieg Yasha in die Nase und seine Nackenhaare sträubten sich, als der winzig kleine Kopf hervorschoss und sich mit ruckartigen Bewegungen umschaute. Der graugrüne Kopf wirkte eigentlich viel zu klein für ein Wesen dieser Größe. Die roten Äuglein blieben auf Yasha hängen. Unwillkürlich schnellte die Zunge zwischen den spitzen weißen Zähnen hervor. Der Käfig

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