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Der Talisman

Der Talisman

Titel: Der Talisman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King und Peter Straub
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brachte ihn zu Richard Sloat, der Rushton gewesen war; zu Speedy
    Parker, der war, was er war.
    Er heilte sie.
    Regenbogen, Regenbogen, Regenbogen!

 
Sechsundvierzigstes Kapitel
     
    Noch eine Fahrt
     
    1
     
    Er heilte sie, aber er konnte sich hinterher weder erinnern, was vor sich gegangen war, noch an irgendwelche Einzelheiten. Eine Zeitlang hatte der Talisman in seinen Händen geleuchtet und gesungen, und er glaubte gesehen zu haben, wie sein Feuer regelrecht über sie hinwegzufließen schien, bis sie in Licht gebadet waren. Das war alles, was sein Gedächtnis hergab.
    Und zum Schluss wurde das wundervolle Licht im Talisman schwächer – immer schwächer – bis es erlosch.
    Jack dachte an seine Mutter und stieß einen heiseren Verzweiflungsschrei aus.
    Speedy taumelte durch den schmelzenden Schnee und legte ihm einen Arm um die Schultern.
    »Es kommt wieder, Travelling Jack«, sagte Speedy. Er lächelte, wirkte aber doppelt so erschöpft wie Jack. Speedy war zwar geheilt – aber es ging ihm trotzdem nicht gut. Diese Welt bringt ihn um, dachte Jack. Auf jeden Fall bringt sie das um, was Speedy Parker ist. Der Talisman hat ihn geheilt – aber er stirbt trotzdem.
    »Du hast etwas für ihn getan«, sagte Speedy. »Und nun möchtest du natürlich, dass er etwas für dich tut. Mach dir keine Sorgen. Komm herüber, Jack, hierher, wo dein Freund liegt.«
    Jack tat es. Richard schlief in dem schmelzenden Schnee. Der grauenhafte lose Hautfetzen war verschwunden, aber durch sein Haar zog sich ein langer, weißer Streifen – ein Streifen, auf dem nie wieder Haare wachsen würden. »Nimm seine Hand.«
    »Warum?«
    »Wir wollen flippen.«
    Jack warf Speedy einen fragenden Blick zu, aber Speedy äußerte sich nicht weiter. Er nickte nur, als wollte er sagen: Ja, du hast richtig gehört.
    Okay, dachte Jack. Ich habe ihm bis jetzt vertraut …
    Er langte hinunter und ergriff Richards Hand. Speedy umfasste seine andere Hand.
    Fast ohne es zu bemerken, wechselten sie über.
     
    2
     
    Es war, wie Jack vermutet hatte – die Gestalt lieben ihm auf dem schwarzen Sand, der überall die Spuren von Morgan von Orris’ Hinkefuß zeigte, machte einen gesunden und kräftigen Eindruck.
    Jack starrte ehrfürchtig – und etwas unbehaglich – auf den Fremden; er sah aus, als wäre er Speedy Parkers jüngerer Bruder.
    »Speedy – Mr. Parkus, meine ich – was ist …«
    »Ihr braucht Ruhe«, sagte Parkus. »Du ganz bestimmt, und der andere junge Mann hier sogar noch mehr. Er war dem Tode näher, als irgend jemand je wissen wird außer ihm selbst – und ich glaube nicht, dass er ein Mensch ist, der solche Dinge eingesteht – nicht einmal sich selbst gegenüber.«
    »Ja«, sagte Jack. »Das stimmt.«
    »Hier hat er mehr Ruhe«, erklärte Parkus und begann, mit Richard auf den Armen den Strand hinaufzuwandern, fort von der Burg. Jack taumelte hinter ihm her, so gut er konnte, blieb aber allmählich immer weiter zurück. Er war schnell außer Atem, seine Beine fühlten sich an, als wären sie aus Gummi. Sein Kopf schmerzte – die Nachwirkungen des Schocks hatten eingesetzt.
    »Warum – wo …« Mehr brachte er nicht heraus. Er presste den Talisman an sich; er war jetzt dunkel, seine Oberfläche rußig, undurchsichtig, uninteressant.
    »Nur noch ein Stückchen weiter«, sagte Parkus. »Du und dein Freund, ihr wollt doch nicht da schlafen, wo er war, oder?«
    Trotz seiner Erschöpfung schüttelte Jack den Kopf.
    Parkus warf einen Blick über die Schulter, dann sah er Jack betrübt an.
    »Da unten stinkt es nach seiner Bosheit«, sagte er, »und es stinkt nach deiner Welt, Jack.«
    »Ich finde, zwischen den beiden Gerüchen ist kein großer Unterschied.«
    Speedy ging weiter, Richard auf den Armen.
     
    3
     
    Vierzig Meter weiter den Strand hinauf blieb er stehen. Hier war der Sand nicht mehr schwarz – auch nicht weiß, eher mittelgrau. Parkus setzte Richard sanft ab. Jack ließ sich neben ihm nieder. Der Sand war warm – wohltuend warm. Hier war kein Schnee.
    Parkus setzte sich mit untergeschlagenen Beinen neben ihn.
    »Jetzt werdet ihr schlafen«, sagte er. »Vielleicht wacht ihr erst morgen wieder auf. Aber hier stört euch niemand. Sieh dich um.«
    Parkus deutete mit dem Arm in die Richtung, in der in der Region Point Venuti gelegen hatte. Als erstes sah er die schwarze Burg, deren eine Seite aufgerissen und eingestürzt war, als hätte darin eine gewaltige Explosion stattgefunden. Jetzt wirkte die Burg fast harmlos. Die

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