Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Talisman

Der Talisman

Titel: Der Talisman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King und Peter Straub
Vom Netzwerk:
elf Uhr am nächsten Vormittag. Donnerstagvormittag; er hatte seinen Lohn verlangt.
    »Was soll das bedeuten?« fragte er; er konnte es noch immer nicht glauben.
    »Du kannst lesen«, sagte Smokey, »und du kannst rechnen. Du bewegst dich zwar nicht so schnell, wie ich möchte, Jack jedenfalls noch nicht –, aber du bist helle genug.«
    Jetzt saß er da mit dem grünen Zettel in seiner Linken und dem Geld neben der anderen Hand. Dumpfer Zorn begann in seiner Stirn zu pulsieren wie eine Ader. RECHNUNG stand auf dem grünen Zettel.
    Solche Formulare hatte auch Mrs. Banberry im Golden Spoon benutzt. Darauf stand:
     
    1 Hamburger $ 1.35
    1 Hamburger $ 1.35
    1 gr. Milch ‚ 55
    1 Ingwerbier ‚ 55
    Steuer ‚30
     
    Darunter war die Summe $ 4.10 in großen Ziffern geschrieben und eingekreist. Mit seiner Schufterei von vier bis eins hatte Jack neun Dollar verdient. Smokey hatte fast die Hälfte davon einbehalten; was da neben seiner rechten Hand lag, waren vier Dollar und neunzig Cents.
    Er blickte auf, wütend – zuerst zu Lori, die verlegen den Blick abwandte, und dann zu Smokey, der seinen Blick einfach erwiderte.
    »Das ist Betrug«, sagte er leise.
    »Das stimmt nicht, Jack. Schau auf die Preistafel …«
    »Das meine ich nicht, das wissen Sie genau!«
    Lori wich ein wenig zurück, als erwartete sie, dass Smokey ihm eine Ohrfeige gab – aber Smokey sah Jack nur mit einer Art beängstigender Geduld an.
    »Schließlich habe ich dir dein Bett nicht in Rechnung gestellt, oder?«
    »Bett!« brüllte Jack; ihm war, als kochte das Blut in seinen Wangen. »Ein schönes Bett Aufgeschnittene Säcke auf einem Betonfußboden. Schönes Bett ! Versuchen Sie nur, das auch noch gegenzurechnen, Sie gemeiner Betrüger.«
    Lori gab einen verängstigten Laut von sich und warf einen Blick auf Smokey – aber Smokey saß Jack nur in der Nische gegenüber, und zwischen ihnen stieg der dichte Rauch seiner Zigarre auf. Eine frische Papiermütze saß schräg auf Smokeys schmalem Kopf.
    »Wir haben abgemacht, dass du da drinnen schläfst«, sagte Smokey. »Du hast gefragt, ob das im Lohn inbegriffen wäre, und ich sagte, das wäre es. Vom Essen war nicht die Rede. Wenn es zur Sprache gekommen wäre, hätte sich vielleicht etwas machen lassen. Vielleicht auch nicht. Tatsache ist aber, dass du es nicht zur Sprache gebracht hast, und nun musst du es akzeptieren.«
    Jack saß zitternd da, Wuttränen in den Augen. Er versuchte zu sprechen, aber es kam nichts heraus als ein leises, ersticktes Stöhnen. Er war buchstäblich zu wütend, um reden zu können.
    »Wenn du willst, können wir jetzt natürlich über einen Mitarbeiter-Rabatt auf dein Essen reden …«
    »Zum Teufel mit Ihnen!« stieß Jack schließlich heraus; er ergriff die vier Ein-Dollar-Noten und das bisschen Kleingeld. »Bringen Sie dem nächsten Jungen, der hier hereinkommt, bei, sich seiner Haut zu wehren. Ich gehe!«
    Er ging durch den Raum auf die Tür zu, und trotz seiner Wut wusste er – vermutete nicht nur, sondern wusste –, dass er nicht bis auf den Gehsteig kommen würde.
    »Jack.«
    Er berührte den Türknopf, dachte daran, ihn zu ergreifen und zu drehen – aber die Stimme war nicht zu überhören, und sie klang bedrohlich. Er ließ die Hand sinken und drehte sich um; seine Wut verflog. Er kam sich plötzlich geschrumpft und alt vor. Lori hatte sich hinter den Bartresen verzogen, wo sie fegte und vor sich hinsummte. Offenbar war sie zu der Überzeugung gelangt, dass Smokey nicht vorhatte, Jack mit den Fäusten zu bearbeiten, und da sonst nichts wirklich von Belang war, war alles in bester Ordnung.
    »Du wirst mich doch wohl nicht im Stich lassen, so kurz vor dem Wochenende.«
    »Ich will hier raus. Sie haben mich betrogen.«
    »Nein, mein Herr«, sagte Smokey. »Das habe ich dir eben erklärt. Wenn jemand einen Strich durch deine Rechnung gemacht hat, dann warst du es selber. Wir könnten jetzt über dein Essen reden – vielleicht fünfzig Prozent Rabatt auf die Mahlzeiten und Getränke sogar frei. So weit bin ich noch nie gegangen mit den Jungen, die ich von Zeit zu Zeit einstelle, aber dieses Wochenende steht uns einiges bevor, weil ein Haufen Wanderarbeiter zur Apfelernte in der Gegend ist. Und ich mag dich, Jack. Und deshalb habe ich dir keine runtergehauen, als du mich angeschrien hast, obwohl ich es vielleicht hätte tun sollen. Aber ich brauch dich übers Wochenende.«
    Jack spürte, wie seine Wut kurz zurückkehrte und dann wieder verflog.
    »Und was ist, wenn

Weitere Kostenlose Bücher