Der Tanz des Maori (epub)
Die wenigen Wohnungen, die es in Seddonville oder in Westport gab, standen ihr nicht zur Verfügung. Mir ging es übrigens nicht anders: Ich stellte mich inzwischen überall als Dienstmädchen vor, aber immer, wenn der Name Denson fiel, wollte niemand auch nur meine Referenzen sehen. Immer wieder hieà es: »Mit diesem Haus wollen wir nichts zu tun haben. Das musst du verstehen, aber wir glauben nicht, dass du die richtigen Werte bei den Densons gelernt haben kannst.« Und dann stand ich wieder auf der StraÃe und musste mir genauso wie Ava die Frage stellen, ob meine Zukunft vielleicht doch eher in Christchurch oder gar auf der Nordinsel lag.
Aber einen Unterschied gab es natürlich: Ich hatte Anaru. Er war längst wieder gesund und arbeitete jetzt in den Minen der Westport Coal Company. Er war begeistert von der Arbeit: Die Minen waren im Vergleich zu Matakite überaus sicher, und er musste selten mehr als zwölf Stunden arbeiten. Das Grubenunglück hatte aus ihm einen echten Mann gemacht. Als ich ihm von den Problemen mit meiner Stellungssuche erzählte, nahm er mich fest in den Arm und strich mir beruhigend über den Rücken, während er in meine Haare flüsterte: »Nicht mehr lange, und wir werden heiraten. Dann musst du dich nur noch um meinen Haushalt kümmern, und ich gehe in die Mine, um unser Geld zu verdienen. Klingt das nicht wunderbar?«
Ich war nicht ganz überzeugt. »Aber wir wollten doch ein wenig Geld sparen, bevor wir heiraten. Vielleicht ein eigenes Häuschen â¦Â«
Er schüttelte nur den Kopf, während er mich so fest hielt, als wollte er mich nie wieder loslassen. »Dann ändern wir unsere Pläne einfach. Was spricht dagegen, möglichst schnell zu heiraten? Wie du schon gesagt hast: Du findest hier in der Gegend doch sowieso keine Arbeit.«
»Aber was, wenn ich an die Ostküste gehe? Nur für ein einziges Jahr. Wir könnten uns besuchen und Briefe schreiben und wir hätten einen so viel besseren Start in unser gemeinsames Leben!« Ich sah den Zweifel in seinen Augen und redete weiter. »Es ist ja nicht so, dass ich dich nicht heiraten will. Aber wir sind doch noch so jung, und wir haben noch so viel Zeit miteinander â da macht ein Jahr doch fast nichts aus, oder?«
Anaru sah alles andere als überzeugt aus. »Versprich mir aber, dass du erst einmal weiter hier nach einer Anstellung suchst«, meinte er schlieÃlich. »Ich weià nicht, wie gut ich es aushalten kann, dich fast ein Jahr nicht zu sehen.« Er küsste mich noch einmal. »Und kein Brief der Welt kann das hier ersetzen!«
Ich erwiderte seine Küsse und musste ihm recht geben â¦
Einen Monat lang konnten Ava und Junior ihren Frieden genieÃen. An einem glutheiÃen Novembervormittag sollte sich das ändern â¦
Ava steckte gerade einen Kranz aus den blühenden Zweigen unseres Pohutukawa-Baumes und sang leise ein Lied vor sich hin. Wenn ich mich recht erinnere, war es irgendetwas vollkommen Unpassendes wie »Leise rieselt der Schnee«. Und das in einem Land, in dem es um diese Jahreszeit garantiert keinen Schnee gab â¦
Junior krabbelte zu ihren FüÃen durch den Garten und deutete auf alles und jedes mit einem entschiedenen »Mein!«. Ava sah ihm belustigt hinterher und murmelte immer wieder: »Junior, du hast wirklich keine Ahnung. Es ist nicht einmal meins. Es gehört Mr. Cavanagh, auch wenn der Name ein bisschen schwierig auszusprechen ist.«
Ich erinnere mich wie heute: Sie trug einen breitkrempigen Strohhut und ein einfaches, dünnes Baumwollkleid in einem leuchtenden Blau. Zum ersten Mal seit Monaten sah sie wieder so jung aus, wie sie wirklich war. Ein Geräusch an unserem Gartentor lieà uns zusammenzucken: Ein Mann öffnete es und kam so selbstverständlich auf uns zu, als ob ihm das Grundstück gehören würde. Angus MacLagan.
Ava erkannte ihn, und ihr Gesicht wurde von einer Sekunde auf die andere wieder ernst. Sie zog streng ihre Augenbrauen zusammen, als Angus uns betont fröhlich begrüÃte.
»Na, meine Schönen! Schon in Weihnachtsstimmung?«
»Zumindest bis zu dem Augenblick, an dem Sie hier ohne eine Einladung hereinplatzten.« Avas Stimme war so unterkühlt, dass ich fast meinte, eine Atemwolke vor ihrem Gesicht zu sehen.
Er strahlte sie an. »Aber ich brauche doch gar keine Einladung! Ich kann hierherkommen, wann immer ich
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