Der Tanz des Maori (epub)
viel zu gefährlich ist. Oder die Bergungsarbeiten für die Toten. Hast du eine Ahnung, wie teuer das war? AuÃerdem waren die Schiffe, die die Kohle nach Europa bringen sollten, schon gemietet. Allerdings gab es dann keine Kohle mehr, es wurden also Ausfallhonorare fällig. Die Reihe ist endlos ⦠Stell dir vor, ich muss sogar die Stützbalken zahlen, die John bestellt hat. Als ob Angus die jemals in der Mine verbaut hätte.«
Ich setzte mich zu ihr an den Küchentisch. »Was haben Sie jetzt vor?«
Ava zuckte mit den Achseln. »Mein Geld reicht nicht, um auch nur irgendetwas zu machen. Ich kann weder mit noch ohne Junior nach Deutschland reisen. Es reicht nicht einmal für eine Fahrt an die Ostküste. Wenn ich alles bezahlt habe, dann bin ich verschuldet für den Rest meines Lebens. Das setzt voraus, dass mir jemand das Geld leihen würde â¦Â« Sie seufzte. »Ich sehe keinen Ausweg mehr. Niemand will mir Arbeit oder eine Wohnung geben. Wenn ich nicht hungern will, bin ich auf die Gaben deiner Mutter angewiesen â und ihr habt auch schon genug Probleme ohne eine Ava Denson mit ihrem hungernden Sohn. Das ist auch keine Lösung auf die Dauer. Ich war inzwischen sogar beim Pfarrer: Der will eine âºFrau mit meinem Rufâ¹ auch nicht anstellen, egal, ob es bedeutet, dass ich auf der StraÃe lebe oder meinen Sohn verkaufen muss.«
Sie sah den kleinen Junior an, der sich wieder seinen Töpfen zugewandt hatte und sie mit einem kräftigen »Bumm! Bumm!« aneinanderschlug. Er wirkte völlig unbeschwert. Wieder lief eine Träne über Avas Wange. »Was, wenn Angusâ Angebot das Beste ist, was ich Junior nur wünschen kann? Angus hat genug Geld, er hat sich immer einen Sohn gewünscht, er wird Junior also adoptieren, und ihm wird es gut bei Angus ergehen.« Sie sah mich unsicher an. »Oder was meinst du?«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass es gut ist, ein Kind von seiner Mutter zu trennen, egal aus welchem Grund«, erwiderte ich. »Junior wird Sie vermissen, egal wie gut Angus und Miriam ihn behandeln. Sicher, Miriam wird wahrscheinlich mit der Verantwortung für Junior wieder genesen. Sie kann dann nicht mehr den ganzen Tag über das nachgrübeln, was sie verloren hat. Sie muss sich um das kümmern, was ihr in den Schoà gefallen ist. Das könnte das einzige Gute an diesem Handel sein. Aber ich finde ihn falsch. Oh, so falsch.«
Ava strich Junior nachdenklich über das feine Haar. »Als seine Mutter muss ich doch das Beste für ihn wollen, oder? Was, wenn ich nicht das Beste bin? Was, wenn Angus die viel bessere Wahl ist? Junior würde gute Schulen besuchen, irgendwann viel Geld erben â Angus wird nie so unter die Räder geraten, wie es mir passiert ist. Wahrscheinlich werden Miriam und Angus auch keine Kinder mehr bekommen, Junior bleibt also der einzige Erbe. Das sind doch alles gute Gründe, ihn hierzulassen, oder?«
Ich schüttelte noch einmal mit Nachdruck den Kopf. »Ich bleibe dabei: Eine Trennung ist eine ganz besonders schlechte Idee. Sie müssen doch auch an John denken! Sein Sohn ist das Einzige, was Ihnen von ihm geblieben ist. Das können Sie doch nicht einfach weggeben. Stellen Sie sich doch vor, was passiert, wenn Sie jetzt zurück nach Deutschland fahren: Sie sind dann genau an dem Punkt, an dem Sie vor acht Jahren gewesen sind. Kein Mann, kein Kind, kein Geld. Alles, was sich verändert hat, ist dann Ihr Alter. Das waren doch die vielen Mühen nicht wert!«
Ava sah in ihre Teetasse, als ob sie auf dem Grund eine Antwort auf ihre Fragen finden würde. »Ich darf aber nicht nur an mich und meine Sehnsucht nach John denken â¦Â«, beharrte sie noch einmal.
Sie erhob sich und strich ihr Kleid mit einer Handbewegung glatt. Erst jetzt fiel mir auf, dass es immer noch dasselbe dünne Sommerkleid war, das sie schon gestern Nachmittag getragen hatte. Offensichtlich war sie am Abend nicht ins Bett gekommen. »Ich mache einen Besuch bei Miriam. Der ist schon lange überfällig, ich hätte nicht immer nur dich zu ihr schicken sollen. Und wenn Angus schon unangekündigt bei uns hereinplatzt, dann müssen wir wohl auch nicht auf irgendeine Etikette achten, wenn es um sein Haus geht.«
»Ich begleite Sie«, erklärte ich. Immerhin gab es durchaus die Chance, dass ich schon sehr bald bei den MacLagans arbeiten würde, ich sollte mich also
Weitere Kostenlose Bücher