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Der Tanz des Maori (epub)

Titel: Der Tanz des Maori (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Tag bemühte sie sich weiter darum, ihre Habseligkeiten zu verkaufen. Immerhin gelang es ihr, den Ford an einen Mann in der Nähe von Westport loszuwerden. Stolz zeigte sie mir die Scheine. »Das rettet mich bis in den Winter!«, erklärte sie.
    Auf dem Markt drehten ihr die Händler weiterhin den Rücken zu, verkauften ihr schimmlige und faule Ware wie in meinen ersten Monaten. Wenn sie es wagte, zu protestieren, dann zuckten die Händler nur mit den Schultern: »Entweder Sie kaufen das hier, oder Sie bekommen nichts!« So kam sie immer häufiger mit übel riechendem Fleisch heim, schnitt vom Gemüse die fauligen Stücke ab. Vorbei die Zeiten, in denen sie jedem, der es auch nur wagte, ihr schlechte Ware anzubieten, fast mit dem Gefängnis drohte.
    Als ich an einem Montag meine Mutter besuchte, drückte sie mir zum Abschied einen Topf in die Hand, den sie fest in ein Tuch gewickelt hatte. »Gib das deiner Ava«, meinte meine Mutter dazu. »Sie war immer gut zu dir, und sie hat uns Maoris nie schlecht behandelt. Dafür sollten wir ein bisschen Dankbarkeit zeigen!«
    Ich machte den Eintopf meiner Mutter am Abend warm und servierte ihn Ava und Junior. Sie sah den gefüllten Teller kopfschüttelnd an. »Woher kommt dieses Wunder, Ruiha?«
    Ich lächelte sie an. »Von meiner Mutter! Ich soll sagen, dass Sie immer gut zu mir gewesen sind – wir vergessen niemanden, der uns gut behandelt hat.«
    Â»Sag deiner Mutter vielen Dank. Aber es wäre nicht nötig gewesen, ich komme schon zurecht.« Eine Sekunde lang blitzte der Stolz der alten Ava wieder auf. Aber ich wusste es besser: Sie kam nicht zurecht. Bis jetzt war alles genauso verlaufen, wie Angus es in seiner Bösartigkeit vorhergesagt hatte: Sie heizte nicht mehr. Niemand wollte ihre Wertsachen – oder ihre Arbeitskraft.
    Müde meinte sie am Ende eines Tages: »In einem einzigen Punkt hat Angus Unrecht: Wahrscheinlich würde mich nicht einmal Betty anstellen. Ich würde ihre Kunden eher vertreiben als anziehen …«
    Junior merkte von all dem nichts. Er spielte gerne alleine, tobte mit seinen fünfzehn Monaten im Garten umher, als es allmählich immer kühler wurde. Ava gab ihm alles, was sie zu essen auftreiben konnte. So gedieh er prächtig, sie hielt alle ihre Sorgen von ihm fern.
    Der Winter schien sich für den verregneten Sommer entschuldigen zu wollen: Es war mild, die lange andauernden Regenfälle blieben diesmal aus – und schon im September konnten wir uns über die ersten wärmeren Tage des Frühlings freuen.

20.
    Ich besuchte Miriam weiterhin fast jeden Tag in ihrem trostlosen Haus. Ihr ging es unterschiedlich gut. Mal war sie fast so guter Stimmung wie vor ihrer Ehe, machte Pläne und erzählte fröhliche Geschichten aus ihrem Elternhaus. Dann gab es wieder Tage, an denen sie überhaupt nicht ansprechbar war und nur teilnahmslos aus dem Fenster starrte. Aber mit den längeren Abenden des Frühlings schienen auch ihre Lebensgeister wieder zurückzukehren. Sie wusch sich wieder selber, achtete auf ihr Aussehen und legte sogar ein kleines Grab an dem Platz an, an dem Angus ihre Tochter verscharrt hatte. Angus sah ich in all diesen Wochen kein einziges Mal. Es sah so aus, als ob er Seddonville erst einmal verlassen hatte.
    An einem lauen Frühlingstag machten wir es uns in einem sonnigen Eck des Gartens gemütlich. Marama hatte Limonade zubereitet, Miriam überlegte, was sie in Zukunft machen wollte. Ganz allmählich wurde ihr klar, dass sie unmöglich bei ihrem Mann bleiben konnte. Aber welche Wege standen ihr dann noch offen? Alles war friedlich – bis plötzlich zum ersten Mal seit Wochen Angus durch die Tür kam. Er sah finster drein und verschwand ohne ein Wort des Grußes im Haus. Kurz darauf kam er in den Garten gestürmt und baute sich vor uns auf. »Habt ihr nichts Besseres zu tun, als in der Sonne zu sitzen?«
    Miriam zuckte bei diesen Worten zusammen und fing an, ihren leichten Schal, den sie sich um die Schultern gelegt hatte, zu befingern. Immer wieder wickelte sie eines der leuchtend blauen Fädchen um ihren Daumen und riss es ab. Ich schüttelte möglichst gelassen den Kopf. »Nein. Was könnte es denn Besseres geben?«
    Â»Ich rede nicht mit dir«, wehrte Angus ab. »Ich rede mit meiner nichtsnutzigen Frau. Sie könnte sich darum kümmern, dass der Haushalt funktioniert, dass in

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