Der Tanz des Maori (epub)
ich hatte wenig Grund, an seinen Sätzen zu zweifeln â, dann würde mit dem Jahreswechsel alles anders werden.
Ava sah ihn schweigend an. In ihren Augen funkelte der reine Hass.
Angus erwiderte ihren Blick mit einem zufriedenen Ausdruck. Er hatte offensichtlich genau das erreicht, was er wollte. Ava am Boden, sprachlos, endlich unterlegen. Er hob eine Augenbraue. »Du hast ja noch ein paar Tage, bis ich das Haus räume. Du kannst dir gerne überlegen, ob du auf meine Angebote eingehen willst. Ich bin für dich Tag und Nacht zu sprechen.« Er drehte sich halb zu mir um. »Für dich natürlich auch, liebe Ruiha.«
Ausgerechnet in diesem Moment rannte Junior auf ihn zu. Er trug einen Weidenkorb in seinen Händen, in den er ein paar Blüten gelegt hatte. Stolz strahlte er den Fremden an. »Mein!«, krähte er fröhlich. »Mein! Mein! Mein!«
Angus sah ihn ernst an und schüttelte den Kopf. »Falsch, mein Sohn. Ganz falsch. Das ist alles meins.«
Junior sah ihn überrascht an, während sich sein Mund allmählich zum Heulen verzog. Er stampfte noch einmal mit seinem Fuà auf. »Mein!«
Angus bückte sich, wand den Korb aus Juniors kleinen Händen, tippte noch einmal an seinen Hut und drehte sich zum Gehen. Juniors Geschrei verfolgte ihn. »Mein!«
Ava kniete sich vor ihrem Sohn nieder und nahm sein tränenüberströmtes Gesicht in ihre Hände. »Der Mann hat recht, der Korb gehört ihm ⦠Wir suchen etwas anderes, mit dem du spielen kannst.«
Ich sah, wie eine Träne über ihre Wange lief. Sie wusste, dass sie nichts anderes hatte.
An diesem Abend verschwand sie in Johns Arbeitszimmer, um noch einmal alle Verträge durchzusehen. Als ich weit nach Mitternacht ins Bett ging, war sie immer noch bei der Arbeit. Ich zog mich aus und legte mich in mein mir so vertrautes Bett unter der Dachschräge. Was sollte ich nur tun? An der Ostküste mein Glück versuchen â oder doch lieber bei Angus MacLagan und Miriam arbeiten? Ich könnte natürlich auch Anarus Antrag annehmen und ziemlich bald heiraten. Aber egal, wie ich es auch drehte und wendete: Ich wollte nicht weg von hier, und ich wollte noch ein bisschen Geld sparen, bevor ich Anaru mein Jawort gab. Dann blieb nur das Haus der MacLagans, auch wenn ich vor allem beim Gedanken an Angus ein ungutes Gefühl nicht abschütteln konnte. Ãber all diesen Gedanken muss ich wohl eingeschlafen sein, denn ich erwachte erst, als die Morgensonne durch das Dachfenster auf mein Gesicht fiel. Ich erhob mich wie jeden Morgen und bürstete mir leise summend mein Haar. Erst nach ein paar Minuten fiel mir wieder ein, was am Vortag im Garten vorgefallen war. Mein Arm sank schwer wie Blei nach unten. Schnell schlüpfte ich in mein Kleid und rannte die Treppen hinunter. In der Küche fand ich Ava, die mit beiden Händen eine Tasse Tee umklammerte und Junior zusah, der sich auf dem Boden mit ein paar Töpfen vergnügte. Er sah mich als Erster, lieà seine Töpfe fallen und lief auf mich zu. »Allo!«, krähte er dabei begeistert. Gerührt nahm ich den fröhlichen Wicht in die Arme und nickte gleichzeitig Ava zu.
Sie sah verheerend aus. Ãber Nacht schienen ihre Haare jeden Glanz verloren zu haben, ihre Augen sahen so grau wie stumpfe Steine aus. Mit einem Mal bemerkte ich auch die feinen Fältchen um ihre Augen. Vorsichtig fragte ich: »Und, wie sieht es aus? Was haben Sie in seinem Arbeitszimmer gefunden?«
Sie sah mich aus unendlich müden Augen an. »Ich habe genau das gefunden, was Angus mir vorhergesagt hat. Einen Vertrag, bei dem John verspricht, im Fall eines Grubenunglücks für alle Kosten aufzukommen. Ich habe wirklich keine Ahnung, wie John so dumm sein konnte, so etwas zu unterschreiben. Aber leider ⦠ich habe keinen Fehler an diesem Papier gefunden. Es ist von beiden unterzeichnet, von einem Notar beglaubigt. Das Geld wird zum Jahreswechsel fällig. Ein Jahr nach dem Grubenunglück, so steht es in dem Vertrag.«
»Was für Kosten werden denn fällig? Ich meine â Matakite verursacht doch augenblicklich keine Kosten. Niemand arbeitet da oben, kein einziger Arbeiter erhält Lohn von euch.«
Sie lächelte müde. »Das habe ich auch gedacht. Dann habe ich gesehen, was die Rettungsmannschaft von der Coal Company verlangt hat â alleine dafür, dass sie gekommen sind und gesagt haben, dass es
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