Der Tanz des Maori (epub)
alten Hillman, der sich knatternd in Bewegung setzte.
»Was ist los?«, fragte Sina sofort. »Du gehst zu einer Besprechung mit deinem GroÃvater, und nur eine halbe Stunde später tauchst du wieder auf und siehst aus wie ein Gespenst! Erzähl mir nicht, er hat nur ein bisschen über Seefahrt geplaudert, darauf ist ja nicht einmal deine Mutter hereingefallen!«
Brandon schüttelte den Kopf. »Grandpa ist völlig durchgedreht. Er hat von mir verlangt, dass ich dich verlassen soll.«
»Was?«, Sina schrie fast. »Was habe ich dem alten Mann denn getan, dass er mich so wenig leiden kann?«
»Er hat es mir nicht gesagt. Aber er ist sich sicher, dass du mich in mein Unglück stürzen wirst. Wenn nicht sofort, dann langfristig.« Brandon schluckte. Das Gespräch kam ihm schon jetzt unwirklich vor. »Ich habe mich geweigert. Dann hat er mir angedroht, dass er alle meine Konten sperren lässt.«
»Und was bedeutet das?« Sina sah ihn fassungslos an.
»Dass ich kein Kapitän werden kann. Die Ausbildung ist sehr teuer, mein GroÃvater hat sie finanziert. Er treibt es aber noch weiter: Er schwört, dass ich auch keine Anstellung finde, wenn ich jetzt auf eigene Faust weitermache.«
Sina biss sich auf die Unterlippe. Was hatte sie diesem alten Mann nur angetan? Sie erinnerte sich an seine Fragen nach einer neuseeländischen Vergangenheit. Mit wem verwechselte er sie? Wem sah sie so ähnlich, den er so fürchtete?
»Was machen wir jetzt? Was machst du?« Sie fürchtete die Antwort. In den letzten Tagen hatte sie sich das erste Mal in ihrem Leben rundum glücklich gefühlt. Mit Brandon fühlte sich alles gut und richtig an. Für ihn würde sie auch nach Neuseeland ziehen, mit ihm konnte sie sich sogar so etwas wie eine Familie vorstellen. Es konnte doch nicht sein, dass ein alter Mann jetzt einfach ihr Glück zerstörte?
»Ich muss mich von dir trennen. Zumindest muss es für meinen Grandpa so aussehen«, erklärte Brandon. »In Wirklichkeit bleiben wir natürlich zusammen, ich möchte dich nicht verlieren. Aber wir dürfen nicht mehr zusammen bei Festen auftauchen, uns nur noch heimlich treffen. Hakopa wird uns sicher helfen â und bei ihm wird mein GroÃvater nicht nachforschen. Die Höhle â¦Â«
Sina schüttelte den Kopf. »Wie lange willst du so leben? Das ist doch Wahnsinn! Wenn wir Pech haben, dann wird dein GroÃvater hundert Jahre alt, und wir leben immer noch versteckt von allen deinen Freunden.« Während sie über den Pass fuhren, dachte sie nach. »Ich glaube, wir müssen herausfinden, was er gegen mich hat. Nur so können wir ihn davon überzeugen, dass ich nicht das personifizierte Böse bin â auch wenn er mich so sehen will.«
Brandon fuhr mit dem Auto an den rechten StraÃenrand, hielt an und nahm Sinas Gesicht in seine Hände. »Aber bis wir das herausgefunden haben â versprichst du mir, dass du bei mir bleibst? Ich könnte ohne dich nicht leben.«
Sina beugte sich vor und streichelte über sein Gesicht. Sie spürte eine Träne und merkte nicht, dass auch ihr Tränen über das Gesicht liefen. »Ich will dich nicht verlieren«, flüsterte sie. »Wir treffen uns. Heimlich. Versprochen.«
7.
Katharina fuhr sich durch die Haare. »Keine Erklärung? Ich meine, nicht einmal eine Andeutung? Ist in Brandons Familie der Irrsinn verbreitet?«
Sina schüttelte den Kopf. »Nein. Glaube mir, wir haben uns den Kopf zerbrochen, warum der alte Cavanagh mich unbedingt aus seinem Nest schubsen will. Bis jetzt waren ihm die Freundinnen von Brandon immer ziemlich egal.«
»Trotzdem, so etwas passiert nicht ohne Grund. Erzähle mir noch einmal genau, was er zu dir gesagt hat.« Katharina griff nach einem Notizzettel. »Ich notiere mir, was mir auffällt â und vielleicht finden wir dann zusammen eine Lösung. Oder wenigstens die Andeutung einer Lösung.«
Sina nickte und fing an zu reden. Ihr kam es vor, als ob sie die Gespräche dieses Nachmittags im Garten der Cavanaghs zum hundertsten Mal erzählte. Als sie fertig war, breitete sich erst einmal Schweigen auf der kleinen Terrasse vor ihrer Hütte in Port Levy aus. Nachdenklich sah Katharina auf ihren Zettel. Sie runzelte die Stirn, während sie zögerlich anfing zu sprechen.
»Sag mal, klingt das nicht ein bisschen wie diese verrückte Alte?
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