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Der Tanz des Maori (epub)

Titel: Der Tanz des Maori (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Schließlich brauchte das Schiff drei bis vier Monate für die Überfahrt. Und dann sollte Ava mit einem befreundeten Kaufmann an die Westküste fahren. Der fuhr aber nur alle paar Wochen von Christchurch nach Seddonville – eben dann, wenn seine Geschäfte diese Reise erforderlich machten.
    Und so hielt an einem unglaublich heißen Tag im Hochsommer völlig unerwartet vor unserem Haus eine Kutsche. Denson war nicht da, er war bei der Westport Coal Company als Geschäftsführer angestellt und an diesem Tag wie an allen anderen natürlich in der Firma. Als es klopfte, rannte ich zur Tür und riss sie auf – und vor mir stand Ava.
    Das blonde Haar klebte ihr im verschwitzten Gesicht, sie trug ein viel zu dickes Wollkleid, das für unseren Sommer wirklich völlig ungeeignet war. Sie sah mich von oben bis unten an – und ich weiß bis heute nicht, was sie wirklich dachte. Vor ihr stand schließlich eine dunkelhäutige Eingeborene mit einem leichten blauen Kleid. Noch dazu war ich barfuß. Wenn Denson nicht im Haus war, zog ich immer die Schuhe aus, die Dinger drückten schließlich ganz schrecklich. Für Ava muss ich wie eine Vogelscheuche ausgesehen haben. Sie hatte ihr Haar aufgesteckt, ihre Hände sahen gepflegt aus, und ihre Schuhe waren sauber. Und das nach fast vier Monaten Reise! Ich sah schon nach einem Ausflug in mein Heimatdorf immer aus, als ob ich im Wald übernachtet hätte. Auf jeden Fall schaffte Ava es, mich freundlich anzulächeln und im feinsten Englisch zu fragen: »Können Sie mir bitte sagen, ob ich hier Mr. Denson finde? Sagen Sie ihm bitte, dass seine Verlobte angekommen ist.«
    Vor lauter Verlegenheit machte ich gleichzeitig einen Knicks und streckte meine Hand aus. »Ich bin Ruiha, die Haushälterin. Master John hat mich eingestellt, damit ich Ihnen ein bisschen helfen kann.«
    Sie sah mich ernst an, während ihr ein weiterer Schweißtropfen die Schläfe herunterlief. »Das freut mich sehr, Ruiha. Und wo steckt Mr. Denson jetzt?«
    Â»Er ist bei der Mine«, erklärte ich. »Leider wird er erst heute Abend heimkommen. Aber vielleicht kann ich Ihnen helfen, sich ein wenig frisch zu machen?«
    Zum ersten Mal zeigte sich, wie erschöpft Ava eigentlich war. Sie seufzte und deutete auf die Kutsche. »Das wäre sehr freundlich von dir. Könntest du vielleicht noch meine Tasche holen? Vielleicht findet sich ja ein frisches Kleid in meinem Gepäck.«
    Ich rannte, so schnell ich konnte, zu der Kutsche und trug eine Tasche ins Haus. Keine sehr große Tasche übrigens – und das war alles, mit dem Ava schon so lange unterwegs war.
    Â»Kommen Sie«, meinte ich mit einem weiteren Knicks, für den ich seit Wochen heimlich vor dem Spiegel geübt hatte. »Wenn Sie es wünschen, dann kann ich ein Bad für Sie machen!«
    Â»Das wäre einfach wunderbar …«
    Natürlich dauerte es damals ziemlich lange, bis ich die kupferne Badewanne mit warmem Wasser gefüllt hatte. Aber eine Stunde später konnte ich Ava dabei behilflich sein, sich aus ihrem schweren Wollkleid herauszuschälen. Zu meinem Entsetzen hatte sie auch noch einen Unterrock an – dazu Strümpfe und Schnürstiefel. Als sie die endlich ausgezogen hatte, spielte sie versuchsweise mit den Zehen und murmelte so etwas wie: »Egal, wie er ist. Hier gehe ich erst einmal nicht mehr weg.«
    Ich war mir allerdings nicht ganz sicher, ob ich das richtig gehört hatte.
    Mit meiner Hilfe kletterte sie in die Wanne. Während ich ihr die Haare wusch, wagte ich, ein paar Fragen zu stellen.
    Â»Sie haben Master John noch nie gesehen?«
    Ava schüttelte das goldblonde Haar. »Nein.«
    Ich war überrascht. »Woher wissen Sie dann, dass Sie ihn heiraten wollen?« Meine Umgangsformen waren damals noch unglaublich schlecht, ich hatte keine Ahnung, dass sich so eine Frage wirklich nicht schickte. Aber Ava ließ sich nichts anmerken.
    Â»Er hat mich gefragt«, antwortete sie schlicht. »Er hat vor fast zwei Jahren eine Anzeige aufgegeben, in der er nach einer Frau suchte, die bereit wäre, mit ihm am anderen Ende der Welt zu leben. Ich habe ihm einen Brief geschrieben, er hat geantwortet – und mit seinem zweiten Brief hat er mir einen Heiratsantrag gemacht.«
    Jetzt war ich wirklich vollkommen überrascht. Die Pakehas heirateten, wenn sie nur ein paar Briefe ausgetauscht hatten?
    Â»Hat denn

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