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Der Tanz des Maori (epub)

Titel: Der Tanz des Maori (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Fleischer?«
    Master John tauchte in der Tür auf. Neugierig sah er Ava an, die seinem Blick mit Ruhe und Gelassenheit begegnete. Bis heute erinnere ich mich an diesen Moment. Sie sahen sich an, und ihre Seelen erkannten sich. Für eine kleine Ewigkeit fiel kein Wort.
    Dann nickte Ava. »Ich nehme an, Sie sind John Denson?«
    Denson streckte seine kräftige Hand nach ihrer aus und hielt sie so fest, als wollte er sie nie wieder hergeben. »Da haben Sie recht. Und Sie sind Ava? Die ganze Stadt redet schon über Sie.«
    Endlich löste er sich von ihr, hob neugierig den Topfdeckel an und schnupperte. »Angeblich hat sie Smithson einfach das beste Stück Lamm weggenommen und ein Stück alten Hammel auf dem Verkaufstisch liegen lassen – das hat mir mein Vorarbeiter erzählt! Wenn mich der Geruch nicht täuscht, dann stimmt zumindest der Teil mit dem feinsten Stück Lamm.«
    Ava zuckte mit den Achseln. »Das Stück Fleisch, das Smithson Ruiha mitgegeben hat, war schon fast verrottet. Mit so einem Mahl wollte ich mich hier im Hause nicht einführen!«
    Denson lächelte sie an. »Liebste Ava, du hättest dich mit fast jedem Mahl hier gut eingeführt«, meinte er trocken. »Es wäre dir schwergefallen, noch schlechter als Ruiha zu kochen. Aber ich bin mir sicher, du wirst ihr schnell diese Kunst beibringen. Und Smithson wird es nie wieder wagen, ihr ein schlechtes Stück Fleisch zu verkaufen …«
    Wieder nahm er ihre Hand und sah sie mit einem Blick an, als ob ihm plötzlich ein Schatz in den Schoß gefallen sei. »Aber jetzt sollten wir in den Salon gehen und uns vielleicht bei einem Glas Wein unterhalten, bis das Abendessen fertig ist. Die Küche ist schwerlich ein angemessener Ort, um sich kennenzulernen.«
    Ava sah mich fragend an. »Kommst du alleine zurecht?«
    Ich nickte. »Ich serviere das Abendessen dann in einer halben Stunde.« Etwas leiser fügte ich hinzu: »Wenn ich noch eine Frage habe, darf ich dann noch einmal zu Ihnen kommen?«
    Ava nickte, und damit verschwanden die beiden in den Salon. Ich werde nie erfahren, wie ihr erstes Gespräch verlaufen ist – aber als ich sie nur eine halbe Stunde später wieder sah, wirkten sie auf mich wie ein Ehepaar, das sich schon länger kennt. Offenbar planten sie, ihre Verlobungszeit so kurz wie möglich zu halten.
    In den nächsten Tagen lernte Ava Seddonville kennen. Der Ort war damals noch übersichtlicher, als er heute ist – und das will einiges heißen! Eine Hauptstraße, ein paar Geschäfte, Bars von mehr oder weniger zweifelhaftem Ruf und etwas verstreut die Farmen und Häuser derjenigen, die in den Minen arbeiteten. In dem Ort herrschte ein rauer Ton, Frauen waren Mangelware und die Männer viel zu oft nur unter sich. Trotzdem gelang Ava es innerhalb kürzester Zeit, sich Respekt zu verschaffen. Ob beim Schneider, bei dem sie ein Hochzeitskleid mit den Worten bestellte: »Ich brauche kein schickes Kleid, das ich nach diesem Tag nicht mehr brauchen kann. Schneidern Sie mir einfach ein vernünftiges Kleid, zu dem ein hübscher Kragen und ein Hut passen!«, oder bei Pfarrer Rose, den sie ermahnte, keine allzu lange Predigt zu halten. »Ich möchte nicht, dass sich bei meiner Hochzeit jemand langweilt!«
    Energisch lud sie am Sonntag die wichtigen Männer des Ortes zum Essen ein. Wenn Denson protestierte, dann erklärte sie ihm in sehr bestimmtem Ton: »Wir wollen künftig in diesem Ort leben und auch mitbestimmen, wie er sich entwickelt. Da sollten wir so schnell wie möglich sehen, wer hier an den Hebeln sitzt.«
    Denson wehrte sich nicht lange. Im Gegenteil: Ich hatte das Gefühl, dass er seine Verlobte gerade wegen ihrer Energie so sehr schätzte.
    Ganz besonders erinnere ich mich aber an eine dieser Sonntagseinladungen. Ava hatte Pfarrer Rose eingeladen, dazu einen Mann aus dem Gemeinderat und seine Frau. Wir planten das Essen. Ich erinnere mich, als ob es erst gestern war: Es sollte eine Suppe mit Krebsen und dann Geflügel geben.
    Da stieß vor einem Laden ein junger Mann mit Ava zusammen. Damals dachte ich mir noch nichts dabei. Er entschuldigte sich wortreich, bezeichnete sich als Tollpatsch – und wies doch gleichzeitig darauf hin, dass er sich glücklich schätzte, endlich die Verlobte von John Denson kennenzulernen. Ava nahm an, dass er mit Denson gut bekannt sein musste, und lud ihn spontan

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