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Der Tanz des Maori (epub)

Titel: Der Tanz des Maori (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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komme ich mit deinem Herd besser zurecht – auch wenn ich in Hamburg keine Erfahrung mit modernen Küchen sammeln durfte.«
    Minuten später zeigte ich ihr mein nicht mehr ganz frisches Stück Lammfleisch und die welken Rüben, die ich dazu gekauft hatte. Ava runzelte bei dem Anblick die Brauen. »Das ist ja fast schlimmer als auf dem Schiff«, murmelte sie. »Wer hat dir denn das aufgeschwatzt?«
    Â»Auf dem Markt hieß es, das sei ganz frisch«, versuchte ich mich zu verteidigen.
    Â»Wann war das?«, fragte Ava mit resoluter Stimme nach. Es sollte nicht allzu viel Zeit vergehen, bis ich diesen Ton kannte und wusste, dass man sich jetzt besser in Acht nehmen musste. »Vor einer Woche?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Heute Vormittag. Ich gehe jeden Tag einkaufen. Ich habe gehofft, dass ich so vielleicht ein bisschen frischere Sachen bekommen würde.«
    Â»Ist der Markt noch offen?« Sie war schon Richtung Ausgang unterwegs.
    Ich stolperte hinterher. »Sicher. Aber wir können doch da nicht einfach …«
    Â»Doch. Können wir. Wenn sie es wagen, einem jungen Mädchen so schlechtes Fleisch zu verkaufen, bloß weil es noch keine Erfahrung hat, dann bin ich sogar verpflichtet, ihnen einen Besuch abzustatten …« Damit öffnete sie die Tür und sah mich mit einem aufmunternden Nicken an. »Du musst mir nur zeigen, welcher Metzger dir dieses alte Stück Fleisch verkauft hat!«
    Minuten später waren wir wieder auf dem kleinen Markt von Seddonville, der hier zweimal die Woche stattfand. Ich deutete unauffällig auf den Stand des Fleischers. Als Ava sich vor ihm aufbaute, erlebte ich das erste Mal ihr Temperament, für das sie später berühmt wurde.
    Â»Darf ich mich vorstellen? Ich bin die zukünftige Miss Denson. Und …«, sie deutete auf mich, »das hier ist mein Hausmädchen Ruiha. Es mag sein, dass mein zukünftiger Gatte Ihr stinkendes Fleisch erduldet hat, weil er keine Zeit hatte, sich darum zu kümmern. Und dieses Kind hat nicht gewagt, Ihnen zu widersprechen. Aber jetzt bin ich da.« Sie klatschte ihm das übelriechende Stück Fleisch auf den Verkaufstisch. »Das hier hat Ruiha heute Morgen gekauft. Ich bin nicht willens, es zu essen. Das wären Sie wohl auch nicht, oder?«
    Der Fleischer musterte sie mit überraschtem Gesicht. Ava war ziemlich hoch gewachsen, die weiße Bluse und die strenge Frisur ließen sie wie eine englische Lehrerin aussehen. Offensichtlich beschloss er in dieser Sekunde, dass er sich mit der zukünftigen Miss Denson gutstellen musste. Er zauberte ein zahnlückiges Lächeln in sein Gesicht.
    Â»Ich wusste doch nicht, dass dieses Mädchen für den Haushalt von Mr. Denson einkauft«, erklärte er. »Sonst hätte ich ihr ein viel besseres Stück gegeben! Das alte Stück Fleisch da ist gerade eben noch recht für diese Hangis der Eingeborenen, da wäre es doch schade, wenn man ihnen ein frisches Stück gibt. Sie verbuddeln es ohnehin nur in der Erde.«
    Ava wurde noch ein wenig wütender. »Ich kann es nicht leiden, wenn man meine Angestellten als Eingeborene beleidigt. Gehen Sie künftig respektvoll mit Ruiha um, und wir werden keine Probleme bekommen.«
    Damit schnappte sie sich ein frisches Stück Fleisch, nickte dem Fleischer noch einmal knapp zu und ging mit mir zusammen zurück zum Haus. Dabei lachte sie, als ob ihr ein besonders guter Streich gelungen wäre. Heute weiß ich, dass Ava damals erst neunzehn Jahre alt war. Sie war ein sorgloses, mutiges Mädchen, das vor nichts und niemandem Angst hatte.
    In der Küche zeigte sie mir, wie man aus dem feinen Stück Fleisch einen zarten Braten machte, und bereitete selber einen köstlichen Auflauf aus Süßkartoffeln und Rüben. »Das hat mir meine Mutter beigebracht«, erklärte sie, während sie mit geübter Hand eine Soße zubereitete. »Sie hätte es nicht geduldet, dass ich in die Welt hinausziehe, um zu heiraten – und dabei nicht kochen kann. Dabei habe ich ihr immer wieder erklärt, dass ich sicher eine Haushälterin haben werde …«
    Wir lachten beide in der Küche, als wir hörten, wie die Tür zu der großen Eingangshalle aufschwang. Eine polternde Stimme legte sofort los: »Was höre ich da? Lachen? Und die ganze Stadt redet über nichts anderes als über den Auftritt meiner Verlobten bei Smithson, dem

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