Der Tanz des Maori (epub)
privaten Mine nie ihre Mannschaft losschicken. Die werden schlieÃlich dafür bezahlt, in unseren Minen Kohle zu fördern, da will niemand einen Ausfall riskieren.«
»Was wäre denn, wenn sie bei einem Rettungseinsatz in einer privaten Mine mehr bezahlt bekämen, als sie in den Minen der Company verdienen können? Dann wäre das doch für die Company ein Geschäft. Sie hat eine Rettungsmannschaft, die sie gegen gutes Geld verleihen können.« Ava trug ihren Vorschlag so gelassen vor, als ob Frauen jeden Tag eine Geschäftsidee hätten. John sah sie an wie eine Art Weltwunder.
»Das ist es!«, erklärte er. »So kann ich die Company davon überzeugen, einen eigenen Rettungsdienst einzurichten.« Er legte seine Hand auf ihre und strahlte sie an. »Was habe ich doch für ein Glück! Ich habe nicht nur eine wunderschöne Frau, sondern auch eine sehr kluge â¦Â«
Ava lächelte nur. Schon wenige Wochen später wurde eine kleine Mannschaft von jungen Minenarbeitern zu Rettungskräften ausgebildet. Sie retteten so manches Menschenleben in den kommenden Jahren. Und die Company verdiente tüchtig an Avas Idee â¦
Sie genoss die Zeit mit John Denson, pflegte aber nur wenig Freundschaften in Seddonville. Sicher, sie machte weiter ihre Einladungen mit den wichtigen Bewohnern unseres Ortes. Aber ansonsten blieb sie etwas für sich. »Ich bin gerne alleine mit meinem Mann! Warum sollte ich meine Zeit mit anderen vertändeln?«, pflegte sie immer wieder zu betonen.
Einige Frauen argwöhnten schon bald, dass Mrs. Denson sich wohl für etwas Besseres hielt. Auf dem Markt hörte ich immer, dass sie sich deswegen so selten am Dorfklatsch beteiligte, weil sie alle Menschen, die in Neuseeland geboren waren, für Hinterwäldler hielt. Das war natürlich Blödsinn, aber wer hört schon auf ein kleines Maori-Mädchen, das seine Herrschaft verteidigt?
Es vergingen die wunderbaren ersten Jahre. Nur selten schlich sich ein wenig Traurigkeit in Avas Blick. Dann strich sie über ihren makellos flachen Bauch und seufzte: »Wenn ich jetzt noch ein Kind bekommen würde, dann wäre mein Glück vollkommen!«
Ich versuchte dann immer, sie zu trösten. »Das dauert bei manchen Paaren eben etwas länger. GenieÃen Sie doch noch die Zeit, die Sie alleine mit Master Denson sind!«, erklärte ich ihr immer wieder. »Wenn dann erst ein Baby da ist, haben Sie sicher alle Hände voll zu tun!«
Ich plapperte damit einfach nur nach, was mir meine Mutter gesagt hatte, als ich ihr von Avas Problem erzählte. Ich selber hatte ja nicht einmal eine Ahnung davon, wie ein Kind eigentlich entsteht. In meiner Vorstellung war der Kuss eines Jungen bereits eine gefährliche Sache â¦
Wahrscheinlich war genau das der Grund, warum Ava mir immer nur mit einem nachsichtigen Lächeln über den Kopf strich und leise sagte. »Ach, Ruiha, hoffentlich hast du recht â¦Â«
Ich glaube, ich war siebzehn, als ich das erste Mal hörte, dass das Kohlegeschäft schlechter lief. Ava war im Garten beschäftigt, als Angus MacLagan an der Haustür stand und sich mit John Denson zu einem Whisky in die Bibliothek zurückzog. Ich war mir sicher, dass Ava, die mit ihren Rosen beschäftigt war, keine Ahnung von diesem unangekündigten Besuch hatte. Auf Befehl von Mr. Denson brachte ich etwas Wasser und noch ein wenig Brot, kalten Braten und Käse. Die beiden waren so in ihre Unterhaltung vertieft, dass sie nicht merkten, dass ich mich möglichst unauffällig an das Abstauben der Bücher machte â¦
»Kohle wird nie völlig vom Markt verschwinden!«, erklärte MacLagan mit Nachdruck. »Es mag ja sein, dass der Benzinmotor irgendwann die Dampfmaschinen verdrängt. Aber für die groÃen Schiffe, das Herstellen von Stahl: Kohle wird immer Konjunktur haben! Und sollte jemals wieder ein Krieg ausbrechen â¦Â«
»Jetzt malen Sie doch nicht den Teufel an die Wand!«, wehrte Denson ab. »Vielleicht können die alten Länder in Europa ja doch noch ihre Feindseligkeiten begraben und die Wirtschaftskrise hinter sich lassen â¦Â«
»Sicher, das tun sie«, nickte MacLagan. Seine dunklen Augen funkelten. »Sie besiegen die Wirtschaftskrise. Aber sie tun es, indem sie aufrüsten und immer noch mehr Waffen in ihr altes Europa bringen. Und um das zu bewerkstelligen, dazu benötigen sie
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