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Der Tanz des Maori (epub)

Titel: Der Tanz des Maori (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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nickte die Alte so überzeugend, als hätte sie verstanden, was Katharina da vorgeschlagen hatte.
    Mit einem Seufzer nahm Sina das alte Album in die Hand. Das Leder fühlte sich weich und abgegriffen an. Zufrieden nickte die alte Frau ein letztes Mal, drehte sich um und verschwand wieder in ihrem Laden, noch bevor Sina etwas sagen konnte.
    Verblüfft sah Sina auf das Album in ihrer Hand. Katharina nahm es und blätterte ein bisschen darin herum. »Unglaublich, diese alten Bilder. Wenn man sich vorstellt, wie die vor siebzig, achtzig Jahren hier gelebt haben – das muss ja so primitiv gewesen sein.«
    Sina konnte sich jetzt nicht auf die alten Bilder konzentrieren. »Klar. Und keiner weiß, warum eine verwirrte Greisin mir unbedingt dieses Album schenken wollte.« Trotzdem nahm sie es wieder in die Hand.
    Sie blätterte noch ein wenig weiter – und starrte plötzlich auf eine Studioaufnahme. Sie zeigte eine ernste junge Frau, die mit unbewegter Miene in die Kamera blickte, eine Hand auf einen Stuhl gestützt, die andere auf den Bauch gelegt. Ihre Kleidung sah teuer aus, die Haare waren kunstvoll aufgesteckt. Sina fühlte sich einen Moment lang unsicher, sie hatte das Gefühl, als ob der Boden unter ihr schwankte. Das Gesicht der Frau hatte sie schon Hunderte Male gesehen. Jedes Mal, wenn sie in den Spiegel blickte, sahen ihr genau diese Augen entgegen, verzogen sich genau diese Lippen zu einem Lächeln. Unter dem Bild stand weiter nichts als ein Name: Ava. Keine Jahreszahl, kein Hinweis, wer diese Ava sein sollte. Sina schüttelte den Kopf, als ob sie einen Traum vertreiben wollte. Das musste ein Zufall sein, ein launiges Ergebnis des Gen-Roulettes, das bei der Erschaffung jedes neuen Menschen gespielt wurde. Ein wenig zu hastig klappte sie das Album wieder zu.
    Sie steckte es in ihre Einkaufstüte und wandte sich zum Gehen, ohne Katharina das Bild von dieser Ava zu zeigen. »Komm, wir sollten für Mary-Ann unser Dankeschön-Essen machen. Am besten, bevor sie nach Hause kommt.«
    Eine halbe Stunde später durchzog der Geruch von gebratenem Fleisch und Gemüse das gemütliche blau gestrichene Haus. Katharina deckte den Tisch, schmückte ihn mit ein paar Blumen aus dem Garten und sah dann zufrieden das Ergebnis ihrer Mühe an. Gerade rechtzeitig. Der kleine rote Wagen, der sie ein paar Stunden vorher aus dem kalten Regen gerettet hatte, bog mit Schwung in die Auffahrt. Mary-Ann betrat das Haus, hob ihre Nase und lachte ihre Gäste an. »Das riecht einfach wunderbar! Genau das, wovon ich seit einer Stunde träume …«
    Gemeinsam setzten sie sich an den einfachen Holztisch. Nachdem sie sich einander endlich namentlich vorgestellt hatten, füllte Sina die tiefen Teller aus blau-weißer Keramik, schenkte den kalten Weißwein in die Gläser ein und ließ sich dann selber auf einen der Stühle fallen. Sie hob das Glas. »Auf unsere wunderbare Retterin! Ohne dich wären wir jetzt nicht schon wieder trocken und guter Dinge!« Sie deutete auf das Fenster. Es dämmerte allmählich und ein frischer Wind lud zu allem anderen als eine Nacht in einem Zelt ein.
    Mary-Ann winkte ab. »Das ist doch selbstverständlich! Vor allem, wenn man so belohnt wird!«
    Neugierig sah Sina sich um. »Was arbeitest du denn?«
    Mary-Ann zuckte mit den Achseln. »Nichts Aufregendes. Ich sitze in der Buchhaltung bei einer Kohlemine. Ein klassischer Job, der einen nicht zu sehr aufregt, aber auch nicht die echte Erfüllung bringt. Aber ich darf mich nicht beschweren: Hier an der Westküste sind die Jobs nicht zu reichlich gesät. Das Einzige, was es bei uns ohne Ende gibt, sind Sandflöhe und Seehunde …«
    Alle lachten.
    Â»Und – was verschlägt euch nach Neuseeland? Was macht ihr, wenn ihr nicht in trockenen Flussläufen campt?« Mary-Ann sah ihre Gäste fragend an.
    Â»Ich studiere Medizin«, erklärte Sina. »Nächstes Jahr bin ich fertig, dann muss ich mich um meine weitere Ausbildung in Krankenhäusern kümmern. Dieses Jahr ist meine letzte Chance, um noch einmal einen richtig langen Urlaub zu machen!«
    Â»Bei mir ist es fast das Gleiche«, stimmte Katharina ihr zu. »Ich studiere Politik und Soziologie – da wartet zwar kein anstrengender Job im Krankenhaus auf mich –, aber ich muss mir wirklich was einfallen lassen, um überhaupt eine Arbeit zu finden.« Sie zog eine Grimasse.

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