Der Tanz des Maori (epub)
zur Hand gehen sollte. Er inserierte nur wenige Wochen später in »The Press« in Christchurch:
»Gut situierter Minenbesitzer aus Seddonville sucht für seine Gattin eine anregende Begleitung in der Schwangerschaft mit anschlieÃender Stellung als Kindermädchen. Lohn, Kost und Logis.«
Er erhielt wohl einige Zuschriften von mehr oder weniger ordentlichen Mädchen. Er zeigte sie Ava, und gemeinsam wählten sie Miriam aus. Sie war erst siebzehn, als sie das erste Mal an unserer Haustür klopfte. Ein zarter Engel mit blonden Löckchen und groÃen blauen Augen stand vor mir, als ich die Tür öffnete. Sie streckte ihre Hand aus.
»Ich bin Miriam! Ich soll für Mrs. Denson arbeiten â damit sind wir wohl Kolleginnen, oder?«, sprudelte sie mir mit heller Stimme entgegen. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, dieses Mädchen nicht zu mögen. Immerhin drängte sie mich aus meiner Rolle als einzige Angestellte des Hauses, ich musste künftig einiges absprechen, was ich bisher alleine beschlossen hatte. Es zeigte sich jedoch, dass es nicht möglich war, gegen Miriam einen Groll zu hegen. Sie war fröhlich, hatte gute Laune und war von einer herzerfrischenden Naivität. In Christchurch war sie die siebte Tochter einer Familie, die sich mit Schafzucht auf zu wenig Land eher schlecht als recht über Wasser gehalten hatte. Als sie die Anzeige gelesen hatte, beschloss Miriam, dass sie ihr Glück an der Westküste versuchen wollte â und so landete sie bei uns. Natürlich merkten wir schnell, dass Miriam kaum lesen und noch weniger schreiben konnte. Aber sie lernte schnell und verbreitete eine unbekümmerte Heiterkeit, wo auch immer sie auftauchte.
13.
Ava hielt einen gelben Stoff nach oben. »Ist das nicht der perfekte Vorhang?«
Ich lachte. »Master Denson würde wohl eher einen hellblauen Stoff bevorzugen â¦Â«
»Und dann muss meine arme Tochter womöglich in einem hellblauen Zimmer aufwachsen! Nein, das tue ich ihr nicht an!«
Miriam hielt in einer Ecke des Ladens einen dünnen weiÃen Stoff in die Höhe. »Ich finde, daraus lässt sich ein besonders schöner Vorhang machen. Und vielleicht auch ein Himmel über der Wiege?«
Ava strich über den Stoff und nickte. »Du hast recht. Den will ich kaufen!«
Sie drehte sich zu dem Ladenbesitzer um und bezahlte ein paar Meter von dem feinen Stoff. Dann drehte sie sich zu uns um. »Wenn wir schon einen Ausflug nach Westport machen, dann sollten wir auch unbedingt einen Tee im Geschäft an der HauptstraÃe trinken. Ich habe gehört, da trifft man sich im Augenblick ⦠Und wir wollen doch nicht wie Hinterwäldler wirken.« Sie lachte. »Auch wenn wir das wahrscheinlich sind. Ich hätte nie gedacht, dass ich einen kleinen Ort wie Westport irgendwann einmal als die groÃe weite Welt empfinden würde â¦Â«
Wenig später waren wir im Teehaus und nippten an unseren Tassen aus feinem Porzellan.
Ich konnte meine Neugier nicht im Zaum halten. »Wie war es denn in Hamburg? Ist das wirklich gröÃer als Westport?« Ich hatte in meinem Leben noch nie eine gröÃere Stadt gesehen und konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie so eine Stadt aussehen sollte.
Ava seufzte. »Sehr, sehr viel gröÃer. Die Häuser stehen enger zusammen, die StraÃen sind dreckiger, und die Menschen haben nicht so viel Zeit. Es gibt Fabriken mit stinkenden Schornsteinen und jede Menge Autos. So viele Pferde und Maultiere wie hier noch benützt werden, gibt es in Hamburg wohl nur noch im Zoo. Ãberhaupt der Zoo â¦Â« Ihr Gesicht bekam einen schwärmerischen Ausdruck. »Da gibt es Elefanten und Affen und â«
»Elefanten?«, unterbrach ich sie. »Was ist das?«
»Ein groÃes graues Tier aus Afrika. Mit riesigen Ohren und einem Rüssel statt einer Nase.«
So ein Tier konnte ich mir nicht vorstellen. Nicht einmal, wenn ich mich sehr anstrengte. Miriam sah Ava ebenfalls an, als ob sie ein Märchen aus einer anderen Welt erzählen würde. Ava sah in unsere ungläubigen Gesichter und schüttelte dann den Kopf.
»Ich bestelle ein Buch, dann kann ich euch die Bilder von den Tieren im Zoo zeigen.« Sie streichelte über ihren Bauch, der sich allmählich deutlich sichtbar nach vorne wölbte. »Und später kann ich dann meinem Kind zeigen, was für Tiere es in dem Rest der Welt
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