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Der Tanz des Maori (epub)

Titel: Der Tanz des Maori (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Die Gerüchte wollten etwas von irischen Schlägern wissen, die die Kniescheiben ihrer Opfer ohne Mitleid zertrümmerten. Da konnte ich Ava unmöglich alleine hingehen lassen. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und erklärte Ava: »Ich gehe mit!«
    Sie wehrte sich nicht. Wahrscheinlich war sie sogar froh, auch wenn sie zu stolz war, es zuzugeben.
    Das Haus dieses Geldleihers lag etwas außerhalb von Seddonville. Ava klopfte zaghaft an die Tür, die ein hoch gewachsener Maori öffnete. Er sah auf uns herunter.
    Â»Wen kann ich melden?«, meinte er schließlich, ohne sich auch nur die geringste Mühe zu machen, freundlich zu sein.
    Â»Ava Denson. Ich habe Mr. Turnbull ein Geschäft anzubieten.« Ava versuchte immerhin, mindestens ebenso arrogant wie dieser Dienstbote zu sein.
    Er würdigte uns keines Wortes, drehte sich um und ging vor uns her in einen kleinen Salon. Zumindest nehme ich an, dass sie dieses Zimmer als Salon nutzten. Ich kann mich auch täuschen, vielleicht war es ja einfach nur eine Abstellkammer. Ein schäbiges Sofa war die einzige Sitzgelegenheit, der Boden bestand aus grob behauenen Holzbrettern, auf denen ein fadenscheiniger Teppich mehr zeigte als verbarg. Der Dienstbote machte sich nicht die Mühe, uns einen Tee oder etwas Ähnliches anzubieten. Er ließ uns einfach alleine. Nervös setzte Ava sich auf das alte Sofa. »Mit solchen Menschen hatte ich bisher noch nie zu tun«, wisperte sie mir zu. »Und jetzt weiß ich wieder, warum ich immer froh war, dass ich das nicht nötig hatte!«
    Es roch muffig, war kalt – und nichts passierte. Ich habe heute keine Ahnung mehr, wie lange dieser Turnbull uns warten ließ. Aber damals kam es mir wie Stunden vor, bis sich endlich die Tür öffnete. Turnbull war klein, dick und haarlos. Er grüßte uns nicht einmal, sondern setzte sich auf einen Stuhl, der mir bisher noch nicht aufgefallen war. »Sie wünschen?« Seine Stimme klang merkwürdig tonlos, so als ob sie ihm nicht gehören würde.
    Â»Ich möchte mich von ein paar Schmuckstücken trennen. Sie sind mir empfohlen worden«, erklärte Ava.
    Der Mann sah Avas Schmuck nicht einmal an. Als sie ihm das kleine Samtbeutelchen reichen wollte, schob er es ungeöffnet wieder über den Tisch zurück. »Ich möchte mit Ihrem blutigen Schmuck nichts zu tun haben!«, erklärte er. »Packen Sie ihn wieder ein, und schauen Sie, dass Sie mein Haus verlassen! Es war ein Versehen von meinem Diener, dass er Ihnen überhaupt die Tür geöffnet hat.«
    Sekunden später standen wir wieder vor der Tür. Ava sah mich nachdenklich an. »Dieser Mann hat den übelsten Ruf von ganz Seddonville, er prügelt den letzten Cent aus seinen Gläubigern und kauft wertvollen Schmuck für Spottpreise. Wenn nur die Hälfte von dem stimmt, was ich über Turnbull gehört habe, dann ist ihm ein Platz in der Hölle gewiss. Und ausgerechnet dieser Mann hat jetzt moralische Skrupel? Das glaube ich einfach nicht! Den hat doch jemand dafür bezahlt, damit er von mir nichts kauft. Ich verstehe nur nicht, was dahintersteckt …«
    Kopfschüttelnd machte sie sich auf den Rückweg. »Wie dem auch sei. Ich fahre morgen nach Westport. Da ist den Leuten das Unglück von Matakite bestimmt egal!«
    Mit diesen Worten kehrte die Lebensenergie wieder in Ava zurück. Mit energischem Schritt ging sie nach Hause – ich konnte ihr dabei kaum folgen. Am nächsten Tag verschwand sie schon kurz nach Sonnenaufgang – diesmal blieb ich mit Junior zu Hause. Ich hatte mir vorgenommen, an diesem Tag endlich herauszufinden, wie es Miriam inzwischen ging. Seit der schrecklichen Nacht und der Geburt des toten Mädchens hatten wir nichts mehr von ihr gehört. Ich wickelte Junior in eine Decke und machte mich auf den Weg.
    Das Haus der MacLagans lag still in dem regennassen Garten. Es sah so aus, als ob hier niemand mehr lebte. Vorsichtig klopfte ich an der Tür – und hoffte klammheimlich, dass weder Angus noch Miriam mir öffneten. Ich hatte Glück. Nach einer Ewigkeit stand das Maori-Mädchen in der Tür, das uns in der Unglücksnacht zu Hilfe geholt hatte. Sie schien mich zu erkennen und nickte mir vorsichtig zu. »Sie wünschen?«, piepste sie.
    Â»Ich wollte nur fragen, wie es Miss Miriam geht«, erklärte ich. »Wir haben nichts mehr von ihr gehört und haben uns Sorgen

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