Der Tanz des Maori (epub)
etwas träume, das mit Sport zu tun hat. Football ist nun wirklich nichts, was mir schlaflose Nächte bereitet â¦Â« Sie versuchte ein kleines Lächeln.
Ruiha nickte nur. »Ich sage es doch immer wieder: Die Wahrheit drängt immer an die Oberfläche. Womöglich hast du es irgendwie gespürt, dass du deine Wurzeln hier hast!«
Sina hob verzweifelt die Hände. »Aber was sollen das für Wurzeln sein? Ich komme aus Berlin, schon vergessen? Meine Vorfahren waren nie in Neuseeland, da bin ich mir sicher!«
»Wer weiÃ, was da jemand verschwiegen hat? Womöglich wollten deine Vorfahren nur nicht, dass die Geschichte in Deutschland bekannt wird? Was, wenn die Geschichte von Ava mehr mit dir zu tun hat, als du je zu ahnen gewagt hast?«
»Kann ich mir nicht vorstellen â¦Â« Sina zuckte mit den Achseln. »Aber wenigstens weià ich jetzt endlich, was ich da überhaupt träume!«
»Lass mich dir erzählen, wie es weiterging«, schlug Ruiha vor. »Dann entdecken wir vielleicht doch noch, was meine Geschichte mit dir zu tun hat!«
Als die Beerdigung vorbei war, kam eine der Witwen auf Ava zu. Sie sagte kein Wort, aber sie spuckte direkt vor ihr in den Sand. Ava lieà auch diese Beleidigung mit versteinertem Gesicht über sich ergehen. Ich denke, sie hat in diesem Augenblick das erste Mal begriffen, wie sehr die Menschen in Seddonville sie hassten. Wir sind dann sofort nach Hause gegangen. Selbst Ava wollte keinen Tee mehr mit den Trauernden trinken. Zu Hause habe ich ihr eine heiÃe Suppe gemacht, nach der Beerdigung im Regen war sie nass und kalt bis auf die Knochen.
Sie sah mich mit ihren unglaublich meergrünen Augen an. »Warum hassen mich die Menschen so sehr?«, fragte sie mich. »Selbst wenn die Lügen von Angus wahr sein sollten, dann bin ich doch immer noch nur die Witwe des Bösewichts â¦Â«
»Ja«, versuchte ich zu erklären. »Aber sie glauben alle, dass Sie eine wahnsinnig reiche Witwe sind.«
»Das würde mich wenigstens um eine Sorge ärmer machen«, schnaubte Ava verächtlich. »In Wahrheit habe ich keine Ahnung, wie ich mein Leben hier bezahlen kann. Die Mine wirft schlieÃlich nichts mehr ab und ist wahrscheinlich auch nicht mehr viel wert nach diesem Unglück.«
Sie sah mich traurig an. In diesem Augenblick hörten wir, wie sich vor dem Haus ein paar Menschen versammelten. »Verschwinde! Verschwinde! Verschwinde!«, schrien sie im Chor. Ein Ei klatschte gegen unser Fenster, kurz darauf roch es faulig. Hinterher flog noch Pferdemist, verschimmeltes Gemüse, und es waren noch mehr Beschimpfungen zu vernehmen.
Es dämmerte, als die Randalierer allmählich verschwanden. Uns blieb allerdings nicht lange Zeit, um Luft zu holen. Nur Minuten später klopfte es an der Tür. Ein mageres Maori-Mädchen stand davor und sah uns ängstlich an. Sie war höchstens zwölf. »Miriam schickt mich, ihr sollt kommen. Es geht los.«
Ich musste nicht lange rechnen, ich wusste sofort: Es ist zu früh. Miriams Baby sollte frühestens in vier Wochen auf die Welt kommen. Ich sah Ava an. Wollte sie wirklich der Frau ihres gröÃten Feindes in dieser Stunde beistehen? Sie nickte entschlossen.
»Hier geht es nicht um Angus. Wir haben Miriam versprochen, dass sie sich auf uns verlassen kann, wenn das Baby kommt. Also los!«
Ich packte ein paar Sachen zusammen, die bei einer Geburt helfen können. Manuka-Ãl, Tücher und ein Amulett meiner GroÃmutter. Dann liefen wir los. Zum Glück geschützt durch die Dunkelheit und den gleichmäÃig rauschenden Regen. Niemand sah uns. Das Mädchen begleitete uns und öffnete uns auch das Haus der MacLagans. Wir hörten Miriams Schreie, noch bevor wir auch nur die Treppe erreicht hatten. Es klang, als ob sie heftigste Schmerzen hätte. Ava und ich wechselten einen besorgten Blick. »Das klingt nicht gut«, wisperte Ava. »Oder? Ich meine, ich war ja noch nicht bei vielen Geburten â¦Â«
Ich nickte und rannte die Treppen nach oben. »Wir müssen sehen, ob wir ihr helfen können!«
In Miriams Zimmer roch ich sofort den schweren, süÃen Geruch von Blut. Miriam lag nassgeschwitzt und totenbleich in ihrem Bett. »Endlich seid ihr da!«, rief sie. »Ich habe schon Angst gehabt, dass ich mein Kind alleine bekommen muss.«
Sie keuchte. Ich tastete den Bauch ab. Dabei sah ich, dass zwischen
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