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Der Tanz des Maori (epub)

Titel: Der Tanz des Maori (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Miriams Schenkeln das Blut heraustropfte. Von dem Baby war noch nichts zu sehen. Miriam stöhnte unter einer erneuten Wehe auf. Ich war mir nicht sicher, aber ich hatte das Gefühl, dass sich das Kind trotz aller Mühe und Schmerzen von Miriam keinen Millimeter bewegte.
    Â»Das schaffen wir nicht alleine!«, flüsterte ich Ava ins Ohr. Ich wollte nicht, dass Miriam mich hörte und womöglich noch aufgeregter wurde. »Wir müssen ins Maori-Dorf schicken. Oder nach Westport, zu einem richtigen Arzt.«
    Miriam hatte mich trotz meines Flüsterns gehört und schüttelte den Kopf. »Der Arzt in Westport ist schrecklich. Dann holt lieber den Tierarzt!«
    Wieder setzte eine Wehe ein. Ich hatte nicht viel Erfahrung mit Geburten. Aber hier folgten die Wehen viel zu dicht aufeinander, die ganze Geburt verlief viel zu hastig. Ich winkte das Mädchen heran, das mit großen Augen in der Tür stand.
    Â»Geh, so schnell du kannst, ins Dorf der Maoris. Frage nach der alten Amiri, und bring sie mit. Mach schnell!«
    Das Mädchen nickte und rannte davon. Ich konnte nur beten, dass Amiri schnell genug hier auftauchte.
    Bis dahin blieb mir allerdings nichts anderes, als Miriam die Stirn zu streicheln und beruhigend auf sie einzureden.
    Natürlich war ich in den letzten Tagen nach dem Unglück nicht mehr bei Miriam MacLagan zu Besuch gewesen. Ava hatte meine Hilfe sehr viel dringender gebraucht.
    Zwischen zwei Wehen fragte ich, was passiert war. Sie schüttelte den Kopf. »Er war ja kaum hier. Und wenn er hier auftauchte, dann immer in Begleitung von irgendwelchen Männern, die bei der Zeitung arbeiten. Oder die bei Matakite die Bergung der Toten beaufsichtigt haben. Ich weiß nicht, was er mit ihnen geredet hat …« Sie schnappte wieder nach Luft. Als die Wehe allmählich nachließ, redete sie weiter. »Aber als ich mitgekriegt habe, dass er über Ava und John nichts Gutes sagt, habe ich mich eingemischt. Da hat er mich geschlagen und getreten.«
    Â»Wann war das?«, wollte ich wissen.
    Â»Heute Mittag«, erklärte Miriam. »Ein paar Stunden später sind die Wehen losgegangen.«
    Ava warf mir einen entsetzten Blick zu. »Wohin hat er dich denn getreten?«, fragte sie schließlich.
    Â»In den Bauch«, keuchte Miriam. »Ich glaube nicht, dass mein Baby das überlebt. Er hat es ins Leben geprügelt, jetzt hat er es auch wieder herausgeprügelt.«
    Eine Träne lief über ihre Wange. Ich streichelte sie weg. Zu gerne hätte ich ihr widersprochen, aber ich ahnte, dass sie recht hatte.
    Es erschien mir wie eine Ewigkeit, bis Amiri endlich kam. Auch sie tastete den Bauch ab, lauschte mit einem Hörrohr an Miriams geschwollenem Bauch. Danach sah sie mich mit einem fast unmerklichen Kopfschütteln an.
    Â»Wir müssen sehen, dass Miriam dieses Kind zur Welt kriegt, bevor es sie umbringt«, sagte sie schließlich auf Maori zu mir. Dann begann sie, an Miriams Bauch herumzudrücken und gab ihr Anweisungen, wann sie pressen und wann sie einfach nur so tief und regelmäßig wie möglich atmen sollte. Miriam weinte, schluchzte, schrie und verlor eine Unmenge Blut, bis im Morgengrauen endlich ein kleines Mädchen zwischen ihren Beinen ins Leben rutschte. Es war blau angelaufen, blutig verschmiert und rührte sich nicht. Amiri untersuchte es und sah Miriam dann mitleidig an. »Dein Mädchen hat die Geburt und die Tritte deines Mannes nicht überlebt«, erklärte sie. »Wahrscheinlich ist es schon seit Stunden tot. Aber schau es dir an: Es wäre wunderschön geworden!« Sie nahm ein Tuch und rieb das kleine Mädchen so behutsam ab, als ob es noch leben würde.
    Tatsächlich war das winzige Gesicht ebenmäßig geformt, die Lippen sahen aus wie eine kleine Version von Miriams Lippen. Die Augen waren geschlossen, für einen Augenblick gelang es mir, mir vorzustellen, dass es lebte. Aber dann fasste ich seine Hand an, und sie war leblos und schlaff.
    Miriam sah das kleine Bündel mit großen Augen an. »Sie ist ein echtes Wunder!«, murmelte sie schließlich. »Seht doch die winzigen Fingernägel, sie schimmern wie das Innere einer Muschel. Und die Haut …«
    Amiri legte eine Hand auf Miriams Arm. »Ja, sie ist wunderschön. Vielleicht hat Gott sie deswegen sofort wieder bei sich haben wollen …«
    Miriam sah uns aus merkwürdig leblosen Augen an. »Aber sie ist doch

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