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Der tanzende Tod

Der tanzende Tod

Titel: Der tanzende Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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anderen, die mich zuvor gerettet hatte, flammte erneut auf. Sie brannte hell und heiß und war mir näher als meine eigene Haut. Bald würde ich die ganze Bande aufspüren und mich um sie kümmern, dies versprach ich mir selbst.
    Ich würde damit beginnen, das Haus zu durchsuchen, um Verbündete und Kenntnisse zu sammeln.
    Die Schreie, die ich gehört hatte, mussten von zweien der Dienstmädchen stammen. Sie waren wohl irgendwo eingesperrt und fühlten sich zweifelsohne inzwischen recht unglücklich. Es gab gewiss auch noch andere, aber bevor ich nach ihnen suchte, musste ich mich säubern, da ich bei meiner Nahrungsaufnahme dieses Mal nicht sonderlich reinlich vorgegangen war. Mein Erscheinungsbild hatte im Augenblick Vorrang. Die Blutkrusten um meinen Mund, welche im Begriffe waren zu trocknen, könnten die Bediensteten dieses Hauses weitaus mehr in Angst versetzen als ihre Gefangennahme.
    Ich verließ die Ställe und ging geradewegs zu der niedrigen rechteckigen Konstruktion im Hinterhof, welche den Brunnen kennzeichnete. Ihre Form ähnelte erschreckend einem Grabe, da es zwei Meter lang und einen Meter breit war. Seine aus Backsteinen erbauten Seitenwände erhoben sich etwa dreißig Zentimeter über den Boden, und die Öffnung war sorgsam mit fünfzehn Zentimeter dicken Eichenplanken bedeckt. Auf einem viereckigen Loch in ihrer Mitte lag ein stabiler Holzdeckel, welcher mit einem Griff zum Hochheben und einem einfachen Riegel versehen war. Darüber waren ein stabiler Mechanismus aus Winde und Seil und der Kurbelgriff befestigt, alles glatt poliert durch häufigen Gebrauch.
    Der Deckel war hochgehoben worden und stand offen, und der Eimer befand sich bereits auf dem Boden, was mir seltsam vorkam, ganz zu schweigen davon, dass es gefährlich war, aber es würde mir Arbeit ersparen. Ich ergriff die Kurbel und versuchte sie zu drehen. Sie bewegte sich nur ein kleines Stück und stockte dann auf mysteriöse Weise. Die Kurbel war nicht blockiert; vielleicht hatte sich das Seil oder der Eimer irgendwo verfangen. Ich ergriff das Seil und zog. Es gab nur minimal nach. Ich zog hart an ihm, und es ließ sich widerwillig ein Stück in die Höhe ziehen, um dann wieder nach unten zu gleiten, als das Gewicht am anderen Ende zu groß wurde. Weit unten hörte ich ein sanftes Platschen ... und eine Stimme ... eine schwache, schwache Stimme?
    Jemand wird ihn gewiss entdecken, wenn im Frühling das Tauwetter einsetzt. Wir würden Sie ja an den gleichen Ort schaffen, aber dies sähe einfach ein wenig zu verdächtig aus. Bei einem Mal könnte man noch denken, es sei ein Unfall gewesen, aber bei zweien ...
    Ungebeten schossen mir Summerhills Worte durch den Kopf; Gänsehaut bildete sich überall auf meinem Körper. O mein Gott, was hatten diese Monster getan?
    Indem ich mich gefährlich weit über den Rand der Öffnung beugte, brüllte ich Edmonds Namen in die Dunkelheit. Das natürliche Licht vom Himmel wurde von meiner eigenen Gestalt und der Tiefe des Schachtes blockiert. Ich dachte, ich höre eine Antwort auf mein Rufen, aber es konnte auch mein eigenes Echo sein. Hoffnung und Entsetzen packten mich. Ich richtete mich wieder auf und warf einen wilden Blick durch den Hinterhof und zum Hause. Dort mochte es Hilfe geben, aber ich durfte keine Zeit mit der Suche danach verschwenden. Konnte ich selbst etwas tun? Möglicherweise. Aber – und der Gedanke erschreckte mich – konnte ich mich überhaupt selbst dazu bringen, es zu versuchen?
    Das pechschwarze Quadrat der Öffnung sah aus wie ein klaffender Mund und schien das gesamte Licht der Umgebung zu verschlingen. Meine neu erworbene Furcht vor engen, dunklen Räumen begann in meinem Kopf zu dröhnen wie ein Sturm und lähmte mich mit ihrer donnernden Macht. In einem Sarg unter der Erde zu erwachen schien mir trivial, verglichen mit dem Abstieg in dieses Höllenloch. Hier war ein Platz, an dem die Dunkelheit empfangen und geboren wurde, wo sie lebte und gedieh und alles verschlang, was in ihre Nähe kam. Obgleich ich mir vollkommen der Tatsache bewusst war, dass nur sehr wenige Dinge mich wahrhaftig verletzen konnten, war der große Feind hier die Vorstellungskraft, welche meine Schwäche hart angriff. Dass ich mir meiner gewaltigen Fähigkeiten selbst sehr bewusst war, vergrößerte meine Schwäche noch und führte zu Selbstvorwürfen. Ich war ein hoffnungsloser Feigling und verdammte meinen armen Vetter zu einem entsetzlichen Tode, weil ich zu feige war, um – Genug, Johnnyboy.

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