Der tanzende Tod
sie wissen alles darüber, insbesondere dieser Schurke Summerhill. Wenn wir uns dorthin begeben, wird es für sie ein Leichtes sein, selbst den Kanal zu überqueren, sobald sie erst einmal im Besitz des Geldes sind, falls sie nicht dafür sorgen, dass wir noch an einen anderen Ort eilen. Clarinda wird ihr Spiel mit uns treiben, bevor die Angelegenheit vorbei ist.«
»Keine Sorge, sie weiß noch nicht, dass wir einen anderen Ton anschlagen werden.«
»Jericho«, fragte Elizabeth, »hast du gesehen, wer dies hinterlassen hat?«
Er hatte sich inzwischen ein wenig von seinem Lauf erholt. »Ich konnte nur einen sehr kurzen Blick auf ihn erhaschen, Miss. Wir hörten, wie ein Pferd von der südlichen Abzweigung der Straße herangaloppierte, und sahen es gleich darauf auch. Der Reiter auf seinem Rücken war vollkommen in einen Umhang und einen Schal eingehüllt. Als er auf der Höhe unseres Tores angelangt war, warf er das Päckchen herab, wendete das Pferd und ritt in Richtung Süden zurück. Er wird sich mittlerweile auf halbem Wege zur Themse befinden.«
»Verdammt«, meinte ich. »Ich hätte dabei sein sollen. Ich hätte ihm folgen, ihn ergreifen und ihn befragen können.«
»Und wahrscheinlich hättest du Richard damit noch mehr in Gefahr gebracht«, meinte meine Schwester. »Du wirst deine Gelegenheit bekommen, kleiner Bruder, wenn sie auftauchen, um ihr Lösegeld zu holen. Bis dann werden wir tun, was uns gesagt wird, und ihnen keinen Grund zum Misstrauen und keine Entschuldigung liefern, Richard etwas anzutun.«
Ich nickte, da mir dies sinnvoll erschien, aber verspürte das Bedürfnis, weitere Löcher in die Wand zu schlagen. Dann sank mein Mut, als mir noch eine Schwierigkeit in den Sinn kam. Obgleich ich den ganzen Weg zu dieser Küstenstadt in einer Nacht zurücklegen konnte, vorausgesetzt, ich hätte Pferde zum Wechseln und einen Führer, der mir den Weg zeigte, und würde keine Pausen einlegen, so würde ich dennoch vor dem nächsten Sonnenaufgang einen sicheren Zufluchtsort finden müssen. Die Beschränkungen meines Zustandes ärgerten mich, wie sie es nie zuvor getan hatten. Ich teilte den anderen diese Gedanken mit.
»Also, dies ist wirklich gefährlich«, meinte Oliver. »Du redest, als wolltest du dich alleine auf den Weg machen. Davon möchte ich nichts hören. Wir haben mehr als genug Zeit, per Kutsche hinzugelangen, wenn wir sofort aufbrechen. Elizabeth und ich können am Tage nach dir Ausschau halten, und wenn du morgen Abend erwachst, werden wir bei dir sein.«
»Außerdem«, fügte Elizabeth hinzu, »haben sie möglicherweise Leute abgestellt, um die Straßen und das Gasthaus zu beobachten, und wenn du so in aller Öffentlichkeit eintreffen würdest, würde ihnen dies Angst einjagen.«
Meine Ungeduld, mich auf den Weg zu machen und etwas zu unternehmen, war so groß, dass ich bereit war, eine Auseinandersetzung gegen all diese Vernunft zu beginnen. Aber in dem Moment, als ich Atem holte, um dies zu tun, legte Nora ihre Hand auf die meine.
»Meine Kutsche«, sagte sie in sanftem Tonfall, »ist vollkommen geschlossen.« Wir alle starrten sie an.
»Sie ist recht gut vor dem Tageslicht geschützt, sehr bequem, um tagsüber darin zu schlafen, und bereit zur Abreise«, fuhr sie fort. »Wird sie den Ansprüchen genügen?«
Olivers Gesicht leuchtete auf vor unverhohlener Bewunderung. »O Himmel, ich meine, dies ist genau das Richtige. Miss Jones, Sie sind ein wahres Wunder.«
»Ich danke Ihnen, Dr. Marling«, erwiderte sie mit einem liebenswürdigen Lächeln.
Wir fünf – denn Jericho bestand darauf, ebenfalls mitzukommen – waren innerhalb einer halben Stunde zum Aufbruch bereit. Zusätzlich zu Noras Kutsche mit ihrem Kutscher wurden noch vier Reitpferde gesattelt; außerdem nahmen wir Vorräte für die Reise und natürlich das Lösegeld mit. Mrs. Howard wollte uns ebenfalls begleiten und vergoss deshalb so manche Träne, aber nach einer kurzen Diskussion hatte ich sie überzeugt, dass sie uns die größte Hilfe wäre, wenn sie zurückbliebe. Ich hätte gegen ihre Anwesenheit nichts einzuwenden gehabt, wäre Noras und mein Zustand nicht gewesen. Der gesamte Rest der Gruppe war in das Geheimnis eingeweiht, sodass es keinen Grund gab, sorgfältig auf unsere Worte oder Taten zu achten, aber wenn wir Mrs. Howard im Schlepptau hätten, würde die arme Frau gewiss etwas sehen oder hören, was nicht für sie bestimmt war. Ich hegte nicht den Wunsch, weiteren Einfluss auf sie auszuüben, um sie noch
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