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Der tanzende Tod

Der tanzende Tod

Titel: Der tanzende Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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und vorherzusagen, wenn er genügend Zeit bekam, sich mit ihnen vertraut zu machen, und er kannte mich besser als ich mich selbst. Er war sich wohl Elizabeths Wunsch, dass ich meinen Brief schriebe, bewusst – er wusste Bescheid über das gesamte Treiben im Hause – und hatte sich darum gekümmert, dass ich ungestört arbeiten konnte. Mein guter Freund und Diener war ein genauer Beobachter des Lebens.
    Einen Beweis dafür fand ich in der zentralen Halle. Auf einem schmalen Sofa hatte er meinen schweren Umhang, meinen Hut, Straßenschuhe, Handschuhe und meinen Stock bereitgelegt, in der Annahme, dass ich in den frühen Morgenstunden einen Spaziergang durch die Straßen machen wollte, bevor ich für den Tag in meinen Zufluchtsort im Keller verschwand. Da ich ihn nicht enttäuschen wollte, zog ich die Kleidungsstücke an, nahm den Spazierstock und begab mich nach draußen, ohne mir die Mühe zu machen, die Eingangstür zu öffnen.
    Es war eine schöne, klare Nacht, wenn auch windig. Ich musste meinen Hut festhalten, damit er nicht wegflog. Die Enden meines Umhanges flatterten, als seien sie lebendig, und versuchten eine Flucht von meinen Schultern zu bewerkstelligen. Schließlich gab ich meine Bemühungen hinsichtlich des Hutes auf und hielt ihn mit einer Hand dicht vor meine Brust, als ich tapfer in den Wind hinauswanderte, wobei mein Umhang wie eine große wollene Flagge hinter mir herflatterte. Dies reichte nicht aus, um mich vor den Elementen zu schützen, aber ich empfand die Kälte nicht als so schneidend, wie es bei anderen Menschen der Fall war. Das Hauptärgernis war die Art, in welcher der Kragen an meinem Hals zerrte wie der Galgen eines Gehenkten. Ich dachte schließlich, es sei besser, zum Hause zurückzugehen und die verbleibende Zeit mit einem Buch zu verbringen, aber ich war seit Stunden körperlich untätig gewesen, und mein Körper sehnte sich nach Bewegung. Obgleich der Wind eine Plage bedeutete, erfrischte er die Luft auf wundervolle Weise, eine seltene Gegebenheit in London, welche mich einlud, sie zu genießen, solange sie währte. Da ich aus dem äußersten Norden kam, erinnerte der Wind mich an die natürliche Landschaft der Gegend und meinen Wunsch, schließlich dorthin zu ziehen.
    Die Straße war leer, obwohl das Umherflattern einer herrenlosen Zeitung und der ständige Tanz der Zweige von Bäumen, die sowohl zu meiner rechten als auch zu meiner linken Hand standen, in der Brise dafür sorgten, dass es weniger leer wirkte. Das Knarren und Flüstern, welches sie von sich gaben, machte mich zunächst nervös, bis ich mich an die Geräusche gewöhnt hatte. Dies war bei einem Hund nicht der Fall, den ich gelegentlich seinem Unbehagen durch Bellen Ausdruck verleihen hörte.
    Die meisten Häuser besaßen Lampen, welche draußen brannten, um dabei zu helfen, die Straße zu erhellen und damit sicherer zu machen. Olivers Haus gehörte aufgrund seines Berufes dazu. Ein- oder zweimal, seit ich bei ihm eingezogen war, war ich Zeuge geworden, wie er zu später Stunde zu einem medizinischen Notfall gerufen worden war, und es war für alle Beteiligten das Beste, dass seine Tür von denen, die seine Hilfe benötigten, leicht gefunden werden konnte.
    Innerhalb der Häuser war wohl alles friedlich, und die Leute schliefen, obgleich ich dann und wann Kerzenlicht durch die Vorhänge oder Fensterläden schimmern sah. Wenn ich dies erblickte, hoffte ich jedes Mal, dass es bloß ein Frühaufsteher oder eine andere schlaflose Menschenseele sei, welche die Nacht mit Studien verbrachte, und der Grund nicht etwa Krankheit sei, welche die Menschen wach hielt.
    Ich fand die Wache, in Person eines älteren Mannes namens Dunnett, in seinem engen Häuschen vor, wo er unbequem im Stehen döste. Er trug zwei Umhänge, in die er seine kräftige Gestalt eng eingewickelt hatte, und einen langen, dicken Schal, welcher um seinen Hut und Kopf geschlungen war, um ihn gegen die bittere Kälte der Nacht zu schützen, aber die Art, wie er zusammengekauert dastand, gab mir zu verstehen, dass sie dieser Aufgabe nicht gewachsen waren. Sein Schlaf war so leicht, dass er bei meiner leisen Annäherung ruckartig erwachte. Sein erschrockener Blick traf in furchtsamem Argwohn auf den meinen, bis er mich erkannte.
    »Gu'n Ahmd, Mr. Barrett«, sagte er, indem er seine rote Nase mit seinem behandschuhten Handrücken rieb. »Früh auf oder isses wieder spät gewor'n? Das heißt, wenn Se die Frage erlauben.«
    »Ich wünsche Ihnen einen guten

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