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Der taubenblaue Drache / eBook (German Edition)

Der taubenblaue Drache / eBook (German Edition)

Titel: Der taubenblaue Drache / eBook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Vonnegut
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Gerichtsgebäude. Er hat sich immer überall betastet,
während er zu uns sprach. Er hat gern gespürt, wie hart die ganzen Kanonenkugeln waren.
    Er sagte, er fühlt sich echt geehrt, eine so prächtige Gruppe von Männern bei einer so wichtigen Mission zu führen. Er sagte, wir werden bei Manövern an einem Ort namens
Château-Thierry in Frankreich herausfinden, worum es bei der Mission geht.
    Manchmal kamen Generäle, um uns zu betrachten, als würden wir bald etwas Trauriges und Wunderschönes machen, aber von einer Zeitmaschine hat niemand was gesagt.
    Als wir nach Château-Thierry kamen, warteten alle auf uns. Da haben wir gemerkt, daß wir etwas Super-Verzweifeltes machen sollten. Alle wollten die Killer mit der
Uhr am Ärmel sehen, alle wollten die große Show sehen, die wir abziehen sollten.
    Wenn wir wild aussahen, als wir dahin kamen, wurden wir noch wilder, als die Zeit verging. Es gelang uns immer noch nicht, herauszufinden, was eine
Zeitschild-Kompanie machen sollte.
    Brachte auch nichts, wenn man fragte.
    »Hauptmann Poritsky, Sir«, sagte ich zu ihm, etwa so respektvoll, wie ich nur konnte , »ich höre, wir sollen morgen früh vor
Sonnenaufgang eine neue Art von Angriff demonstrieren.«
    »Lächeln Sie, als wären Sie fröhlich und stolz, Soldat!« sagte er zu mir. »Es stimmt!«
    »Herr Hauptmann, Sir«, sagte ich, »unser Zug hat mich gewählt, Sie zu fragen, ob wir nicht jetzt schon erfahren können, was wir machen sollen. Wir möchten uns
sozusagen darauf vorbereiten, Sir.«
    »Soldat«, sagte Poritsky, »jeder Mann in diesem Zug hat Moral und Korpsgeist und drei Granaten und eine Flinte und ein Bajonett und hundert Schuß Munition,
stimmt’s?«
    »Stimmt, Sir«, sagte ich.
    »Soldat«, sagte Poritsky, »dieser Zug ist vorbereitet. Und um Ihnen zu zeigen, wie sehr ich diesem Zug vertraue, wird er den Angriff
leiten.« Er hob die Augenbrauen. »Also«, sagte er, »wollten Sie nicht ›Danke, Sir‹ sagen?«
    Das tat ich.
    »Und um Ihnen zu zeigen, wie sehr ich Ihnen vertraue, Soldat«, sagte er, »werden Sie der erste Mann im ersten Kommando des ersten Zugs
sein.« Wieder gingen seine Augenbrauen hoch. »Wollten Sie nicht ›Danke, Sir‹ sagen?«
    Ich tat es noch mal.
    »Nur beten Sie, daß die Wissenschaftler so gut vorbereitet sind wie Sie, Soldat«, sagte Poritsky.
    »Da haben Wissenschaftler mit zu tun, Sir?« sagte ich.
    »Ende der Befragung, Soldat«, sagte Poritsky. »Stillgestanden, Soldat.«
    Das tat ich.
    »Ehrenbezeigung«, sagte Poritsky.
    Das tat ich.
    »Forz arsch!« sagte er,
    Weg war ich.
    Da war ich also am Abend vor der großen Demonstration, unwissend, verängstigt und heimwehkrank, und schob Wache in einem Tunnel in Frankreich. Außer mir schob
noch ein Junge namens Earl Sterling aus Salt Lake Wache.
    »Uns sollen also Wissenschaftler helfen, was?« sagte Earl zu mir.
    »Das hat er gesagt«, sagte ich zu ihm.
    »Da weiß ich ja schon mehr, als mir lieb ist«, sagte Earl.
    Überirdisch ging eine große Granate los, als wollte sie uns die Trommelfelle knacken. Da oben lief ein Sperrfeuer, wie Riesen, die auf und ab gehen und die Welt zu Klump treten. Das
waren natürlich unsere Granaten und unsere Schüsse, die so taten, als wären sie der Feind, die so taten, als wären sie über irgendwas sauer wie Hölle. Alle waren tief
unten in Tunneln, es konnte also niemand verletzt werden.
    Aber so richtig Spaß an dem ganzen Krach hatte niemand, außer Hauptmann Poritsky, aber der hatte sowieso einen an der Waffel.
    »Simuliert, simuliert«, sagte Earl. »Das sind keine simulierten Schüsse, und ich simuliere auch nicht, daß ich Schiß habe.«
    »Poritsky sagt, es ist wie Musik«, sagte ich.
    »Sie sagen, genau so war es, damals in den richtigen Kriegen«, sagte Earl. »Verstehe nicht, wie da irgend jemand am Leben geblieben ist.«
    »Löcher bieten viel Schutz«, sagte ich.
    »Aber damals kamen doch höchstens Generäle in so richtig tiefe Löcher wie dieses«, sagte Earl. »Die Soldaten hatten flache kleine
Dinger ohne Dach drüber. Und wenn der Befehl kam, mußten sie aus den Löchern raus , und solche Befehle kamen die ganze Zeit.«
    »Ich nehme an, sie haben sich nah am Boden gehalten«, sagte ich.
    »Wie nah kann man sich denn am Boden halten?« wollte Earl wissen. »Da oben ist das Gras teilweise so kurz, als wäre jemand mit dem
Rasenmäher drangewesen. Steht kein einziger Baum mehr. Überall große Löcher. Wieso sind die Leute in diesen ganzen richtigen Kriegen

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