Der taubenblaue Drache / eBook (German Edition)
ist
Naturwissenschaft!«
»Ja, Sir.«
Und er ging davon, den Flur entlang, um die anderen aufzurütteln, und dann hinauf in den zweiten Stock, um sein Labor zu erwählen und den Anstreichern zu sagen, sie sollten sich darauf
konzentrieren, am nächsten Morgen müsse es fertig sein.
Ich verfolgte ihn mit einem Bewerbungsformular nach oben. »Sir«, sagte ich, »würde es Ihnen etwas ausmachen, dies auszufüllen, bitte?«
Er nahm es, ohne es anzusehen, und knüllte es in seine Brusttasche, die sich, wie ich sah, bereits wie eine Satteltasche von zerknitterten Dokumenten der einen und anderen Art wölbte.
Er füllte die Bewerbung nie aus, schuf aber bereits durch seinen bloßen Einzug einen verwaltungstechnischen Albtraum.
»Jetzt, Sir, wegen des Gehalts«, sagte ich, »wieviel hätten Sie denn gern?«
Er wischte die Frage ungeduldig beiseite. »Ich bin hier, um Forschung zu treiben, nicht um Bücher zu führen.«
Ein Jahr später wurde Der erste Jahresbericht des Pine-Instituts veröffentlicht. Die größte Leistung schien darin zu bestehen, daß $
6 000 000,– von Pines Geld wieder in Umlauf gebracht worden waren. Die Presse der westlichen Welt nannte den Bericht das komischste Buch des Jahres und druckte
Auszüge nach, die dies bewiesen. Die kommunistische Presse nannte ihn das düsterste Buch des Jahres und widmete ihre Spalten der Mär vom amerikanischen Milliardär, der
versuchte, direkten Kontakt mit dem Teufel aufzunehmen, um seine Profite zu vergrößern.
Dr. Tarbell focht das nicht an. »Wir stehen jetzt an dem Punkt, an dem die Physik einst stand, als es um die Struktur des Atoms ging«, sagte er vergnügt. »Wir haben ein
paar Ideen, die wenig mehr sind als Glaubensfragen. Vielleicht sind sie lachhaft, aber es ist ignorant und unwissenschaftlich zu lachen, bevor wir genug Zeit zum Experimentieren hatten.«
Irgendwo auf den vielen Seiten voller Unsinn im Bericht verloren sich drei Hypothesen, von Dr. Tarbell aufgestellt:
Daß, da viele Fälle von Geisteskrankheit durch Elektroschockbehandlung geheilt wurden, der Teufel vielleicht was gegen Strom hat; daß, da viele milde Fälle von
Geisteskrankheit durch langwierige Erörterungen persönlicher Vergangenheiten geheilt wurden, der Teufel vielleicht von endlosen Gesprächen über Sex und Kindheit abgestoßen
wird; daß der Teufel, falls er existiert, offenbar von Personen unterschiedlicher Beharrlichkeit Besitz ergreift –, konnte er doch aus manchen Patienten herausgeredet, aus anderen
herausgeschockt, aus wieder anderen gar nicht vertrieben werden, ohne daß die Patienten bei diesem Prozeß den Tod fanden.
Ich war zugegen, als ein Zeitungsreporter Tarbell über diese Hypothesen ausfragte. »Sie machen wohl Witze?« sagte der Reporter.
»Wenn Sie meinen, daß ich diese Ideen in spielerischem Geiste zur Diskussion stelle –, ja.«
»Also halten Sie sie für Mumpitz?«
»Bleiben Sie bei dem Wort ›spielerisch‹«, sagte Dr. Tarbell. »Und, falls Sie die Geschichte der Naturwissenschaft recherchieren, mein lieber Junge, werden Sie
feststellen, daß die meisten wirklich großen Ideen einer spielerischen Intelligenz entstammen. All die nüchterne, dünnlippige Konzentration ist in Wahrheit nur ein
Aufräumen an den Rändern der großen Ideen.«
Aber die Welt zog das Wort »Mumpitz« vor. Und alsbald gab es lachhafte Bilder zu den lachhaften Geschichten aus Verdigris. Auf einem sah man einen Mann mit Kopfhörern, die
schwachen elektrischen Strom durch seinen Kopf schickten, wodurch dieser zum ungemütlichen Ruheplatz für den Teufel werden sollte. Angeblich war der Strom nicht wahrnehmbar, aber ich
probierte so ein Paar Kopfhörer auf und fand das Gefühl äußerst unangenehm. Ein weiteres photogenes Experiment, entsinne ich mich, fand mit einer milde gestörten Person
statt, die über ihre Vergangenheit redete, während sie sich unter einer großen Glasglocke befand, welche, so hoffte man, irgendeine feststellbare Substanz vom Teufel einfing, der
theoretisch nach und nach zur Räumung gezwungen wurde. Und so ging das mit den im Bilde festgehaltenen Möglichkeiten immer weiter, jede, so schien es, noch absurder und teurer als die
vorangegangene.
Und dann kam das, was ich Operation Rattenloch nannte. Ihretwegen war Pine gezwungen, zum erstenmal seit Jahren einen Blick auf seinen Kontostand zu werfen. Und
was er sah, veranlaßte ihn zur sofortigen Suche nach neuen Ölfeldern. Wegen der schrecklichen Kosten lehnte ich die
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