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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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zugeschlagen hatte, während sein Feind sich noch als Freund ausgab.
    Trotz seiner hünenhaften Gestalt bewegte Serramanna sich wie eine Katze. Er beobachtete gern, ohne selbst gesehen zu werden, und belauschte Gespräche. So heiß es auch sein mochte, der Sarde trug stets einen metallenen Brustpanzer, und an seinem Gürtel hingen ein Dolch und ein kurzes Schwert, dessen Ende besonders spitz war. Ausgeprägte Falten um die Augenwinkel und ein gezwirbelter Schnurrbart verliehen seinem derben Gesicht ein recht furchterregendes Aussehen, was er sich geschickt zunutze machte.
    Die Offiziere des Berufsheeres, von denen die meisten wohlhabenden Familien entstammten, verabscheuten ihn und fragten sich, warum Ramses einem solchen Flegel die Befehlsgewalt über seine Leibwache anvertraut hatte. Doch darum kümmerte Serramanna sich nicht. Bei allen beliebt zu sein führte zu nichts, und davon wurde man kein erfolgreicher Krieger, der einem guten Herrn zu dienen vermochte.
    Und Ramses war ein guter Herr, der Kapitän eines riesigen Schiffes, das es durch bewegte und gefährliche Wasser zu steuern galt.
    Kurz gesagt, genau das, was ein ehemaliger sardischer Seeräuber sich wünschte, der unerwartet zu Würden gekommen war und sich diese auch zu bewahren gedachte. Sein prächtiges Haus, die lieblichen Ägypterinnen mit Brüsten so rund wie Granatäpfel und das gute Essen genügten ihm nicht, denn nichts befriedigte ihn im selben Maß wie ein blutiger Kampf, bei dem ein Mann erst seinen wahren Wert unter Beweis stellen konnte.
    Die Palastwache wurde dreimal im Monat ausgewechselt, am ersten, am elften und am einundzwanzigsten Tag. Die Soldaten erhielten Wein, Fleisch, süßes Backwerk und Sold in Form von Getreide. Jedesmal, wenn sie abgelöst wurden, musterte Serramanna die neue Riege ganz genau, sah seinen Männern fest in die Augen und wies ihnen ihre Aufgaben zu. Jeder Verstoß gegen die Disziplin, jede Nachlässigkeit wurde mit Stockhieben geahndet und führte dazu, daß der Betreffende sofort ausgeschlossen wurde.
    Langsam schritt der Sarde an den in Reih und Glied angetretenen Soldaten vorüber. Vor einem Blondschopf, der ein wenig aufgeregt wirkte, blieb er stehen.
    «Woher kommst du?»
    «Aus einem Dorf im Delta, Kommandant.»
    «Mit welcher Waffe kämpfst du am liebsten?»
    «Mit dem Schwert.»
    «Da, trink davon, du siehst aus, als wärst du durstig.»
    Er reichte ihm ein Fläschchen Wein, der mit Anis gewürzt war. Der Mann nahm zwei Schluck.
    «Du überwachst den Zugang zu dem Flur, der zu den Amtsräumen des Königs führt, und gewährst während der letzten drei Stunden der Nacht keinem den Zutritt.»
    «Zu Befehl, Kommandant.»
    Serramanna überprüfte die Klingen der blanken Waffen, tadelte da eine schlechte Haltung, zupfte dort eine Uniform zurecht und wechselte noch mit anderen Soldaten einige Worte.
    Dann bezog jeder seinen Posten.
    Der Baumeister des Palastes hatte die Fenster so hoch angeordnet, daß ein ständiger Luftkreislauf entstand, der trotz der warmen Sommernächte die Gänge kühlte.
    Es herrschte Stille.
    Draußen war nur das Quaken verliebter Kröten zu hören.
    Lautlos huschte Serramanna über die Steinplatten in den Flur, der zu Ramses’ Amtszimmer führte. Wie er vermutet hatte, war der Blondschopf nicht auf seinem Posten.
    Anstatt Wache zu halten, mühte er sich mit dem Riegel ab, der die Tür des Arbeitszimmers verschloß. Der Sarde packte ihn am Genick und hob ihn hoch.
    «Du bist wohl ein Grieche, was? Nur ein Grieche kann mit Anis gewürzten Wein trinken, ohne eine Miene zu verziehen. Wer hat dich hergeschickt, Bürschchen? Bist du noch einer von Menelaos’ Leuten, oder gehörst du zu einer neuen Verschwörung? Antworte!»
    Der Blondschopf zappelte ein wenig, gab aber keinen Laut von sich.
    Als Serramanna spürte, wie er schlaff wurde, stellte er ihn wieder auf den Boden, wo er wie eine Stoffpuppe in sich zusammensank. Ohne es zu wollen, hatte der Sarde ihm die Halswirbel gebrochen.
     

SECHZEHN
     
     
    BERICHTE ZU VERFASSEN war nicht Serramannas Stärke. Er begnügte sich damit, den Vorfall Ameni zu schildern. Der schrieb die Einzelheiten auf einen Papyrus und benachrichtigte unverzüglich Ramses. Niemand kannte den Griechen, den man wegen seiner Körperkräfte angeworben hatte. Sein jäher Tod hatte die Möglichkeit vereitelt, mehr über ihn zu erfahren, doch der König tadelte den Sarden nicht, dessen Wachsamkeit sich wieder einmal als unentbehrlich erwiesen hatte.
    Dieses Mal hatte

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