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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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berauschen.»
    Nefertari löste ihr Haar, und Ramses ließ die Träger des Kleides über ihre Schultern gleiten. In der lauen, von Wohlgerüchen erfüllten, stillen Sommernacht vereinigten sie sich.
     

FÜNFZEHN
     
     
    BEIM ERSTEN LICHTSTRAHL erwachte Ramses. Zärtlich streichelte er den Rücken seiner Gemahlin, die noch im Schlummer lag, und küßte ihren Hals. Ohne die Augen zu öffnen, umschlang sie ihn und schmiegte sich eng an seinen kraftvollen Körper.
    «Ich bin glücklich.»
    «Du bist das Glück, Nefertari.»
    «Wir dürfen uns nicht mehr für so lange Zeit trennen.»
    «Das steht nicht in unserer Wahl, weder in deiner noch in meiner.»
    «Werden die Erfordernisse der Macht unser ganzes Leben bestimmen?»
    Ramses drückte sie fest an sich.
    «Du antwortest nicht…»
    «Weil du die Antwort kennst, Nefertari. Du bist die große königliche Gemahlin, ich bin der Pharao. Dieser Tatsache können wir nicht entrinnen, nicht einmal in unseren geheimsten Träumen.»
    Ramses erhob sich, trat ans Fenster und sah auf die unter der Sommersonne grünende Landschaft hinaus.
    «Ich liebe dich, Nefertari, aber ich bin auch der Gemahl Ägyptens. Ich muß den Boden dieses Landes fruchtbar machen und es gedeihen lassen. Wenn seine Stimme mich ruft, habe ich nicht das Recht, meine Ohren zu verschließen.»
    «Ist noch so viel zu vollbringen?»
    «Ich dachte, ich würde über ein friedliches Land zu herrschen haben, und vergaß dabei, daß es von Menschen bewohnt wird. Ihnen genügen wenige Wochen, um das Gesetz der Maat zu brechen und das Werk meines Vaters und seiner Ahnen zu zerstören. Die Harmonie ist das empfindlichste aller kostbaren Güter. Wenn ich in meiner Wachsamkeit nachlasse, ergreifen Unheil und Finsternis von diesem Land Besitz.»
    Nefertari erhob sich ebenfalls. Nackt schmiegte sie sich an ihn. Allein an der Berührung ihres nach Salbölen duftenden Körpers spürte er, daß das Seelenbündnis, das zwischen ihnen bestand, vollkommen war.
    Da klopfte jemand hastig an die Tür des Gemachs. Sie wurde aufgerissen und gab den Weg frei für einen ganz und gar zerzausten Ameni, der sich abwandte, als er der Königin gewahr wurde.
    «Die Lage ist bedenklich, Ramses, sehr bedenklich.»
    «So sehr, daß du mich zu dieser frühen Stunde behelligst?»
    «Komm mit, wir dürfen keinen Augenblick verlieren.»
    «Läßt du mir nicht einmal die Zeit, mich zu waschen und das Morgenmahl zu verzehren?»
    «Heute nicht.»
    Ramses nahm Amenis Meinung ernst, vor allem dann, wenn der junge Schreiber, der für gewöhnlich Herr seiner selbst war, den Gleichmut verlor.
    Der König lenkte eigenhändig den von zwei Pferden gezogenen Streitwagen, dem ein weiterer Wagen mit Serramanna und einem Bogenschützen folgte. Obwohl die Geschwindigkeit Ameni Unbehagen bereitete, freute er sich doch über die Eile, die Ramses an den Tag legte. Sie hielten vor einem der Tore in der Umfassungsmauer von Karnak, stiegen vom Wagen und lasen die Inschrift auf einer Stele. Jeder, der des Weges kam und des Lesens kundig war, konnte diese Schriftzeichen entziffern.
    «Sieh dir das an», forderte Ameni seinen Freund auf. «Sieh dir die dritte Zeile an!»
    Das Schriftzeichen, das für den Begriff Geburt stand und ausdrücken sollte, daß Ramses «der Sohn» des Lichts sei, war unzulänglich gemeißelt worden. Damit verlor es seinen magischen Schutz und fügte der dem Pharao innewohnenden Kraft Schaden zu.
    «Ich bin der Sache nachgegangen», beteuerte Ameni äußerst aufgebracht. «Der gleiche Fehler wiederholt sich, für jeden sichtbar, auf allen Sockeln der Statuen und auf Stelen. Das läßt auf feindliche Gesinnung schließen, Ramses!»
    «Und wer steckt dahinter?»
    «Der Oberpriester des Amun und seine Steinmetze. Ihnen obliegt es, diese Hieroglyphen einzumeißeln, die von deiner Krönung künden. Hättest du es nicht selbst gesehen, hättest du mir nicht geglaubt.»
    Obgleich der wesentliche Sinn der Inschrift dadurch nicht verändert wurde, war die Sache wirklich ernst.
    «Rufe die Steinmetze zusammen», befahl Ramses, «und lasse sie die Schriftzeichen ausbessern!»
    «Stellst du die Schuldigen nicht vor Gericht?»
    «Sie haben nur ihren Anweisungen gehorcht.»
    «Der Oberpriester des Amun ist erkrankt, deshalb hat er dir auch nicht huldigen können.»
    «Hast du etwa Beweise, die gegen diesen einflußreichen Mann sprechen?»
    «Sein Verschulden ist doch offenkundig.»
    «Hüte dich vor dem Augenschein, Ameni!»
    «Soll er unbestraft bleiben? So

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