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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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der Angriff nicht dem Leben des Pharaos gegolten, sondern seinem Arbeitszimmer, also Staatsgeschäften. Was mochte man hier gesucht haben, wenn nicht vertrauliche Schriftstücke oder Aufschlüsse über die Art und Weise, in der er das Land zu regieren beabsichtigte?
    Hinter dem Mordanschlag des Menelaos hatte nichts anderes als Rache gesteckt. Dieser verhinderte Einbruch war indes viel schwerer zu durchschauen. Wer hatte den Griechen ausgesandt? Wer lauerte im Hintergrund und wollte die Pläne des Herrschers durchkreuzen? Gewiß, da gab es immer noch Chenar, den Bruder, der sich um die Macht betrogen wähnte und sich seit der Krönung unauffällig und still verhielt. Entfaltete er hinter dieser Maske nicht einen heimlichen Tatendrang, dem er sich mit viel größerem Geschick hingab als in der Vergangenheit?
    Romet verneigte sich vor dem König.
    «Majestät, dein Besucher ist eingetroffen.»
    «Führe ihn in den Gartenpavillon.»
    Ramses war mit einem schlichten weißen Schurz bekleidet und trug nur ein einziges Schmuckstück: einen goldenen Armreif am rechten Handgelenk. Er sammelte sich einen Augenblick, denn er war sich der Bedeutung dieser Unterredung bewußt, die großen Einfluß auf das Schicksal Ägyptens haben würde.
    Im Garten, im Schatten einer Weide, hatte der König einen anmutigen hölzernen Pavillon errichten lassen. Auf einem niedrigen Tisch schimmerten blaue Weintrauben zwischen frischen Feigen, und in Schalen stand leichtes, bekömmliches Bier bereit, ein bei Hitze vortreffliches Getränk.
    Der Oberpriester des Amun saß in einem bequemen, mit prall gefüllten Kissen ausgepolsterten Sessel, vor dem ein niedriger Schemel dazu einlud, die Füße hochzulegen. Seine vornehme Perücke, das Leinengewand, der breite Halskragen aus Perlen und Lapislazuli, der seine Brust bedeckte, und die silbernen Armreife verliehen ihm ein überaus würdiges Aussehen.
    Als er den Herrscher erblickte, stand der Oberpriester auf und verneigte sich.
    «Behagt dir dieser Ort?»
    «Ich danke Majestät, ihn gewählt zu haben, er ist meiner Gesundheit zuträglich.»
    «Wie schreitet sie voran?»
    «Ich bin kein junger Mann mehr. Dies hinzunehmen fällt mir am schwersten.»
    «Ich hatte schon die Hoffnung aufgegeben, dich noch zu sehen.»
    «Dazu bestand kein Grund, Majestät. Zum einen vermochte ich eine Zeitlang mein Gemach nicht zu verlassen, zum anderen hatte ich gehofft, in Begleitung der Wesire des Südens und des Nordens und des Vizekönigs von Nubien vor dir erscheinen zu können.»
    «Welch erlesene Abordnung! Haben sie deinen Vorschlag zurückgewiesen?»
    «Zunächst nicht, dann aber doch.»
    «Weshalb haben sie sich anders besonnen?»
    «Es sind hohe Beamte… Sie scheuten sich davor, Majestät verdrießlich zu stimmen. Gleichwohl beklage ich ihre Abwesenheit, die das Gewicht meiner Worte zu schmälern droht.»
    «Sofern deine Worte aufrichtig sind, hast du nichts zu befürchten.»
    «Wirst du sie auch für aufrichtig halten?»
    «Das werde ich als Diener der Maat entscheiden.»
    «Ich bin beunruhigt, Majestät.»
    «Kann ich dir helfen, diese Besorgnis zu zerstreuen?»
    «Du hast ein Verzeichnis der Besitztümer von Karnak angefordert.»
    «Und habe es auch erhalten.»
    «Was schließt du daraus?»
    «Daß du ein bemerkenswerter Verwalter bist.»
    «Ist das ein Tadel?»
    «Gewiß nicht. Haben unsere Ahnen uns nicht gelehrt, daß eine zufriedene Priesterschaft das Wohlergehen eines ganzen Volkes mit sich bringt? Der Pharao bereichert Karnak, und du läßt diese Reichtümer weiter gedeihen.»
    «In deiner Stimme schwingt dennoch ein Tadel mit.»
    «Nur Verwunderung, sonst nichts. Wollen wir jetzt deiner Besorgnis auf den Grund gehen?»
    «Man munkelt, der Ruhm und der Reichtum Karnaks erwecken Majestäts Argwohn und du wünschst deine Gunst auf andere Tempel zu verteilen.»
    «Wer behauptet das?»
    «Es sind Gerüchte…»
    «Solltest du denen Bedeutung beimessen?»
    «Kann man sie noch außer acht lassen, wenn sie sich hartnäckig halten?»
    «Und wie denkst du selbst darüber?»
    «Daß Majestät gut beraten wäre, an den bestehenden Verhältnissen nichts zu ändern. Wäre es nicht weise, der Politik deines Vaters nachzueifern?»
    «Seine Herrschaft war leider zu kurz, um alle nötigen Veränderungen durchzuführen.»
    «Karnak bedarf keinerlei Veränderung.»
    «Dieser Meinung bin ich nicht.»
    «Dann war meine Besorgnis also berechtigt.»
    «Sollte meine es auch sein?»
    «Ich… ich verstehe nicht ganz.»
    «Ist

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