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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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den Streitenden.
    «Was geht hier vor?»
    Die Wachen traten beiseite, und der König erblickte Iset, die Schöne. Sie sah bezaubernd aus, so anmutig.
    «Majestät!» rief sie. «Ich flehe dich an, gestatte mir, mit dir zu sprechen!»
    «Wer verbietet es dir?»
    «Deine Ordnungshüter, deine Wachsoldaten, dein Oberster Schreiber, dein…»
    «Komm mit!»
    Hinter seiner Mutter versteckt, lugte ein kleiner Junge hervor.
    «Ich bringe dir deinen Sohn, Ramses.»
    «Kha!»
    Ramses bückte sich und hob das Kind hoch. Vor Schreck begann der Kleine zu weinen.
    «Er ist sehr scheu», erklärte Iset.
    Der König setzte sich seinen Sohn auf die Schultern. Sehr schnell verflog Khas Angst, und er fing an zu lachen.
    «Vier Jahre… Mein Sohn ist vier Jahre alt. Ist sein Erzieher mit ihm zufrieden?»
    «Er hält ihn für zu ernst. Kha spielt wenig und ist nur darauf aus, Hieroglyphen zu entziffern. Er erkennt bereits viele Wörter, und manche kann er sogar schon schreiben.»
    «Dann wird er früher Schreiber sein als ich. Komm, erfrische dich. Ich lehre ihn inzwischen schwimmen.»
    «Ist sie… ist Nefertari auch da?»
    «Selbstverständlich.»
    «Warum mußte ich erst an die zehn Mal den Palast belagern? Warum hältst du mich von dir fern wie eine Fremde? Ohne mich wärst du bereits tot.»
    «Was meinst du damit?»
    Iset, die Schöne, senkte den Kopf.
    «Ich gebe zu, daß ich in mancher gramerfüllten Nacht unter meiner Einsamkeit litt. Aber ich habe nie aufgehört, dich zu lieben, und ich habe mich geweigert, mich mit einem aus deiner eigenen Familie zu verbünden, der beschlossen hatte, dich ins Verderben zu stürzen. Doch all das habe ich dir ja geschrieben.»
    «Ich habe keine Nachricht von dir erhalten.»
    Iset wurde bleich.
    «Dann dachtest du wohl, ich gehöre auch zu deinen Feinden?»
    «Hatte ich damit nicht recht?»
    «Nein, das hattest du nicht. Beim Namen des Pharaos schwöre ich, daß ich dich nie verraten habe!»
    «Weshalb sollte ich dir glauben?»
    Sie klammerte sich an Ramses’ Arm.
    «Wie könnte ich dich je belügen?»
    Da erblickte Iset die Königin.
    Nefertaris Schönheit verschlug ihr den Atem. Nicht allein die vollkommene Harmonie ihrer Formen war bezaubernd, sondern auch der Glanz, der von ihr ausging, entzückte das Auge und entwaffnete jede Kritik. Sie war unbestritten die große königliche Gemahlin, mit der sich keine andere zu messen vermochte.
    In Isets Herz regte sich dennoch keinerlei Eifersucht. Nefertari strahlte wie ein Sommerhimmel. Sie war eine erhabene Erscheinung, die jedem Achtung einflößte.
    «Iset! Ich freue mich, dich zu sehen.»
    Ramses’ Nebengemahlin verneigte sich tief.
    «Aber nein, ich bitte dich… Komm, nimm ein Bad, es ist so heiß heute!»
    Diesen Empfang hatte Iset nicht erwartet. So verblüfft sie auch war, konnte sie dieser Einladung doch nicht widerstehen, sondern entkleidete sich und tauchte, nackt wie Nefertari, in das blaue Wasser des Beckens.
    Ramses beobachtete die zwei Frauen, die er liebte. Wie vermochte ein Mann so unterschiedliche und dennoch tiefe, aufrichtige Gefühle zu hegen? Nefertari war die große Liebe seines Lebens, ein außergewöhnliches Geschöpf, eine wahre Königin. Weder die Prüfungen, die ihnen das Schicksal auferlegte, noch der Lauf der Zeit würden jemals die leidenschaftliche Zuneigung, die sie füreinander empfanden, abkühlen können. Iset, die Schöne, erfüllte ihn indes mit Begierde, sie verhieß ihm Sorglosigkeit, Anmut, einen Taumel der Sinne. Dennoch hatte sie ihn belogen, sich an der Verschwörung gegen ihn beteiligt, so daß ihm keine andere Wahl blieb, als sie zu bestrafen.
    «Ist das wahr, daß ich dein Sohn bin?» fragte Kha mit dünnern Stimmchen.
    «Ja, das ist wahr.»
    «Die Hieroglyphe für ‹Sohn› ist eine Ente.»
    «Kannst du sie schon zeichnen?»
    Sehr ernst malte der Kleine mit der Spitze des Zeigefingers eine recht gelungene Ente in den Sand.
    «Weißt du auch schon, wie man Pharao schreibt?»
    Kha malte den Grundriß eines Hauses und daneben eine Säule.
    «Das Haus bedeutet, daß in ihm etwas geschützt wird, und die Säule ist das Zeichen für ‹groß›. Das Wort Pharao bedeutet also ‹großes Haus›. Weißt du, warum man mich so nennt?»
    «Weil du größer bist als alle anderen und in einem sehr großen Haus wohnst.»
    «Du hast recht, mein Sohn, dieses Haus, in dem ich wohne, ist ganz Ägypten, und jeder, der in diesem Land lebt, soll in ihm seinen eigenen Platz finden.»
    «Erklärst du mir noch mehr

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