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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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ich dir zu… An wen denkst du?»
    «An meinen Freund Acha. Er ist mit Leib und Seele Gesandter.»
    «Das bedeutet gewissermaßen Freiheit unter Aufsicht.»
    «Gedeihliche Zusammenarbeit, hoffe ich.»
    «Wenn dies dein Wille ist…»
    «Trefft einander so schnell wie möglich, und legt mir eure genauen Pläne vor.»
    Als Chenar den Palast verließ, vermochte er seine Freude nur mit großer Mühe zu zügeln.
    Ramses hatte sich wie erwartet verhalten.
     

NEUNZEHN
     
     
    DOLENTE, RAMSES’ SCHWESTER, warf sich zu Boden und küßte die Füße des Königs.
    «Vergib mir, ich flehe dich an, und vergib meinem Gemahl!»
    «Steh auf, du machst dich lächerlich.»
    Dolente ergriff zwar die ausgestreckte Hand ihres Bruders, wagte jedoch nicht, ihm in die Augen zu blicken. Die hochgewachsene Dolente erweckte einen müden, verstörten Eindruck.
    «Vergib uns, Ramses, wir haben uns benommen, als wären wir von Sinnen!»
    «Ihr wolltet meinen Tod. Dein Gemahl hat sich schon zweimal an einer Verschwörung gegen mich beteiligt, obgleich er einst mein Erzieher war.»
    «Er hat schwere Schuld auf sich geladen, und ich auch, doch wir sind verführt worden.»
    «Von wem, teure Schwester?»
    «Vom Oberpriester in Karnak. Ihm war es gelungen, uns einzureden, du würdest ein schlechter König werden und das Land in einen Bürgerkrieg stürzen.»
    «Ihr hattet also kein Vertrauen zu mir.»
    «Sary, mein Gemahl, sah in dir einen Hitzkopf, der nicht imstande sein würde, seine kriegerischen Neigungen im Zaum zu halten. Er bedauert seine Verfehlungen… Und wie er sie bedauert!»
    «Hat unser Bruder Chenar nicht auch versucht, euch etwas Ähnliches einzureden?»
    «Nein», log Dolente. «Auf ihn hätten wir hören sollen. Seit er sich ohne jeden Vorbehalt mit der Entscheidung unseres Vaters abgefunden hat, betrachtet er sich als einen deiner Untertanen und strebt nur noch danach, in einem seinen Fähigkeiten gemäßen Amt Ägypten zu dienen.»
    «Warum ist dein Gemahl nicht mit dir gekommen?»
    Dolente senkte den Kopf.
    «Er fürchtet den Zorn des Pharaos zu sehr.»
    «Du hast großes Glück, teure Schwester. Unsere Mutter und Nefertari sind mit allem Nachdruck dafür eingetreten, dir eine harte Strafe zu erlassen. Sethos zu Ehren wünschen beide, die Einheit unserer Familie zu bewahren.»
    «Du… du vergibst mir?»
    «Ich ernenne dich zur Ehrenvorsteherin des Harims von Theben. Das ist ein schönes Amt, und es wird dir wenig Mühe bereiten. Verhalte dich also hübsch unauffällig, kleine Schwester!»
    «Und… mein Gemahl?»
    «Ihn ernenne ich zum Aufseher über die Ziegelmacher bei den Bauarbeiten von Karnak. Dabei kann er sich als nützlich erweisen und lernen, etwas aufzubauen, anstatt zu zerstören.»
    «Aber… Sary ist Erzieher, ein Schreiber, er versteht sich nicht darauf, seine Hände zu gebrauchen!»
    «Das steht im Gegensatz zu den Lehren unserer Väter: Wenn Hand und Geist sich nicht zu einem Werk vereinen, verdirbt der Mensch. Beeilt euch, eure neuen Ämter zu übernehmen. Es fehlt nicht an Arbeit.»
    Seufzend zog Dolente sich zurück. Wie Chenar es vorhergesagt hatte, waren sie und Sary dem Schlimmsten entronnen. Zu Beginn seiner Herrschaft und unter dem Einfluß seiner Mutter und seiner Gemahlin zeigte Ramses sich lieber nachsichtig als unversöhnlich.
    Arbeiten zu müssen war eine echte Strafe, aber milder als eine Verbannung in die Oasen oder die fernen Gefilde Nubiens. Sary, dem die Todesstrafe gedroht hatte, konnte zufrieden sein, selbst wenn die ihm zugewiesene Arbeit keineswegs rühmlich war.
    Diese Demütigungen würden nicht lange währen. Mit ihren Lügen hatte Dolente die Ehrbarkeit Chenars wiederhergestellt und ihm den glaubwürdigen Anschein eines gehorsamen, ehrerbietigen Bruders verliehen. Von tausenderlei Sorgen in Anspruch genommen, würde Ramses am Ende meinen, seine Feinde von gestern, zu denen sein Bruder und seine Schwester gezählt hatten, begnügten sich mit ihrem niedrigen Rang und hätten nichts anderes mehr im Sinn, als ein ruhiges Leben zu führen.
    Mit Freuden kehrte Moses in die Säulenhalle von Karnak zurück. Nach dem Ende der Trauerzeit hatte Ramses entschieden, die Arbeit wiederaufnehmen zu lassen, um das riesige, von seinem Vater begonnene Werk zu vollenden. Der junge Hebräer mit dem üppigen Haar und dem dichten Bart hatte breite Schultern, einen kräftigen Oberkörper sowie scharf ausgeprägte Gesichtszüge, und er genoß die Achtung und Zuneigung der Steinmetze und Hieroglyphenschneider

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