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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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einen schöneren Traum, als an der Errichtung eines Bauwerks wie diesem teilzuhaben?»
    «Ein Traum? Diese Hitze, dieser Staub, der Schweiß der Männer, die riesigen Steine, die unendliche Mühsal, der Lärm der Werkzeuge, der Umgang mit ungebildeten Arbeitern und des Lesens unkundigen Handlangern? Du meinst wohl, ein Alptraum! Du vergeudest deine Zeit, mein armer Moses.»
    «Man hat mir eine Aufgabe anvertraut, und die erfülle ich.»
    «Eine schöne, edle Gesinnung! Wenn dich erst die Langeweile überkommt, wird sich das ändern.»
    «Hast du nicht auch eine Aufgabe zu erfüllen?»
    Ein fratzenhaftes Lachen verzerrte das Gesicht des ehemaligen Erziehers.
    «Die Aufsicht über Ziegelmacher führen… Ich wüßte nichts Erhebenderes!»
    «Sie sind ausdauernde Männer und nicht minder achtbar als faule, zu üppig genährte Schreiber.»
    «Du führst sonderbare Reden, Moses. Solltest du dich gegen die festgefügte Ordnung unseres Gemeinwesens auflehnen?»
    «Nur gegen deine Verachtung für Menschen.»
    «Willst du mir etwa Moral predigen?»
    «Ich habe die Arbeitszeiten festgesetzt, für die Ziegelmacher ebenso wie für die anderen. Sie sollten eingehalten werden.»
    «Ich treffe meine eigenen Entscheidungen.»
    «Die stehen meinen entgegen. Du hast dich zu beugen, Sary.»
    «Ich weigere mich.»
    «Wie es dir behebt. Dann werde ich diese Weigerung dem Baumeister melden. Er wird den Wesir davon in Kenntnis setzen, und der wird sich an Ramses wenden.»
    «Ist das eine Drohung?»
    «Nur das übliche Verfahren bei Ungehorsam auf einer Baustätte des Königs.»
    «Es bereitet dir wohl Freude, mich zu demütigen.»
    «Ich habe kein anderes Ziel, als beim Bau dieses Tempels mitzuwirken, den keiner behindern darf.»
    «Du spottest meiner.»
    «Heute sind wir Arbeitsgenossen, Sary. Es ist das beste, wenn wir unsere Bemühungen in Einklang bringen.»
    «Ramses wird dich ebenso im Stich lassen, wie er mich verstoßen hat.»
    «Weise deine Ziegelmacher an, die nötige Sorgfalt walten zu lassen, gewähre ihnen die vorgeschriebene Mittagsruhe und versäume nicht, ihnen so viel Wasser zuzuteilen, wie sie haben möchten.»
     

ZWANZIG
     
     
    DER WEIN WAR von außerordentlicher Güte, das Rindfleisch wohlschmeckend und das Bohnenmus scharf gewürzt. «Man mag von Chenar halten, was man will», dachte Meba, «doch er versteht sich darauf, Gäste zu bewirten.»
    «Mundet dir das Mahl?» erkundigte sich Ramses’ älterer Bruder.
    «Lieber Freund, es ist vortrefflich! Du hast die besten Köche Ägyptens.»
    Der elegante Mann um die Sechzig, der nach vielen Jahren als Oberster Gesandter mit allen Schlichen seiner Kunst vertraut war, hatte diese Antwort ehrlich gemeint. Chenar geizte nicht mit den erlesenen Köstlichkeiten, die er seinen Gästen auftischen ließ.
    «Erscheint dir die Art und Weise, wie der König die Geschicke des Staates lenkt, nicht ein wenig undurchschaubar?» fragte Meba.
    «Es ist nicht leicht, diesen Mann zu verstehen.»
    Der sanfte Tadel erfreute den Gesandten, dessen breites und zumeist Beruhigung ausstrahlendes Gesicht ungewohnte Anzeichen von Erregtheit erkennen ließ. Der sonst überaus zurückhaltende Meba hatte sich bereits gefragt, ob Chenar, um in Frieden zu leben und keine Vergünstigung einzubüßen, nicht etwa ins Lager der Anhänger von Ramses übergelaufen war. Die Worte, die er soeben gesprochen hatte, ließen indes eher das Gegenteil vermuten.
    «Mich befremden diese übereilten Ernennungen ein wenig, die ausgezeichnete Diener des Staates dazu zwingen, aus ihren Ämtern zu scheiden und sich mit untergeordneten Tätigkeiten zufriedenzugeben.»
    «Ich teile deine Ansicht, Meba.»
    «Einen schlichten Gärtner zum Obersten Verwalter der Felder und Haine zu ernennen, welch ein Hohn! Da erhebt sich die Frage, wann Ramses auch meinem Amt den Kampf ansagt.»
    «Genau darüber wollte ich mit dir reden.»
    Meba richtete sich mit einem Ruck auf und zupfte die kostspielige Perücke zurecht, die er das ganze Jahr über trug, selbst bei großer Hitze.
    «Solltest du vertrauliche Kenntnis von etwas haben, was mich betrifft?»
    «Ich werde dir in allen Einzelheiten berichten, was sich zugetragen hat, damit du dir ein klares Urteil über die Lage zu bilden vermagst. Gestern beorderte Ramses mich zu sich. Ein harscher Befehl, der keinen Aufschub duldete. Also ließ ich alles stehen und liegen und begab mich in den Palast, wo er mich länger als eine Stunde warten ließ.»
    «Warst du nicht… besorgt?»
    «Doch, das

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