Der Tempel der Ewigkeit
vermerkt hatte. Sofern ihm die Auskünfte nicht zuverlässig schienen oder auf nicht nachprüfbaren Gerüchten beruhten, wies er den König darauf hin.
«Wie viele Tage und Nächte hast du damit zugebracht, diesen Schatz zusammenzutragen?» fragte Ramses.
«Ich habe sie nicht gezählt. Meine einzige Sorge besteht darin, daß alles, wovon ich dich unterrichte, auch stimmt. Wie könntest du sonst regieren?»
«Schon der erste Blick auf diese Schriftstücke zeigt mir, daß Chenar unzählige überaus wohlhabende und einflußreiche Anhänger hat.»
«Überrascht dich das?»
«In diesem Ausmaß schon.»
«Da kannst du viele Köpfe zum Umdenken bewegen.»
«Du bist recht zuversichtlich.»
«Schließlich bist du der König, und du mußt herrschen. Alles andere ist nur Geschwätz.»
«Ruhst du dich denn niemals aus?»
«Der Tod wird mir reichlich Zeit zum Schlafen bescheren. Solange ich dein Sandalenträger bin, werde ich dir den Weg ebnen. Wie gefällt dir dein neuer Thronsessel für die Reise?»
Es war ein Faltstuhl, der aus einer ledernen, über ein festes Holzgestänge gespannten Sitzfläche und kräftigen Beinen bestand, deren Füße wie Entenköpfe geformt und mit Elfenbein eingelegt waren. Bei offiziellen Zeremonien und Audienzen kam dieser bequeme Sessel dem König sehr zustatten.
«Ich habe alle, die dich begleiten, um für dein Wohlergehen zu sorgen, mit Bedacht ausgewählt», hatte Ameni bereits am ersten Tag beteuert. «Es wird dir während der Reise an nichts fehlen. Die Speisen und Getränke werden von gleicher Güte wie im Palast sein.»
«Bist du immer noch so maßvoll?»
«Zum einen sind die Freuden einer üppigen Tafel einem langen Leben abträglich, und zum anderen bewahrt man sich, wenn man nur wenig trinkt, seine Tatkraft und die Fähigkeit, seine Gedanken zu sammeln. Ich habe die Vorsteher der Städte und Tempel durch Eilboten angewiesen, Gemächer für die Mitglieder unserer Expedition vorzubereiten. Für dich und die Königin steht selbstverständlich überall ein Palast zur Verfügung.»
«Hast du auch daran gedacht, daß Nefertari jetzt besonderer Fürsorge bedarf?»
«Überflüssige Frage. Die Schwangerschaft deiner Gemahlin ist eine Staatsangelegenheit. Ihre Kajüte ist gut durchlüftet, so daß sie sich in aller Ruhe darin entspannen kann. Fünf Ärzte werden einander ablösen, und du erhältst jeden Tag einen Bericht über ihre Gesundheit. Ach, etwas beunruhigt mich noch.»
«Ihretwegen?»
«Nein, es geht um die Anlegestellen. Mir liegen besorgniserregende Nachrichten vor, die besagen, daß einige in schlechtem Zustand sein sollen, aber ich traue ihnen nicht. Meines Erachtens versuchen manche Provinzvorsteher nur, zusätzliche Zuschüsse für die Instandhaltung ihrer Anlagen zu erlangen. Ein bewährtes Mittel, um aus deinem Besuch Nutzen zu ziehen, doch du darfst dich davon nicht beeinflussen lassen. Jeder Amtsinhaber wird danach trachten, soviel wie möglich zu bekommen. Du wirst deine Gaben gerecht verteilen und vor allem das Wohl des Staates im Auge behalten müssen.»
«Wie sind deine Beziehungen zu den Wesiren des Nordens und des Südens?» fragte Ramses seinen Obersten Schreiber.
«Aus ihrer Sicht abscheulich, aus meiner hervorragend. Sie sind gute Beamte, aber zu unentschlossen, und sie leben ständig in der Furcht, abgesetzt zu werden. Behalte sie, denn sie werden dich nicht hintergehen.»
«Ich gedachte…»
«Mich zum Wesir zu ernennen? Nur das nicht! Meine derzeitige Stellung ist für dich von größerem Vorteil. Da kann ich im verborgenen handeln und werde nicht von der Last ungeheurer Verwaltungsaufgaben erdrückt.»
«Wie fühlen sich meine Gäste?»
«Sie sind entzückt, an dieser Reise teilnehmen zu dürfen. Daß Serramanna, der in jedem von ihnen einen Meuchelmörder wittert, sie argwöhnisch belauert und durchsucht, erfreut sie indes weniger. Ich höre mir ihre Klagen an und vergesse sie sogleich wieder. Dieser Sarde erfüllt seine Aufgabe mit größter Wachsamkeit.»
«Du vergißt meinen Löwen und meinen Hund.»
«Sei ohne Sorge, sie werden gut gefüttert und sind deine beste Leibwache.»
«Wie geht es Romet?»
«Er erfreut sich einhelliger Anerkennung. Man möchte schwören, er stehe seit eh und je deinem Hausstand vor, der dank seiner auf das vorzüglichste verwaltet wird. Dein Gefühl hatte dich also nicht getrogen.»
«Trifft das auf Nedjem in gleicher Weise zu?»
«Dem neuer Oberster Verwalter der Felder und Haine nimmt seine Rolle sehr
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