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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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entweder in der neuen Hauptstadt oder anderswo niederlassen und ein Stück Land kaufen konnten. Obendrein gab es einen gut ausgestatteten Gesundheitsdienst, der sich der Kranken annahm und ihnen kostenlose Behandlung zuteil werden ließ. Im Gegensatz zu anderen Baustätten litt Pi-Ramses nicht unter Leuten, die unter dem Vorwand irgendwelcher Leiden nur zusätzliche freie Tage zu erlangen suchten.
    Der König sorgte auch für ihre Sicherheit und ließ mehrere Vorarbeiter ständig darüber wachen. Deshalb waren selbst beim Bau des Amun-Tempels, der aus schweren Granitblöcken errichtet wurde, nur einige Leichtverletzte zu beklagen. Dank eines peinlich genau eingehaltenen Schichtwechsels mußten die Männer nicht bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit gehen. Alle sechs Tage standen ihnen zwei Ruhetage zu, in denen sie sich erholen und neue Kräfte sammeln konnten.
    Nur Moses gönnte sich keine Muße. Er sah überall nach dem Rechten, räumte Zwistigkeiten aus, traf eilige Entscheidungen, teilte bei Bedarf die Mannschaften neu ein, forderte fehlendes Baumaterial an, verfaßte Berichte und schlief nur eine Stunde nach dem Mittagsmahl und drei pro Nacht. Da die hebräischen Ziegelmacher in ihm einen Anführer von außerordentlichem Durchsetzungsvermögen erkannten, gehorchten sie ihm aufs Wort. Noch nie hatten sie einem Mann unterstanden, der so entschieden für ihre Belange eintrat.
    Abner hätte gern mit Moses über Sarys Erpressung gesprochen, befürchtete aber wegen der guten Beziehungen, die der Ägypter zu den Ordnungskräften unterhielt, Vergeltungsmaßnahmen. Falls sie Abner zum Unruhestifter erklärten, würde er des Landes verwiesen und seine Frau und seine Kinder nie mehr wiedersehen. Seit er bezahlt hatte, quälte Sary ihn nicht mehr und gab sich beinahe liebenswürdig. Da das Schlimmste überstanden schien, bewahrte der Hebräer Schweigen und formte die Ziegel mit dem gleichen Eifer wie die anderen.
    An diesem Morgen kam Ramses. Kaum war der Besuch des Herrschers angekündigt worden, da wuschen sich die Hebräer, stutzten ihre Barte, schlangen neue weiße Bänder um ihre Festtagsperücken und stellten die Ziegel in untadeliger Ordnung auf.
    Vom ersten Wagen, der vor der Ziegelmacherei hielt, stieg ein bewaffneter und mit einem Brustpanzer angetaner Hüne, dessen Erscheinung Furcht einflößte. Hatte sich einer der Arbeiter etwas zuschulden kommen lassen und nun eine Strafe zu gewärtigen? Der Aufmarsch von etwa zwanzig Bogenschützen wirkte noch bedrohlicher.
    Wortlos schritt Serramanna die Reihen der wie erstarrt dastehenden und verängstigten Hebräer ab.
    Als der Sarde mit dem Ergebnis seiner Besichtigung zufrieden war, machte er einem Soldaten ein Zeichen, er möge den Weg für den königlichen Wagen freigeben.
    Die Ziegelmacher verneigten sich vor dem Pharao, der einen nach dem anderen mit seinem Namen ansprach und zu seiner Arbeit beglückwünschte. Als er ihnen kundtat, er werde neue Perücken verteilen und Krüge mit weißem Wein aus dem Delta liefern lassen, da brach Freudengeheul los. Was die Arbeiter jedoch am tiefsten bewegte, war die Aufmerksamkeit, die der Herrscher ihren erst vor kurzem geformten Ziegeln widmete. Er hob einige auf und wog sie in der Hand.
    «Tadellos», lobte er. «Ihr bekommt eine Woche lang doppelte Verpflegung und einen zusätzlichen Ruhetag. Wo befindet sich euer Aufseher?» Sary trat vor.
    Ramses’ ehemaliger Erzieher war der einzige, der sich nicht über den Besuch des Herrschers freute. Er, der einst glänzende Lehrer und ehrgeizige Höfling, scheute sich davor, dem König, gegen den er eine Verschwörung angezettelt hatte, wieder unter die Augen zu kommen.
    «Behagen dir deine neuen Aufgaben, Sary?»
    «Ich danke Majestät, daß du sie mir übertragen hast.»
    «Ohne die Fürsprache meiner Mutter und meiner Gemahlin wäre deine Bestrafung härter ausgefallen.»
    «Dessen bin ich mir bewußt, Majestät, und ich versuche, durch mein Verhalten meine Fehler wiedergutzumachen.»
    «Sie sind nicht wiedergutzumachen, Sary.»
    «Die Gewissensbisse zerfressen mein Herz wie Säure.»
    «Das muß aber eine sehr schwache Säure sein, wenn sie dir erlaubt, dein Verbrechen so lange zu überleben.»
    «Darf ich nicht auf Vergebung hoffen, Majestät?»
    «Diesen Begriff kenne ich nicht, Sary. Entweder man lebt innerhalb der Gesetze der Maat oder außerhalb. Du hast die Maat besudelt, und um deine Seele ist es für immer geschehen. Möge Moses keinen Grund zur Klage über dich

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