Der Tempel der vier Winde - 8
Lederanzug über ihre Brust. Sie schloß zwei der Knöpfe, damit er hielt.
»Seinen Gürtel! Ja. Ihr bleibt hier bei Lord Rahl. Ich werde ihn holen.«
»Beeilt Euch!«
Cara erhob sich, noch ein wenig schwankend, fand dann ihr Gleichgewicht wieder und verließ eilig den Raum. Kahlan drückte das tiefschwarze Buch an ihren Körper. Sie beugte sich über Richard. Sein Atem ging sehr schwach. Sie wußte, jeder dieser Atemzüge konnte sein letzter sein. Er hatte ihnen, Kahlan und Cara, seine ganzen Kräfte überlassen.
»Gütige Seelen, helft ihm. Laßt ihm nur noch ein bißchen Zeit. Bitte. Er hat so viel durchgemacht. Bitte, schenkt ihm ein wenig Zeit, bis ich dieses widerwärtige Buch vernichten kann.«
Kahlan beugte sich über ihn und gab ihm einen Kuß auf die Lippen. »Halte durch, Richard. Halte für mich durch, bitte. Falls du mich hören kannst: Ich habe das Buch. Ich weiß jetzt, wie man es vernichten kann. Bitte, halte einfach durch.«
Auf einer sauberen Stelle etwas näher bei der Tür kniete Kahlan nieder und schlug das Buch auf der dritten Seite auf, um bereit zu sein, sobald Cara zurückkehrte.
Sie starrte in das Traumbild einer völlig öden Landschaft. Da war zu Dünen aufgewehter Sand, der sich bis in die Ferne des von dem Buch ausgehenden Trugbildes erstreckte. Kahlan versenkte ihren Blick in diese Ödnis und sah Runen im Sand – zu geometrischen Mustern angeordnete Linien.
Ihr Blick wurde von dem wirbelnden und kreisenden Linienmuster aufgesogen. Dort, in den Runen, war ein Licht. Es leuchtete flackernd in allen Farben daraus hervor und schien sie zu sich zu rufen.
»Mutter Konfessor!« gellte Cara und rüttelte Kahlan an den Schultern. »Habt Ihr mich nicht gehört! Ich habe den Gürtel von Lord Rahl!«
Kahlan schüttelte blinzelnd den Kopf, versuchte ihre Gedanken wieder zu ordnen. Sie riß den Gürtel an sich und löste den Knochenstift, mit der die Lasche der Tasche befestigt war, in der Richard den Zauberersand aufbewahrte. Drinnen fand sie den Lederbeutel mit weißem Sand.
Mit Cara im Rücken, die ihr die Hand auf die Schulter gelegt hatte, warf Kahlan eine Prise weißen Sand in das Buch.
Die Farbe schien zu brodeln und zu kreisen, sich zu überschlagen und in sich zu verschlingen. Kahlan riß den Blick los, suchte ein weiteres Mal in der Tasche und zog den anderen Lederbeutel hervor, in dem sich der schwarze Zauberersand befand. Vorsichtig zog sie das obere Ende mit zwei Fingern auseinander. Sie sah den tiefschwarzen Sand in seinem Innern.
Besorgt hielt Kahlan inne. Da war noch etwas, irgend etwas regte sich ganz hinten in ihrem Verstand.
Die Worte. Nathan hatte gesagt, man müsse die Worte sprechen, die drei Grußformeln, bevor man den schwarzen Sand benutzte. Drei Worte. Bloß, wie lauteten sie?
Sie fielen ihr nicht ein. In Gedanken rannte sie hinter ihnen her, aber immer wieder verschwanden sie hinter einer dunklen Ecke, und sobald sie um dieselbe Ecke bog, waren sie abermals bereits davon. Ihre Gedanken steckten in einem Sumpf aus Angst fest, in dem man nur mühselig stapfend vorwärtskam. Verzweifelt zermarterte sie sich das Hirn, aber die Worte wollten ihr nicht einfallen.
Richard hatte sie sich in die Handfläche geschrieben. Kahlan drehte sich um, wollte sie ihm aus der Hand lesen und erstarrte.
Drefan, der dort, wo er zusammengebrochen war, am Brunnen der Sliph lehnte, hatte das Schwert, indem er sich an einen letzten Lebensnerv klammerte, zum Schlag erhoben. Richard lag in Reichweite unmittelbar vor ihm auf dem Boden. Drefan würde ihn töten.
»Nein!« kreischte Kahlan.
Doch das Schwert senkte sich bereits herab. Ein mattes, irres Lachen wehte durch die Luft.
Kahlan reckte die geballte Faust nach vorn und rief den blauen Blitz herbei, um Richard zu beschützen. Nichts geschah. Man hatte ihr den Zugriff auf ihre Kraft unmöglich gemacht.
Cara hatte sich bereits in Bewegung gesetzt, um sich auf Drefan zu werfen, doch sie war zu weit entfernt. Sie würde es nicht schaffen. Das Schwert hatte halb sein Ziel erreicht.
Ein silbriger Arm senkte sich von oben herab, packte Drefans Arm und hielt ihn fest. Kahlan hielt den Atem an.
Ein weiterer flüssiger Silberarm wand sich um Drefans Kopf. »Atme« , gurrte die Sliph mit einer Stimme, die die Befriedigung bestialischer Lust verhieß, mit einer Stimme, die reine Wonne versprach. »Ich möchte, daß du mich zufriedenstellst. Atme.«
Drefans Brust hob sich, als er die Sliph einatmete.
Er wurde ganz ruhig, hielt die Sliph
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