Der Tempel zu Jerusalem
habe ich es eilig», meinte der schmerbäuchige Würdenträger. «Du
bist besorgt? Warum?»
Elihap
drückte einen zerknitterten Papyrus an die Brust.
«Zeig her.»
«Nein…»
«Es gibt
Geheimnisse, die sind für einen allein zu schwer zu tragen.»
Elihap hatte
so offensichtlich Angst, daß er sich nicht wehrte, als sich der Oberhofmeister
des Papyrus’ bemächtigte.
Er las, wurde
aber nicht schlau daraus.
«Elihap,
benachrichtige auf der Stelle den König.»
Salomo war mit seinen
Vorbereitungen gerade fertig, als sein Schreiber um Audienz bat. Gereizt
willigte er ein.
«Fasse dich
kurz.»
«Majestät… es
handelt sich um einen Bericht…»
«Ist er
wichtig?»
«Ich fürchte
ja.»
«Dann
sprich!»
«Die
Nachforschungen sind zu einem amtlichen Ergebnis gekommen. Jerobeams treue
Leute haben die Einrüstung des ehernen Meeres beschädigt. Sie sind schuld am
Tod von Dutzenden von Arbeitern.»
«Jerobeam…
Dieser Bericht muß geheim bleiben. Falls etwas durchsickert, mache ich dich
dafür verantwortlich.»
Elihap
verbeugte sich.
Salomo und die Königin von Saba
nahmen bei einem üppigen Festmahl, auf dem Nagsara und Meister Hiram fehlten,
den Ehrenplatz ein. Nagsara hatte sich mit hohem Fieber in ihre Gemächer
zurückziehen müssen, und Meister Hiram wollte mit seinen besten Arbeitern die
Gerichtshalle fertigstellen.
«Diese
Mahlzeit ist ein heiliger Akt», sagte Salomo, ehe das Essen aufgetragen wurde.
«Es sei Gott dargeboten, so wie Gott es unserem Vorvater Abraham im
Kastanienhain von Mamre dargeboten hat.»
Karren hatten
Gerste, Weizen, Oliven, Melonen, Feigen, Weintrauben, Granatäpfel, Mandeln,
Pistazien, Brombeeren und Schoten vom Johannisbrotbaum herangebracht. Zu
Bienenhonig, Weintrauben und Datteln gab es Brot und gebratenes Fleisch. Der
Wein, dessen Herstellung Gott Noah verraten hatte, floß in Strömen. Feuriger
Rotwein aus Krügen oder Schläuchen rann in Tonbecher.
Der König schenkte Balkis
seltene Myrrhe aus Dornengewächsen der finsteren Gegend um Ghor, in deren
Einöden die kostbarsten Duftstoffe gewonnen wurden.
Dichter
trugen herrliche Gedichte vor, in denen sie die Schönheit Israels und die
Tugenden seiner Söhne priesen. Salomo befürchtete, daß die Königin von Saba
diesen Augenblick für ihr Rätsel gewählt hatte. Doch Balkis begnügte sich mit
dem Verspeisen der Gerichte und beantwortete die bewundernden Blicke der
Festteilnehmer mit einem Lächeln.
Jerobeam zog die Kapuze
herunter, die seinen Kopf bedeckte. Er hatte sich den Bart abrasiert, die Haare
schwarz gefärbt und die Narbe auf der Stirn mit Farbe übermalt.
«Majestät,
ich habe mich mit meinem Kommen in große Gefahr begeben.»
«Du hast gar
keine andere Wahl gehabt», sagte Nagsara scharf. «Ein Untertan hinterfragt die
Befehle seiner Königin nicht.»
Der Riese
grinste.
«Ich habe
keinen König und keine Königin mehr… Dieser Palast wird mich nie wieder als
Speichellecker zu sehen bekommen.»
«Warum dieser
Groll?»
«Warum diese
heimliche Unterhaltung?»
Nagsara hatte
über Elihap als Mittler den Mann zu sich gerufen, den der königliche Schreiber
bereits für einen Abtrünnigen und Aufwiegler hielt.
In dem Flügel
des Palastes, den die Königin bewohnte, gab es nur noch einen alten Blinden,
der sich die Zeit mit Schlafen vertrieb. Das restliche Gesinde bediente beim
Festmahl.
Die Ägypterin
hatte selbst auch Angst. Jerobeam strahlte die Gewalttätigkeit eines
enttäuschten, halsstarrigen Mannes aus, der in seinem Haß zu allem fähig war.
Doch es gab für sie kein Zurück. Die Flamme hatte endlich gesprochen. Sie
konnte ihr Glück nur durch eine fürchterliche Tat erringen.
«Ich brauche
dich, Jerobeam.»
Der ehemalige
Fronvogt reckte das kantige Kinn. Israels Königin demütigte sich vor ihm.
«Ich höre,
Majestät.»
«Würdest du
gern reich sein?»
«Morgen wird
mich Salomo verhaften. Geld rettet mich auch nicht mehr.»
«Was willst
du dann?»
«Einen von
dir eigenhändig geschriebenen Brief, damit mich dein Vater, der Pharao,
empfängt. Ich kann mein Leben nur retten, wenn ich nach Ägypten fliehe.»
Nagsara griff zu einer
Schreibbinse und verfaßte ein paar Zeilen Hieroglyphen auf sehr teurem Papyrus.
«Dank dieser
Botschaft wird dein Wunsch in Erfüllung gehen.»
«Und welchen
Dienst soll ich dir erweisen?»
Im Blick der Königin
flackerte es beunruhigend.
«Du sollst
die Königin von Saba umbringen.»
Die sieben Silbertrompeten, die
den
Weitere Kostenlose Bücher