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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Vorbild?»
    «Und was ist
dieses Vorbild?»
    «Gibt es ein
besseres als Ägypten?»
    «Dennoch», so
wandte der Pharao ein, «wissen sich unsere beiden Völker nur wenig zu
schätzen.»
    «Die Hebräer
lieben und verabscheuen Ägypten gleichermaßen leidenschaftlich», erläuterte
Salomo. «Ihr König gibt den Ausschlag, zu welcher Seite sich die Waagschale
neigt. Ich habe meine Seite gewählt und weiche nicht mehr davon ab.»
    Siamun war
ein edler Mann mit zarten Zügen und braunen, stets lebhaften Augen. Über große
Körperkraft schien er nicht zu verfügen, doch sein Äußeres konnte auch
täuschen. Siamun war kein unschlüssiger Pharao, sondern ein echter
Staatenlenker. Hinter seinem diplomatischen Auftreten verbarg sich ein starker
Wille, den das kleinste Hindernis aufbringen mußte.
    «Ich habe die
Philister bei Gaza geschlagen», rief ihm der Herr Ägyptens in Erinnerung. «Das
ist ein wichtiger Sieg, aber nicht entscheidend. Die Philister sind
furchterregende Krieger, die bis zum letzten Mann kämpfen. Viele Ägypter sind
gefallen.
    Und ich trage
für sie Verantwortung. Was sie von mir erwarten, ist ein glückliches Leben,
aber nicht, in der Schlacht zu fallen.»
    Die beiden
Herrscher tranken den Weißwein aus dem Delta. Ein bemerkenswerter Jahrgang, der
dem Gaumen schmeichelte. Salomo erkannte allmählich, worauf sein
Gesprächspartner hinauswollte.
    «Der Brief
des israelitischen Königs ist recht eigenartig», fuhr der Pharao fort. «Warum
möchte mein Bruder so viele Streitwagen und Pferde erwerben, wenn nicht für
einen Krieg gegen Ägypten?»
    «Im Gegenteil,
ich will ihn abwenden», berichtigte Salomo. «Israel ist in Gefahr. Wenn sein
Heer stark ist, denken seine Nachbarn an Frieden, nicht an Krieg.»
    «Eine durch
und durch ägyptische Vorstellung, lieber Bruder. Meine ruhmreichen Vorfahren
haben auch nicht anders gedacht. Mein militärisches Vorgehen gegen die
Philister hat keinem anderen Zweck gedient, als ein Exempel zu statuieren. Soll
ich meine Truppen gegen meine Gegner führen oder es dabei bewenden lassen?»
    «Braucht mein Bruder Hilfe?»
fragte Salomo ernst.
    Israels König
wußte sehr wohl, wie unsinnig seine Frage war. Sie überschritt die Grenzen der
Höflichkeit. An der Reaktion des Pharaos würde er seine Ehrlichkeit ermessen
können.
    Siamun
schenkte Wein nach.
    «Ja, lieber
Bruder. Ich brauche dich. Wenn Ägypten und Israel ein Bündnis schließen, wird
es weniger Tod und Not geben. Die Philister sitzen in der Zange und sind
gezwungen, die Waffen niederzulegen. Und dann wird wieder Frieden, fern wie der
liebliche Nordwind, herrschen.»
    Den Vorschlag
des Pharaos anzunehmen hieß, Israels Außenpolitik umzukrempeln, die Hebräer
dazu zu zwingen, diesen beneideten und verabscheuten Nachbarn wie einen vor
allen anderen geliebten Freund anzunehmen. Die Ägypter würden zu Beschützern
Israels werden.
    Salomo setzte
seinen Thron aufs Spiel.
    Der
ägyptische König schwieg und wartete auf Antwort.
    «So einfach
ist die Lage nicht», meinte der israelitische König. «Mein Land wäre selbst mit
Pferden und Streitwagen nicht so mächtig wie Ägypten. Was mir mein Bruder da
vorschlägt, wirft alles über den Haufen und…»
    Siamun
musterte Salomo aufmerksam.
    «Gewiß
erwartet Israels König Sicherheiten vom Pharao Ägyptens.»
    «So ist es»,
entgegnete Salomo. «Sonst wäre Israels König ein argloser Tor. Und den würde
der Pharao verachten.»
    «Ist die Wahrheit
nicht die wichtigste Sicherheit? Israel will in Frieden leben, Ägypten auch.
Wir fürchten uns vor einem libyschen Angriff. Von einem Tag auf den anderen
können die Schakale losgelassen sein. Desgleichen müssen wir unsere Grenzen
nach Osten schützen. Und wenn ich gegen Israel ziehe, kann ich wohl kaum die
Politik verfolgen, die ich für die beste halte. Reichen diese Erklärungen?»
    «Dafür sei
dem Pharao Dank, aber…»
    «Aber es ist
mehr erforderlich, um Salomo zufriedenzustellen!» brauste der Pharao auf. «Kann
er denn Forderungen stellen?»
    Salomo hielt
dem Blick seines Gastgebers stand.
    «Das muß mein
Bruder beurteilen», meinte er gelassen.
    «Ich will
Frieden», bekräftigte der ägyptische König. «Ich wünsche mir sehnlichst, daß
wir ihn gemeinsam schaffen. Mein Bruder soll die Sicherheiten bekommen, die er
haben möchte.»

 
    Kapitel 9
     
     
     
    Kurz
vor dem Morgengrauen verließ Salomo
Davids Palast. An diesem Morgen war ihm das Zeremoniell einerlei, und der
Oberhofmeister hatte sich mit den

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