Der Tempel zu Jerusalem
ihrem fiebrigen Atem!
Salomo vergaß
das Essen. Er entkleidete sie langsam und liebte sie so glühend und zärtlich,
daß sie bebte wie eine Lyra unter den Fingern eines inspirierten Musikanten.
Als Nagsara
gesättigt vom Genuß eingeschlafen war, betrachtete Salomo sie. So nackt,
hingegossen war sie wunderschön trotz des seltsamen Mals an ihrem Hals, dieser
Buchstaben aus dem Jenseits, die sich zum Namen Hiram fügten.
Salomo
schmeckte Asche.
Er konnte
sich nicht belügen.
Er liebte
Nagsara nicht mehr.
Hiram
reagierte zurückhaltend auf die Botschaft der Königin, als diese ihn bat, sich
ihren Empfangssaal anzusehen. Er schlug sich mit Schwierigkeiten beim Transport
der Materialien herum, die aus den Steinbrüchen kamen, und hatte wenig Lust,
sich die Launen einer Herrscherin anzuhören. Seit ihrem Einzug klagte sie über
die schlechte Qualität gewisser Vertäfelungen und das Fehlen eines
Sprossensessels. Hiram war zwar verärgert, prüfte die Angelegenheit dennoch
aufmerksam.
«Majestät,
machst du dich über mich lustig? Ich kann keinen Fehler feststellen.»
«Und du, Meister Hiram, warum
lügst du mich an?»
Der
Beschuldigte blickte wütend.
«Niemand darf
mich so beleidigen. Dein Rang berechtigt dich nicht zu Ungerechtigkeit.»
«Wenn du
genauso unschuldig bist, wie du vorgibst, dann erkläre mir doch, warum der Plan
dieses Palastes dem von Tanis gleicht, warum die verwendeten Techniken denen
der ägyptischen Baumeister so sehr ähneln, warum ich innerhalb dieser Mauern
das Gefühl habe, in meiner Heimat zu sein?»
Hiram hielt
Nagsaras Blick stand, schwieg aber beharrlich.
«Du hast mir
zweimal das Leben gerettet, und ich weiß nicht einmal, wer du bist. Du
behauptest, du stammst aus Tyros, was ich bezweifeln möchte. Du hast in Ägypten
gelebt. Alles an dir erinnert mich an die Baumeister meines Vaters, allesamt
Männer mit hocherhobenem Haupt und ernster Miene, die zuweilen nicht von dieser
Welt waren. Gestehe, ich befehle es.»
Hiram
verschränkte die Arme.
«Jetzt
verstehe ich endlich, warum dein Name in mein Fleisch gebrannt ist. Wir gehören
derselben Rasse an, wir sind im selben Land geboren. Du bist wie ich ein
Verbannter. Die Götter befehlen mir, mich dir zu nähern, als wärst du der
Schlüssel zu meinem Glück. Aber ich liebe Salomo… Er allein ist mein Leben. Ich
möchte diese Inschrift zerstören, die unsere Geschicke verbindet, Meister
Hiram! Ich hasse sie, und dich verabscheue ich. Es bleibt nur eine Lösung, wenn
ich diesen Bann aufheben will, der Salomo daran hindert, mich noch
leidenschaftlicher zu lieben: Du mußt gehen. Verlasse Israel. Der Palast ist
fertig. Du hast deinen Vertrag erfüllt. Wenn du fern von hier bist, wird dein
Name auf meinem Hals verblassen. Meine Haut wird rein sein. Du bist ein böser
Geist, der mein Glück zerstört. Geh, bitte. Geh, und ich schweige über das, was
ich entdeckt habe.»
«Ich habe
nichts zu befürchten, falls du es bekanntmachst», erklärte der Baumeister. «Du
bist krank im Kopf. Ich habe geschworen, einen Tempel zu bauen, und ich halte
Wort. Und jetzt gehe ich.»
«Wieviel Zeit noch…»
«Mehrere
Jahre.»
«Das geht
nicht! Der Zauberbann wird Salomos Liebe töten!»
Nagsara warf
sich Hiram zu Füßen.
«Ich flehe
dich an… laß mich nicht länger leiden. Kehre in dein Land zurück.»
Hiram hob die
Königin auf.
«Majestät, ein gegebenes Wort
kann man nicht zurücknehmen.»
«Du begreifst noch immer
nicht… Dieses Mal, dein Name… ich ertrage es nicht länger!»
Der
Baumeister kehrte Nagsara den Rücken. So sah er nicht, daß sie einen Dolch
zückte und sich auf ihn stürzte, doch er witterte die Gefahr wie ein wildes
Tier.
Er wehrte den
Angriff mit dem Unterarm ab und lenkte den Dolch in eine andere Richtung.
Nagsara ließ
ihn fallen und trat ein paar Schritte zurück.
«Verlasse
Jerusalem, sonst bringe ich dich um», bekräftigte sie.
Seit etlichen
Tagen und Nächten fegte ein winterlicher Wind über den Felsen. Das königliche
Paar wohnte trotzdem in seinem neuen Palast, der gerade mit Fayencen geschmückt
wurde. Kohlebecken verbreiteten eine angenehme Wärme.
Dem Wind
folgten heftige Regenfälle. Der Boden wurde schlüpfrig, und das überrumpelte
die Viehzüchter, die es gewohnt waren, ihre Herden oben auf den Hügeln weiden
zu lassen. Wilde Fluten ergossen sich durch Gebirgsbäche und Wadis und stürzten
die Hänge hinunter.
Eine
Flutwelle ergriff das Zeltlager der Bauarbeiter, die in Jerusalem wohnten,
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