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Der Tempel

Der Tempel

Titel: Der Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Reilly
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Name ist Alberto Santiago und dies ist meine Geschichte …

Erste Lektüre

    Am ersten Tag des neunten Monats im Jahre des Herrn 1535 wurde ich ein Verräter an meinem Land.
    Der Grund: Ich half einem Mann aus einem Gefängnis meiner Landsleute zur Flucht.
    Sein Name war Renco Capac und er behauptete, ein Inkaprinz zu sein, der jüngere Bruder ihres obersten Herrschers, Manco Capac, der Mann, den man den »Sapa Inka« nannte.
    Renco war ein gut aussehender Mann mit glatter, olivfarbener Haut und langem schwarzem Haar. Sein charakteristischstes Merkmal jedoch war ein auffälliges Muttermal direkt unterhalb des linken Auges. Es sah aus wie ein umgekehrter Berg, ein fransiges Dreieck aus brauner Haut auf seiner ansonsten glatten Haut.
    Ich begegnete Renco zum ersten Mal an Bord der San Vincente , einer Gefängnishulk, die draußen inmitten des Urubambaflusses lag, zehn Meilen nördlich der Inkahauptstadt Cusco.
    Die San Vincente war die dreckigste aller Gefängnishulks, die in den Flüssen von Neu-Hispanien vor Anker lagen – eine alte, hölzerne, für den Ozean nicht mehr geeignete Galeone, die nur zu dem Zweck entmastet und über Land gezogen worden war, feindliche oder gefährliche Indios aufzunehmen.
    Bewaffnet wie gewöhnlich mit meiner kostbaren ledergebundenen Bibel – einer dreihundert Seiten starken, handgeschriebenen Version des prächtigen Buches, einem Geschenk meiner Eltern zu meinem Eintritt in den heiligen Orden –, war ich zu der Gefängnishulk gekommen, um diese Heiden das Wort unseres Herrn zu lehren.
    In dieser Stellung als Priester unseres Glaubens bin ich dem jungen Prinzen Renco begegnet. Anders als die meisten übrigen Männer in dieser erbärmlichen Hulk – dreckige, hässliche Schufte, die aufgrund der beschämenden Bedingungen, die ihnen meine Landsleute auferlegt hatten, mehr wie Hunde denn wie Menschen aussahen –, war er sehr beredsam und wohlerzogen. Er besaß auch eine einzigartige Sensibilität, wie ich sie seitdem bei keinem anderen Menschen mehr erlebt habe. In seinen Augen lagen eine Sanftmut, ein Verständnis, die mir tief in die Seele drangen.
    Außerdem war er von beträchtlicher Intelligenz. Meine Landsleute waren erst drei Jahre in Neu-Hispanien und er beherrschte bereits unsere Sprache. Er war auch begierig, etwas über meinen Glauben zu erfahren und mein Volk auf unsere Weise zu verstehen, und ich war glücklich, ihn dies lehren zu können. Wie dem auch sei, wir wurden bald Freunde und ich besuchte ihn oft.
    Dann, eines Tages, erzählte er mir von seiner Mission.
    Ehe er gefangen genommen worden war, sagte der Prinz, hatte er den Auftrag, nach Cusco zu reisen und ein bestimmtes Götzenbild zu holen. Kein gewöhnliches Götzenbild, weiß Gott nicht, sondern ein höchst verehrtes, vielleicht das meistverehrte Götzenbild dieser Indios. Ein Götzenbild, von dem es hieß, es verkörpere ihren Geist.
    Aber Renco war auf dem Weg nach Cusco angegriffen und gefangen genommen worden – er war in einen Hinterhalt geraten, den der Gouverneur mit Hilfe der Chancas gelegt hatte, einem äußerst feindseligen Stamm aus den nördlichen Dschungeln, der vom Volk der Inka gegen seinen Willen unterworfen worden war.
    Wie viele andere Stämme aus dieser Region sahen die Chancas in der Ankunft meiner Landsleute ein Mittel, das Joch der Tyrannei der Inka abzuschütteln. Sie waren rasch bei der Hand, dem Gouverneur ihre Dienste als Informanten und Führer anzubieten, wofür sie im Gegenzug Musketen und metallene Schwerter erhielten, denn die Stämme Neu-Hispaniens hatten keine Vorstellung von Bronze oder Eisen.
    Während Renco mir von seiner Mission und seiner Gefangennahme durch die Truppen des Gouverneurs erzählte, erblickte ich über seine Schulter hinweg einen Stammesangehörigen der Chancas, der ebenfalls auf der San Vincente gefangen gehalten wurde.
    Sein Name war Castino, ein hässlicher, brutaler Mann. Groß und behaart, bärtig und ungewaschen, hätte er sich nicht mehr von dem jungen, sich präzise ausdrückenden Renco unterscheiden können. Er war äußerst widerwärtig, eine erschreckende menschliche Gestalt, und ich verfluchte mein Geschick, dass mein Auge ihn zu sehen bekam. Ein geschärftes weißes Knochenstück war ihm durch die Haut der linken Wange gebohrt, das charakteristische Zeichen der Chancas. Castino starrte stets böswillig auf Rencos Rücken, wann immer ich den jungen Prinzen besuchte.
    Am Tag, da er mir von seiner Mission erzählte, das Götzenbild zurückzuholen,

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