Der Tempel
dreißig Zentimeter ins Wasser.
Race verlor das Gleichgewicht, fiel fast hinunter, fand jedoch rasch wieder Halt. Aber als er aufblickte, sah er, dass alles noch schlimmer geworden war.
Das Dach des Humvees lag jetzt mindestens einen Meter unter der Wasseroberfläche.
Selbst wenn er darauf springen würde, wäre es mit seiner Beweglichkeit gleich vorbei. Die Kaimane hätten leichtes Spiel.
Auf dem Huey sah es nicht viel besser aus.
Das Rotorgehäuse des Hubschraubers stand jetzt ebenfalls einige Zentimeter unter Wasser.
Hastig sah Race sich um und entdeckte, dass nur die Rotorblätter noch über Wasser lagen.
Er warf einen raschen Blick zum Landungssteg hinüber, an dessen Ende eben das Geländefahrzeug rutschend zum Stehen kam. Die Schiebetür an dem großen achträdrigen Fahrzeug öffnete sich sofort und Van Lewen und Scott zeigten sich im Innern. Race sah, wie Lauren Gaby hinüberschleifte.
Über die Schulter hinweg rief Lauren: »Will! Mach schon! Spring!«
Der Huey schwankte erneut und Race’ Turnschuhe verschwanden vollständig unter Wasser.
Er blickte sich auf dem sinkenden Hubschrauber um, sah erneut die Rotorblätter, die über der Oberfläche schwebten.
Die Rotorblätter …
Vielleicht konnte er … Nein.
Er wäre zu schwer, sie würden unter seinem Gewicht nachgeben.
Er fuhr herum und schaute zum Landungssteg hinüber. Drei große Kaimane schwammen halb untergetaucht im Wasser zwischen ihm und dem alten hölzernen Steg.
Vielleicht …
Rasch ergriff Race eines der Rotorblätter. Dann zog er so kräftig daran, wie er konnte, und drehte das zehn Meter lange Blatt herum.
Der sinkende Huey trieb noch immer langsam in der Strömung flussabwärts. Das Rotorblatt schwang herum. Seine äußerste Spitze berührte fast den Landungssteg, sodass es eine schmale Brücke über den Fluss bildete, die den Huey mit dem Steg verband.
Erneut schaukelte der Huey und sank weitere fünf Zentimeter. Da schoss eine gewaltige schwarze Gestalt unmittelbar neben Race aus dem Wasser. Aus einem Reflex heraus spreizte er die Beine, so weit er konnte, und der Kaiman schoss zwischen ihnen durch, streifte ihn dabei an den Innenseiten der Unterschenkel und fiel auf der anderen Seite des Hueys wieder ins Wasser.
Das war verdammt knapp! , schrie er in Gedanken. Mach endlich!
Race warf einen letzten Blick auf seinen Weg in die Sicherheit – das Rotorblatt, eine stählerne Planke von zwanzig Zentimetern Breite, hing einen knappen halben Meter über der Wasseroberfläche.
Tu’s!
Und er tat es.
Race sprang auf das Rotorblatt und lief los.
Drei Schritte und er sah den Landungssteg ein paar Meter entfernt vor sich. Der Landungssteg, Sicherheit, Rettung …
Auf halber Strecke spürte er, wie das Rotorblatt unter ihm wegsackte, sich aufs Wasser hinabsenkte und …
… auf den Rücken der drei Kaimane im Wasser zwischen dem Helikopter und dem Landungssteg liegen blieb!
Race tanzte förmlich über die schmale Brücke!
In vollem Lauf erreichte er das Ende des Rotorblatts, sprang ab, streckte sich – und prallte mit der Brust auf die Kante des Landungsstegs.
Füße aus dem Wasser! , kreischte es in seinen Gedanken, als er seine Füße in das tintenschwarze Nass unter sich klatschen hörte.
Rasch riss er sie hoch und wälzte sich auf den Landungssteg.
Er schluckte, völlig außer Atem. Er konnte es nicht glauben.
Er war …
»Professor! Weiter!« , schrie ihm plötzlich Van Lewens Stimme blechern ins Ohr.
Race riss den Kopf herum und sah das Geländefahrzeug mit geöffneter Schiebetür am Ende des Landungsstegs stehen.
Da erregte eine Bewegung seine Aufmerksamkeit. Als er aufsah, bemerkte er eine der gewaltigen schwarzen Katzen mit ausgestreckten Klauen und weit geöffnetem Maul einen Satz über das Geländefahrzeug vollführen.
Das riesige Tier landete kaum anderthalb Meter vor ihm auf dem Landungssteg. Tief geduckt, die Ohren angelegt, die Lippen geschürzt, stand es da und spannte die Muskeln zum letzten Sprung an.
Da brach der morsche Landungssteg plötzlich unter der Katze weg.
Ohne jegliches Quietschen. Ohne warnendes Geräusch.
Ein Teil des alten Holzstegs gab einfach nach und mit einem verwirrten Iiieeek! fiel das große schwarze Untier ins Wasser.
»Glück gehabt«, meinte Race zu sich. »War aber auch mal Zeit.«
Die Kaimane schwammen rasch heran.
Zwei große Bullen schossen auf die Katze zu und bald bildete das Wasser um das Tier eine brodelnde, schäumende Masse.
Race packte die Gelegenheit beim
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