Der Tempelmord
ist eine Methode, mit der ich schon große Erfolge hatte. Vor allen Dingen bei jenen verwöhnten und gebildeten Frauen, die sich für etwas Besseres halten.«
»Neaira ist nicht so! Ihr Geist ist nicht weniger schön als ihr Körper, und es fehlt ihr jede Eitelkeit. Überhaupt begreife ich nicht, was das für Gedichte sein sollen. Kannst du mir vielleicht ein Beispiel geben.« »Nichts leichter als das!« Batis sprang auf und warf sich in Pose, so als sei er ein Schauspieler in einer Komödie.
»Mit hohem Hals und strahlender Brust
Hat sie echtes Lapislazuli zum Haar.
Ihre Arme übertreffen das Gold,
ihre Finger sind wie Lotoskelche.«
Der Nubier schmunzelte. »Das war noch harmlos. Jetzt paß einmal auf, wie die Antwort der Frau lautet. Ich hoffe, du bist nicht prüde, mein Freund.«
»Willst du mich verschaukeln? Ich habe schon Frauen geliebt, als du noch an der Brust deiner Mutter gelegen hast. Ich und prüde . So ein Unsinn!«
»Na, dann ist es ja gut.« Batis grinste breit.
»Mögest du meine Höhle erreichen,
ehe deine Hand viermal geküßt werden kann.
Du suchst die Liebe der Geliebten,
denn die Goldene befiehlt es dir, mein Freund.«
Philippos war nicht sicher, ob das die Art von Lyrik war, die Neaira gefallen würde. Natürlich, sie war eine Hetaire, und ihre Liebe war käuflich, doch würde sie sich gerade deshalb nicht viel eher nach sanften Liebesschwüren sehnen als nach solch derben Worten, die keinen Zweifel am Ansinnen des Dichters ließen.
»Was schaust du so, als hätte ich dir einen faulen Fisch serviert? Liegt in diesen Versen nicht eine Sinnlichkeit, die einem das Blut aufwallen läßt, so wie die streichelnde Hand einer kundigen Liebesdienerin?«
»Gewiß«, versicherte Philippos schnell, denn er wollte den Krieger auf keinen Fall verärgern. »Auf mich verfehlen deine Worte ihre Wirkung nicht. Allein, ich weiß nicht, ob ich damit den richtigen Ton für meine Liebste treffen würde.«
»Warum? Sie ist doch eine Hetaire. Sie wird schon keine roten Wangen bekommen, wenn du ihr gegenüber eine deutliche Sprache sprichst.«
»Du hast sicher recht, Batis. Doch gerade weil sie so derbe Worte jeden Tag zu hören bekommt, möchte ich nicht diese Form wählen, um von meiner Liebe zu sprechen. Es sollte romantischer klingen. Ich möchte nicht das Blut in ihrer Kteis pochen lassen, sondern ihr Herz berühren.«
»Du glaubst doch nicht etwa im Ernst, eine Hetaire könnte sich verlieben? Du bist ein kluger Mann, und jeder bei Hof sagt, daß du ein großer Arzt bist. Eine Hure kann nicht mehr von Herzen lieben. Nach ihrer Unschuld ist dies das erste, was sie in ihrem Gewerbe aufgibt. Sie liebt deinen Geldbeutel, vielleicht hofft sie auch, durch dich zu Macht und Ansehen zu kommen. Wenn du Glück hast, versteht sie ihre Kunst so gut, daß du es nicht merkst, daß sie dich ohne ihr Herz liebt, wenn du in ihren Armen liegst, doch täusche dich nicht. Einer Hure ist Liebe so fremd wie dir die Berge meiner Heimat.«
»Das ist dein Standpunkt«, entgegnete Philippos schmollend. »Erlaube, daß ich anderer Meinung bin.« Er hätte den Nubier nicht um Rat fragen sollen. Was verstand ein Barbar schon von der Liebe! Es war töricht gewesen, zu glauben, daß er die Frauen auch auf andere Weise als nur durch seinen ansehnlichen Körper zu beeindrucken verstand.
»Dich hat es ja schlimmer erwischt, als ich gedacht hätte.« Batis verpaßte ihm einen freundschaftlichen Knuff.
»Ich habe da noch ein paar Verse, die dir vielleicht besser gefallen werden.
Deines Gesichtes Schönheit glänzt und leuchtet.
Du bist vollkommen.
Von deinem Anblick wird man trunken
wie von edlem Wein.
Mit schweren Lenden und schmalen Hüften,
du, deren Schenkel um ihre Schönheit streitet,
edlen Ganges; wenn du auf die Erde trittst,
raubst du mein Herz mit deinem Gruß.
Das klingt romantischer, nicht wahr? Und trotzdem ist es sinnlich. Du liebst doch ihre Schenkel, oder? Sprich davon! Sie wäre sicher enttäuscht, wenn du ihr nicht auch sagen würdest, wie sehr du dich an ihr zu berauschen vermagst.«
»Na ja, das klingt auf jeden Fall schon besser als dein letzter Vorschlag. Wenn ich nur nicht so unsicher wäre. Weißt du, ich habe so etwas noch nie getan ... einer Frau ein Liebesgedicht schreiben.«
»Das merkt man. Beim nächsten Mal wird es dir leichter fallen. Übrigens, was die Frauen in meiner Heimat gerne mögen, ist, wenn man sie mit wilden Tieren vergleicht. So wie man von einem
Weitere Kostenlose Bücher