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Der Tempelmord

Der Tempelmord

Titel: Der Tempelmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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die Kleopatra eine Formel mit einem Zauberspruch geritzt hatte, der über das Tet-Amulett zu sprechen war, wenn es seinen magischen Schutz entfalten sollte.
    »Was meinst du?« Die Prinzessin saß an ihrem Schminktisch und ließ sich von einer Sklavin die Haare frisieren, während sie auf einer Schiefertafel mit einem kleinen Holzspachtel grünes Shesmet -Pulver mit einigen Tropfen Palmöl vermengte.
    »Ich meine, daß du hier völligen Unsinn aufgeschrieben hast. Fast keines der Worte stimmt mehr! Hast du denn alles vergessen, was ich dir beigebracht habe.«
    »Gar nichts habe ich vergessen! Ich habe mich nur an deine Anweisungen gehalten!« Die Prinzessin beugte sich auf ihrem Hocker vor und begann, mit einem Elfenbeinstift einen Teil der Paste auf ihre Augenlider aufzutragen.
    »Dann komm doch mal her und erklär mir, was das zu bedeuten hat, was du hier aufgeschrieben hast.«
    »Das geht jetzt nicht. Siehst du nicht, daß ich alle Hände voll zu tun habe? In einer Stunde muß ich fertig sein. Du weißt doch, daß ich meinen Vater zum Megabyzos begleiten soll. Er will, daß ich lerne, wie man Staatsgeschäfte erledigt.«
    Samu schnaubte verächtlich. »Du meinst wohl, daß dein Vater dir beibringen will, wie man jemanden dazu überredet, einem Geld zu leihen, obwohl die Aussichten, es jemals zurückzubekommen, gelinde gesagt gering sind.«
    »Was du da sagst, ist Hochverrat, Samu! Wenn der Neue Osiris das hören würde, dann würde er dich dafür vom Hof verbannen.«
    »Und wenn du den Unsinn, den du hier niedergeschrieben hast, jemals laut über einem Tet-Amulett aussprichst, dann wird Isis dir eines Nachts einen Skorpion unter diese Decke schicken, um dich für deine Ignoranz zu strafen.«
    »Puh!« Kleopatra legte den dünnen Elfenbeinstift zur Seite und betrachtete sich in ihrem neuen Spiegel, um zu sehen, ob sie die Schminke auch gleichmäßig auf die Augenlider aufgetragen hatte. »Mit solchen Reden kannst du vielleicht kleine Kinder erschrecken. Mir jagst du damit keine Angst ein! Ich bin die Tochter der Isis, die Zauberreiche würde mir niemals etwas zuleide tun.«
    »Vielleicht würde ich diese Bürde der Göttin gerne auf mich nehmen!«
    Die Prinzessin wischte den Elfenbeinstift in aller Seelenruhe mit einem kleinen Tuch sauber und öffnete dann ein anderes Gefäß. Es war die Skulptur des knienden Nubiers, der auf seinem Rücken einen Korb trug. Gelassen rührte Kleopatra durch die zähe schwarze Paste. »Du weißt genau, daß du mir nichts tun darfst, Samu. Mein Vater hat allen Lehrern untersagt, mich körperlich zu züchtigen. Und du weißt hoffentlich auch, daß du dir keinen Fehler mehr erlauben darfst. Er überlegt ernsthaft, dich vom Hof zu verbannen.«
    »Vielleicht wird er vorher an seiner Verstopfung verrecken, wenn er sich noch weiter von diesem Griechen behandeln läßt, statt auf mich zu hören. Und was dich angeht, meine Kleine, was glaubst du wohl, was der Neue Osiris sagt, wenn er erfährt, daß du dich heimlich mit einem der Tetrarchen der Tempelwache triffst.«
    »Du spionierst mir nach!« Kleopatra ließ den Elfenbeinstift fallen und drehte sich so plötzlich um, daß sie der Sklavin ihr Haar aus den Händen riß und ihre Frisur hoffnungslos durcheinander geriet.
    »Ich bin damit beauftragt, auf dein Wohl zu achten. Da bei Hof ohnehin niemand mehr mit mir spricht, habe ich dafür in den letzten beiden Tagen noch mehr Zeit als sonst gefunden.«
    »Du meinst, du hast alles gesehen?«
    Samu schluckte. Sie war durch Zufall Zeugin geworden, wie sich die Prinzessin und ein hochgewachsener Wachoffizier in der Dämmerung getroffen hatten und ein paar scheue Küsse tauschten. Sollte etwa noch mehr geschehen sein? Die Priesterin lächelte. »Natürlich weiß ich alles, und ich denke, du solltest etwas weniger aufsässig sein, denn schließlich habe ich bisher geschwiegen.«
    »Du darfst jetzt gehen«, herrschte Kleopatra die Sklavin an, die verzweifelt versuchte, die durcheinandergeratenen Zöpfe der Prinzessin zu richten. »Ich rufe dich, wenn ich deine Dienste noch einmal nötig haben sollte.« Nervös mit den Fingern auf den Schminktisch trommelnd, wartete Kleopatra, bis die Sklavin das Gemach verlassen hatte.
    »Du bist uns also bis auf den Hügel hinauf gefolgt, Priesterin?«
    Ein lauernder Unterton lag in der Stimme der Prinzessin.
    Samu meinte, förmlich riechen zu können, daß die Kleine versuchte, ihr eine Falle zu stellen. »Laß diese Spielchen! Geh einfach davon aus, daß ich alles

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