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Der Teratologe (German Edition)

Der Teratologe (German Edition)

Titel: Der Teratologe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wrath James White , Edward Lee
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erklang von Neuem: »Was glaubst du, woher ich weiß, dass deine Mutter am Tag deiner Geburt allein das Krankenhaus verließ? Und woher weiß ich, dass du beinahe von Mrs. Korella in ihrem VW-Käfer auf dem Stonybrook Drive überfahren worden bist, einen Tag nachdem Kennedy erschossen wurde, und du dir vor Schreck in die Hosen geschissen hast? Dass du Frauen in der Kirche begehrt hast, als du ein Messdiener warst?« Eine Pause folgte, dann der Anflug eines Lächelns. »Ich muss zugeben, einige dieser Bräute waren verdammt heiß – aber es war trotzdem eindeutig Begehren, und Begehren ist selbstsüchtig. Eine verkommene Sünde.«
    Westmores Stimme kratzte wie altes Holz. »Wer sind Sie?«
    »Mein Name ist ein kabbalistisches Geheimnis. Ich kann ihn dir nicht verraten. Mein Name ist ein Wort, das zu erfassen du nicht in der Lage bist.«
    Westmore rappelte sich auf und lehnte sich gegen den Tisch. Der Mann stand am anderen Ende des Raums. Mondlicht erleuchtete eine Hälfte seines Gesichts wie phosphoreszierendes Holz. Westmore schüttelte den Kopf und versuchte, wieder klar zu sehen.
    »Ihr Name ist was?«
    »Ich bin ein Engel. Das ist alles, was du wissen musst.«
    Westmore sackte zusammen. Großartig. Gieß dir besser noch einen Drink ein. Du fantasierst.
    »Du glaubst mir nicht?« Die Zigarettenspitze erhellte sich vorübergehend, dann schwebte weiterer Rauch durch die Luft. »Wie sonst könnte ich diese Dinge von dir wissen? Erinnerst du dich an den Typen, den du bei der Army töten wolltest, Westmore? Es hat nicht mehr viel gefehlt, oder? Erinnerst du dich?«
    Westmore wurde übel. Und ob er sich erinnerte.
    »Aber du hast es schließlich doch nicht getan. Warum nicht?«
    Westmore starrte auf den Schatten und in seine eigene Vergangenheit. »Ich habe es mir anders überlegt.«
    »Falsch. Möchtest du wissen, warum der Mann noch unter den Lebenden weilt?«
    »Warum?«
    »Meinetwegen. Ich war das Flüstern in deinem Ohr. Ich war die Stimme deiner Vernunft.«
    »Wirklich?« Westmore kicherte zwischen seinen Atemzügen. Schön, ich habe Halluzinationen. Daran gibt es keinen Zweifel. Das ist sonnenklar. Und doch stellte er die Illusion infrage. »Warum würden Sie so etwas tun? Warum würden Sie mir etwas ins Ohr flüstern?«
    »Weil du in deiner Erfolgsbilanz der Sünden keinen Mord gebrauchen kannst. Du steckst ohnehin schon tief genug in der Scheiße, wenn ich das so sagen darf, du Arschloch.«
    »Für einen Engel drückst du dich aber ganz schön ordinär aus«, erwiderte der Fotograf.
    »Hey, Gott schert sich einen Dreck darum. Es geht um das, was hier« – der Engel berührte seinen Kopf – »und hier ist« – der Engel berührte sein Herz – »und wie du das dort draußen einsetzt.« Der Engel deutete auf das Fenster.
    Ein weiterer Zug an der Zigarette. Westmore blinzelte, bis er zusätzliche Details erkennen konnte. Seine Augen gewöhnten sich langsam an das merkwürdige Glimmen. Der »Engel« trug dunkle Jeans und ein schwarzes T-Shirt, das mit weißen Blockbuchstaben beschriftet war: ZZLSEN. Seine zottelige Mähne hätte ihn als Mitglied einer Heavy-Metal-Kombo prädestiniert. Sein Gesicht wirkte gleichermaßen attraktiv und robust.
    »Du bist kein Engel, du bist nur irgendein beschissener Typ.«
    Die Figur nickte und schlürfte dann an Westmores Scotch.
    »Und überhaupt«, fügte der Fotograf hinzu. »Engel trinken keinen Scotch oder rauchen Marlboro.«
    »Warum nicht? Ich sündige höchstens alle 100 Jahre oder so – ich denke, ich habe mir das verdient.«
    »Aber ich dachte, der Körper sei der Tempel des Herrn.«
    »Ist er, Arschloch – für dich. Aber ich bin immun. Ich bin ein höheres Wesen.« Ein weiterer Schluck, dann stellte er das Glas ab. »Johnny Blue ist nichts Besonderes. Gieß dir als Nächstes lieber mal einen Macallan ein.«
    Der Engel trat mit dem Gesicht aus dem Mondlicht heraus und kam einen Schritt näher. »Hör zu, und hör gut zu. So regeln wir diese Angelegenheiten. Du verstehst es zwar nicht, aber sperr trotzdem deine Lauscher auf. Ich stamme aus einem Nebenzweig des Ordens der Seraphim – Engel wie mich nennt man Caliginauten. Wir steigen freiwillig aus der Entrückung hinab. Wir sind so etwas Ähnliches wie Gottes Aufklärungstruppe, seine Rückendeckung für Härtefälle. Wir härten uns ab für die Schattenseiten des Lebens. Wir sind … Special Angels.«
    »Wo sind deine Flügel? Engel haben Flügel.«
    »Wir schneiden sie uns auf Anordnung der Oberen unseres Ordens

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