Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
sie vom Fernsehen kannte. Vielleicht lag es aber auch an dem zweiten Glas Barolo. Ersteres hätte Shane allerdings besser gefallen.
Danica zeigte auf den Wein und das Buch The Good Mother .
»Ich kann nicht glauben, dass wir beide denselben Geschmack haben.«
Du hast ja keine Ahnung, dachte Shane.
*
Er verließ Danicas Wohnung gegen drei Uhr morgens. Als er zu Hause war, duschte er und bereitete alles vor, was er für den Vormittag brauchte. Sein Tag begann in drei Stunden.
Ehe er ins Bett kroch, öffnete er die Datenbank, fügte ein rotes X in dem Feld neben Danicas Namen ein und sah sich die nächsten Einträge auf der Liste an. Die Liste war auf siebzig Einträge angewachsen.
Shane schlief immer zu dem unaufhörlichen Knacken und Rauschen des Polizeifunkscanners ein, der neben seinem Bett stand. Das machte er schon seit vielen Jahren so. Obwohl er es Leuten gegenüber, die nichts mit seinem Job zu tun hatten, nur ungern zugegeben hätte, konnte er ohne diese Geräuschkulisse nicht mehr schlafen.
Bald schlief er ein und träumte wie jede Nacht seit seinem fünften Lebensjahr von wirbelndem Wasser. Das Geräusch des Taufwassers verschlang ihn und betäubte seine Sinne.
Ehe du in meinem Leib herangewachsen bist, kannte ich dich. Ehe du geboren wurdest, wusste ich, dass du ein besonderer Mensch sein würdest , hörte er die gespenstische Stimme seiner Mutter.
In guten Nächten wiegte ihn das Geräusch des Wassers in den Schlaf.
In schlechten Nächten ertrank er.
11.
Nachdem sie Daniel Palumbo im Keller des Hauses in Nord-Philadelphia, der ehemaligen St. Adelaide Church, gefunden hatten, nahm die Mordkommission die Ermittlungen auf. In den darauffolgenden Tagen befragten sie mehr als drei Dutzend Personen, die Palumbo entweder gekannt oder sich zur Tatzeit in der Gegend aufgehalten hatten.
Letztendlich erfuhren sie nichts über Danny Palumbos Aktivitäten an dem Tag, als er die verlassene Kirche, in der er zehn Tage später starb, zum ersten Mal betreten hatte, ob nun freiwillig oder nicht.
Der Rechtsmediziner nahm eine Obduktion vor. Die offizielle Todesursache lautete: Tod durch Verbluten. Ein toxikologischer Bericht wurde erstellt und ebenfalls zu den Akten genommen. Bei den Tests wurden außer kleinen Spuren von Heroin und Lorazepam, einem Medikament gegen Angstzustände, auch Spuren eines Wirkstoffs namens Pancuronium gefunden.
Mit Pancuronium hatte Jessica schon einmal im Rahmen einer Mordermittlung zu tun gehabt. Es handelte sich um ein Muskelrelaxans, das bei einer Vollnarkose als unterstützende Maßnahme zur Intubation und Beatmung eingesetzt wurde. In höherer Dosierung führte es zu einer vollständigen Muskellähmung, ohne dass Schmerzen unterdrückt wurden.
Jessica stellte sich vor, wie Danny Palumbo, Hals und Körper mit Stacheldraht umwickelt, auf dem Stuhl gesessen hatte, ohne einen Finger rühren zu können. Als er sich schließlich wieder bewegen konnte, sank sein Kinn vor Müdigkeit auf die Brust, und die geschliffene Spitze des Stacheldrahts bohrte sich in die Halsschlagader.
Am Tatort gab es genügend Teilabdrücke, um die zuständigen Spezialisten in der Kriminaltechnik monatelang auf Trab zu halten, aber das würde nicht geschehen. In einem so alten Haus ging die Anzahl der Personen, die sich darin aufgehalten und Türen und Türpfosten, Treppengeländer und Fensterrahmen angefasst und dabei vollständige Fingerabdrücke hinterlassen hatten, in die Hunderte. Mit der Zeit bildete sich allerdings auf sämtlichen Oberflächen eine Schicht aus Staub und Schmutz, und es wurde immer schwieriger, deutlich erkennbare Fingerabdrücke sicherzustellen.
Sie hatten ein halbes Dutzend Teilabdrücke durch die Datenbank laufen lassen, ohne eine Übereinstimmung zu finden. Die einzigen deutlichen Fingerabdrücke stammten von dem Opfer. Es waren blutige Abdrücke auf der Rückseite des Holzstuhls, an den er gefesselt war.
Es gab keine Augenzeugen, und es wurde kein Blut einer anderen Blutgruppe am Tatort und am Opfer selbst gefunden. Außerdem befand sich in der Verbrecherdatei keine Eintragung unter dem Namen »Boise«.
Der Stacheldraht, der um Danny Palumbos Körper gewickelt war – letztendlich die Mordwaffe und im Augenblick ihre einzige Spur –, wies keine Besonderheiten auf. Die Ballistiker hatten herausgefunden, dass der Stacheldraht zwischen fünf und fünfzehn Jahre alt war. Er bestand aus verzinktem Stahl und wurde hauptsächlich in der Landwirtschaft eingesetzt. Normalerweise war
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