Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
wenn noch ein zusätzlicher Abfallbeutel im Müll lag? Die Leute erinnerten sich nie, wie viele Müllbeutel sie hinausgetragen hatten. Doch wenn sie eine fremde blaue Tüte zwischen den eigenen schwarzen Tüten fanden, war es ein deutlicher Hinweis darauf, dass etwas nicht stimmte. Deshalb hatte Shane immer Mülltüten in drei Farben und fünf Größen bei sich.
Shane stopfte den gesamten Müll wieder in die Müllbeutel und schuf Ordnung. Dann warf er einen Blick auf das Foto auf seinem Handy, das er aufgenommen hatte, als er angekommen war, und schob zwei Müllbeutel näher an die Hauswand heran.
Perfekt.
Er wollte gerade gehen – seine Beute, die vier leeren Tablettenröhrchen, in der Hand –, als sein Handy vibrierte. Es war eine kurze SMS:
V ERDAMMTER M IST !
Ich komme, dachte Shane. Miststück.
*
Shane fuhr nach Nord-Philadelphia. Er parkte den Wagen, kroch auf die Rückbank und schaute sich in alle Richtungen um. Als er sein Sweatshirt und das Unterhemd auszog, spähte er zu den Reihenhäusern auf der rechten Straßenseite hinüber. Es waren diese mit Schindeln gedeckten Häuser, die das Bild in vielen Straßen in Nord-Philadelphia prägten. An der Ecke sah Shane eine Art Bodega und einen geschlossenen Sandwich-Shop. Keine besonders aufregende Filmkulisse.
Shane wühlte in seiner Sporttasche nach den Erfrischungstüchern, nahm zwei heraus und wischte damit über die Haut unter den Achseln. Währenddessen blickte er zur anderen Seite der Straße. Neben einem Perückenladen und einem Fingernagelstudio befand sich eine Kneipe. Interessant! Er rahmte das Schild der Kneipe mit den Händen ein und hatte eine Spielbergsche Inspiration.
Perfekt.
Shane zog ein Anzughemd an. Ebenso wie Müllbeutel hatte er immer eine Auswahl sauberer, gestärkter Hemden im Auto, die ordentlich gefaltet auf der Rückbank lagen.
Anschließend griff er nach dem Bügel, auf dem mehrere Krawatten hingen, und zog eine herunter. Er stieg aus, stopfte das Hemd in die Hose und knotete die Krawatte. Niemand auf Erden konnte eine Krawatte ohne einen Spiegel schneller binden als er.
Nicht vergessen: einen Beitrag darüber beim Sender einreichen.
Shane ging zum Kofferraum, öffnete den Deckel und zog den Reißverschluss eines Kleidersacks auf. Er zog ein Jackett und einen Kaschmirmantel an.
Nun begann er mit den Sprechübungen – rote Schuhe blaue Schuhe rote Schuhe blaue Schuhe – und atmete tief ein. Während er sich in dem getönten Heckfenster betrachtete, ließ er sich von dem großartigen verstorbenen Roy Scheider inspirieren (der sich wiederum von dem großartigen verstorbenen Bob Fosse inspirieren ließ) und sagte:
»Showtime.«
*
Als Shane die Ecke erreichte, stand Cyndy bereits da. Sie trat von einem Bein aufs andere und blies in ihre Hände, obwohl sie Handschuhe trug. Shane kam nur wenige Minuten zu spät, aber mit Cyndy Jovovich wollte es sich niemand verscherzen.
Shane arbeitete gerne mit Cyndy zusammen. Die Kamerafrau trug den Spitznamen Mortal Cyn, was mit ihrer Furchtlosigkeit zu tun hatte, Nahaufnahmen von einer Leiche zu machen. Sie war über eins achtzig groß und wog fast hundert Kilo. Mehr als einmal hatte sie bei einer Story die Regie übernommen. Shane zog es vor, seine eigenen Kämpfe auszutragen, aber er war nicht dumm. Cyndy könnte einen Eishockeyprofi mit einem Faustschlag umhauen.
»Du verdammte Diva«, sagte sie. »Ich warte schon eine Ewigkeit.«
»Nein, tust du nicht.«
Cyndy war die heißeste Kamerafrau im Fernsehsender. Aus irgendeinem Grund waren die meisten Kameraleute, mit denen Shane bei den verschiedenen Sendern zusammengearbeitet hatte, Frauen. Ihm sollte es nur recht sein, denn er zog Frauen vor. Und von all diesen Frauen war Cyndy Jovovich die Beste.
Leider wusste sie das auch.
Sie drehten einen kurzen Beitrag zu einem Thema, über das Shane schon vor einer Woche berichtet hatte. Es ging um ein Mitglied des Stadtrats. Wegen des Verdachts der Korruption und Schmiergeldzahlungen wurde gegen diesen Mann ermittelt. Heute Nachmittag war bekannt gegeben worden, dass er von allen Anschuldigungen freigesprochen worden war. Der Mann hatte es abgelehnt, einen öffentlichen Kommentar abzugehen. Deshalb hatten sie beschlossen, gegenüber von seiner bescheidenen Anwaltskanzlei im ersten Stock des Hauses, in dem die Kneipe untergebracht war, Stellung zu beziehen und einen Livebericht zu senden.
Shane trat mit Cyn zur Seite und zeigte ihr, was er sich ausgedacht hatte. Sie schüttelte den Kopf,
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