Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
warum.
*
»Mir gefällt deine Wohnung.«
»Ich bin froh, dass du deine Brille nicht trägst.«
Im sanften Kerzenlicht sah Faith wunderschön aus. Beim ersten Mal waren sie förmlich übereinander hergefallen. Sie hatten sich die Sachen vom Körper gerissen und es kaum bis zum Bett geschafft. Beim zweiten Mal ließen sie sich mehr Zeit und gingen zärtlicher miteinander um, als würden sie einander schon seit Jahren kennen.
Byrne zeigte auf die Kerze. »Bringst du immer deine eigenen Kerzen mit?«
Als sie bei Byrne angekommen waren, hatte Faith eine große, duftende Stumpenkerze aus der Tasche genommen, sie auf den Nachttisch gestellt und angezündet.
»Ich interessiere mich für Aromatherapie. Das ist Muskat-Salbei mit Nektarine. Gefällt dir der Duft?«
»Ja.«
Faith drehte sich im Bett um, schlang die Bettdecke um ihren Körper und legte den Kopf auf seine Brust. Byrne überlegte, wann er das letzte Mal in dieser Position im Bett gelegen hatte. Es war eine ganze Weile her.
»Weißt du, unsere Jobs unterscheiden sich gar nicht so sehr«, sagte Faith. »Ich meine, wir sehen beide eine Menge schlimme Dinge. Geht es dir manchmal an die Nieren?«
»Ich weiß nicht genau, was du meinst.«
»Hast du manchmal den Wunsch, alles hinzuschmeißen und zu sagen, jetzt reicht es mir?«
Byrne kannte keinen Detective, der nach fünfundzwanzig Jahren nicht daran dachte, in den Ruhestand zu treten, und das mitunter sogar jeden Tag. »Ich mache den Job schon eine ganze Weile. Länger als die meisten anderen, jedenfalls in der Mordkommission. Ich habe gelernt, die Dinge nicht zu nahe an mich herankommen zu lassen.«
»Immer?«
Es hatte keinen Zweck zu lügen und sich als Macho-Cop aufzuspielen. »Nein, nicht immer. In all den Jahren hat es ein paar Fälle gegeben, die mich nicht mehr losgelassen haben. Ja, manchmal nimmt es mich schon ziemlich mit.«
»Ungelöste Fälle?«
»Ungelöste Fälle. Ab und zu suche ich die Akte heraus und füge ein paar Notizen hinzu. Ich schaue mir alle Ermittlungsergebnisse an und überprüfe die Zeugenaussagen in der Hoffnung, dass mir etwas auffällt, was ich vorher nicht gesehen habe.« Byrne hätte ihr gerne mehr erzählt, viel mehr, auch, dass er mitunter ein Beweisstück in die Hand nahm und ein intuitives Gefühl für den Mörder bekam, sein berühmter sechster Sinn. Doch sie kannten sich kaum. Er wollte ihr keinen Schreck einjagen.
»Ob es das wirklich gibt?«, fragte Faith.
»Was?«
»Das Böse.«
»Das ist eine schwierige Frage. Würdest du mich fragen, ob ich glaube, dass jemand als schlechter Mensch geboren werden kann, würde ich sagen, ja. Ich war nicht immer dieser Meinung, aber jetzt schon.«
Sie schwiegen einen Augenblick. Byrne fielen allmählich die Augen zu. In der letzten Woche hatte er pro Nacht kaum mehr als vier Stunden geschlafen. Heute hatte er außerdem ein paar Whiskeys getrunken, deshalb brauchte er sich nicht zu wundern, dass er müde war. Als er beinahe eingenickt wäre, riss er die Augen auf und schaute auf die Uhr. Noch nicht einmal elf. Und er hatte gedacht, es wäre schon früh am Morgen.
Er tastete über das Laken neben sich und stellte fest, dass Faith verschwunden war.
Wie konnte das sein?
Byrne hob den Blick und sah sie am Fußende des Bettes stehen. Voller Entsetzen schrie er auf. Faith trug einen roten Mantel. Neben ihr stand ein großer junger Mann mit einer spitzen Kapuze auf dem Kopf. Es war der Mann auf dem Film der Überwachungskamera gegenüber von der St. Adelaide Church.
Byrne versuchte aufzustehen, doch seine Arme und Beine waren an die Bettpfosten gefesselt.
»Sie hatten recht, Detective«, sagte Faith. »Fleisch ist Sünde …«
*
Schweißgebadet schreckte Byrne aus dem Schlaf hoch. Sein Herz klopfte laut.
Faith war tatsächlich verschwunden. Auf dem Kissen lag ein Zettel. Byrne schaltete das Licht ein und las ihn. Da stand, dass ihre Schicht von Mitternacht bis acht Uhr morgens ging. Sie hatte ihre Telefonnummer hinterlassen.
Byrne zog eine Jeans an und ging in die Küche. Er versuchte den Albtraum abzuschütteln, der ihn aus dem Schlaf gerissen hatte. Immer noch ein wenig benommen, schaltete er den Fernseher ein und holte sich einen Whiskey. Er trank das Glas aus und kippte gleich den Rest aus der Flasche hinterher. Dabei schaute er auf den Bildschirm. Es lief eine Zusammenfassung der Nachrichten des Tages. Die Top-Meldung mit der aufschlussreichen Bildunterschrift V IDEO EINES C OPS AUS P HILADELPHIA MACHT DIE R UNDE
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