Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
körperlicher Gewalt auf. Nur aus dem linken Mundwinkel seines leicht geöffneten Mundes waren ein paar Tropfen Blut gesickert. Eine Besonderheit fiel Jessica sofort auf – eine Sache, die sie im ersten Augenblick nicht verstand: Die Kehle des Mannes war unnatürlich stark gewölbt.
Jessica und Byrne sahen sich kurz in dem Untergeschoss um, das aus drei Räumen bestand, einem großen und zwei kleinen. In einem der kleinen Räume stand ein Ölofen. In dem anderen lag ein Stapel vermoderter Priestergewänder. In einer Ecke standen zwei kleine alte Weidenkörbe, die einst benutzt worden waren, um während der Messe die Kollekte einzusammeln. Mäuse und Ratten hatten die Ränder der Körbe abgenagt und als Nistmaterial benutzt.
Der Rechtsmediziner stand in der Nähe. Maria fragte ihn, ob er eine Zange habe. Der Mann ging zum Wagen und kam mit einer Werkzeugtasche zurück.
Während Byrne einen der Scheinwerfer näher an den Leichnam heranrückte und das Licht auf das Gesicht des Mannes richtete, streifte Maria Latexhandschuhe über und kniete sich auf den Boden. Vorsichtig tastete sie den Bereich rund um den Kiefer des Toten ab. Er schien unnatürlich hart zu sein, obwohl die Leichenstarre noch nicht eingesetzt hatte.
Maria versuchte, mit zwei Fingern den Mund des Toten zu öffnen, was ihr erstaunlicherweise mühelos gelang. Leider war es sogar im Licht der grellen Halogenscheinwerfer schwierig, dem Mann in den Rachen zu schauen. Maria richtete den Strahl ihrer Taschenlampe in den Mund des Toten, nahm die Zange und zog vorsichtig etwas heraus. Es handelte sich um einen ovalen weißen Stein, ungefähr sieben Zentimeter lang und mit Speichel und Blut überzogen. Als Maria ihn ins Licht hielt, sahen alle, dass auf dem Stein etwas geschrieben stand. Trotz der verschmierten Oberfläche erkannte Jessica sofort, dass es kein Englisch war.
Nachdem Maria den Stein in eine Beweismitteltüte gelegt hatte, blickte sie noch einmal in den Mund des Toten. Sie entdeckte zwei weitere Steine gleicher Größe.
Jessica wurde übel, als ihr bewusst wurde, woran dieser Mann gestorben war. Er hatte – mit Sicherheit unter Zwang – so viele Steine geschluckt, bis er erstickt war. Die Steine ähnelten denen, die rings um das Opfer in einem Halbkreis auf dem Boden lagen.
Maria reichte einem Kriminaltechniker die Beweismitteltüte. »Sobald Sie die Spuren gesichert haben, leiten Sie das hier bitte sofort an die Dokumentenabteilung weiter, zusammen mit dem Messbuch, das der Tote in den Händen gehalten hat.«
Hell Rohmer musste sich das alles so schnell wie möglich ansehen. Wenn es um die Analyse von Dokumenten oder Texten ging, war keiner besser als er.
»Ich möchte wissen, was auf dem Stein steht und welche Sprache das ist«, sagte Maria.
»Ja, Ma’am.«
»Am besten schon gestern.«
»Geht klar.«
27.
Für die Gerechten oder die Gottlosen gibt es keine Ruhe.
Wie könnte das auch sein?
Als der Teufel versuchte, seinen Thron hoch über den Wolken aufzustellen, wurde er aus dem Himmel verjagt und fand einen gastlicheren Ort, an dem er sein Unwesen treiben konnte. An jenem Tag wurde das Ende vorhergesagt.
Sie stehen an der Ecke, zwei Personen in der Menge, und beobachten alles. Die dritte Kirche ist nun geschrieben. Pergamon.
»Weißt du, was sein Name auf Lateinisch bedeutet?«, fragt sie. Es ist ein altes Spiel, aber sie spielen es noch immer gern.
»Ja. ›Träger des Lichts‹.«
»Sehr gut.«
Ein eisiger Wind weht durch die Menge an der Ecke. Die Menschen treten von einem Fuß auf den anderen und reiben sich die Hände. Sie frieren, wollen aber nicht gehen oder wegschauen. Stattdessen bleiben sie stehen und beobachten wie erstarrt das rege Treiben. Es kommt nicht oft vor, dass das Böse in einem geistlichen Gewand in ihr Leben tritt.
Während sie den Blick über die Menschen schweifen lässt, denkt sie daran, welchen Weg sie ersonnen haben, und wie es vor langer Zeit begonnen hatte, und wie dunkel die Nächte waren. Beelzebub, Belial, Satan, die alte Schlange. Alle diese Namen sind falsch. Es gibt nur einen richtigen Namen, und dieser Name ist Mensch.
»Glaubst du, das Licht hat sie erreicht?«, fragt sie.
»Ja, Mutter.«
»Glaubst du, sie werden folgen?«
»Ja.«
»Warum?«
»Weil es auf dem Stein steht.«
Sie strahlt vor Stolz. Ein weiterer Wagen trifft ein. Vermutlich noch ein Ermittlungsbeamter. Über ihnen am frühen Morgenhimmel bricht das Licht durch die grauen Wolken, ein Licht so silbern wie die Venus.
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