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Der Teufel in Frankreich

Der Teufel in Frankreich

Titel: Der Teufel in Frankreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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verschafft, die man auf eine Minute lesen durfte, wenn man seinen Kaffee von ihm bezog.
    Die Portion Kaffee war billig. Sie kostete etwa zwei Cents. Trotzdem konnten sich viele den Kaffee nicht leisten, wenn man sie nicht einlud.
    Überhaupt machte sich bald, wiewohl unser aller Bedingungen die gleichen waren, der Unterschied zwischen arm und reich bemerkbar. Derjenige, der über Geld verfügte, konnte sich hundert Erleichterungen verschaffen, auf die der Arme verzichten mußte.

    Die Mittagsstunden waren öde. Da schon um elf Uhr zu Mittag gegessen wurde, hatte man nun drei leere Stunden vor sich, bis, um zwei Uhr, wieder zum Appell geblasen wird.
    Die meisten versuchten, Mittagschlaf zu halten. Ich versuchte es nicht, weil ich meine ganze Müdigkeit aufheben wollte für die Nacht. Allein auch wenn ich hätte schlafen wollen, so hätte ich es nicht können. Der halbdunkle Raum war voll von Lärm, Leute stolperten über einen, Ziegel zerbröckelten krachend. Dann gab es da immer welche, die sich durch die Unbequemlichkeit des Raumes nicht davon abhalten ließen, Karten zu spielen. Sie saßen auf ihren Ziegelhäufchen, schmissen ihre Karten auf andere Ziegel oder auf ein wackeliges Brett, schrien und zankten. Die Karten waren unsäglich schmutzig; Gewinn und Verlust wurden geregelt durch Zahlungsanweisungen, gültig für die Zeit, da die Lagerleitung von dem deponierten Geld einen kleinen Betrag auszahlen würde. In einer Nische des Lattenwerks standen oder hockten gewöhnlich irgendwelche orthodoxen Juden, betend oder »lernend«, in der Schrift oder im Talmud studierend. Und inmitten dieses Getriebes lagen Kranke auf ihrem Stroh und stöhnten und Gesunde auf ihrem Stroh und schnarchten.
    Natürlich versuchte ich manchmal zu lesen, aber es ging nicht. Es war zu laut, zu heiß, zu staubig. So schlenderte ich denn herum, oder ich saß auf meiner Bank und döste vor mich hin, oder ich hockte gekrümmten Rückens auf einem Ziegelstein vor dem Stacheldraht in der prallen Sonne.
    Um zwei Uhr dann wurde der zweite Appell abgehalten. Er verlief wie der erste. Uns am Nachmittag zu beschäftigen, war noch schwieriger als am Vormittag. Man ließ uns sinnlos Ziegel umhertragen oder Erdarbeiten verrichten. Doch auch damit konnte immer nur ein kleiner Teil von uns beschäftigt werden, die meisten gingen in wachsender geschäftiger Langeweile herum.
    Es waren unter uns vier Friseure, in jedem Winkel hatte einer sein Geschäft aufgeschlagen. Notgedrungen waren sie schmutzig, sie hatten wenig Seife und wenig Wasser. Doch sich rasieren zu lassen war eine Abwechslung, viele gingen täglich, manche zweimal des Tages zum Friseur. Da hockte man auf ein paar zerbröckelnden Ziegeln, rings um einen stand ein Kreis Schwatzender, die Stände der Barbiere waren, wie überall und zu allen Zeiten, so auch jetzt bei uns die Zentren der Gerüchte. Manchmal, wenn man so dahockte, brachen die Ziegel unter einem ein; niemand lachte mehr, man war es gewöhnt. Man stand herum und debattierte, gereizt, eifrig und gleichzeitig gelangweilt.
    Das Abendessen, zu dem um fünf Uhr geblasen wurde, war kärglicher als das Mittagessen, manchmal gab es nur etwas zweifelhafte Wurst, Käse, eine Sardine.
    Auf dieses Abendessen aber folgte eine angenehme Zeit. Um sechs Uhr begann es kühler zu werden, der Wind legte sich, der Aufenthalt in den Höfen wurde er
träglich. Die Stimmung stieg, man war zuversichtlicher, es war weniger Gereiztheit in der Luft.
    Der Zufall hatte es gefügt, daß unter uns eine Reihe trainierter Fußballspieler waren. Sie spielten. Spielten so, wie es das Terrain zuließ. Einmal flog der Ball über die Mauer. Die Spieler ersuchten den wachhabenden Soldaten, der mit aufgepflanztem Bajonett zuschaute, den Ball hereinholen zu dürfen. Der Soldat sagte, das sei streng verboten und er könne es nicht zulassen; aber wenn ihm einer das Gewehr halte, dann wolle er über die Mauer klettern und den Ball zurückholen. So geschah es.

    Die erste Nacht

    Es folgte der peinvolle Augenblick, da das Signal ertönte: »Zurück ins Haus.«
    Schwarz durch die weiten Tore gähnte einem das Innere des Gebäudes entgegen. Unlustig drängten sich die Gefangenen hinein, angetrieben von den Wärtern, die, sonst gutmütig, bei diesem Anlaß sehr grob werden konnten. Im Innern des Gebäudes stieß und drängte man sich erst durch einen Gang der Katakomben des Erdgeschosses, dann über die schmale Holzstiege nach oben. Da und dort war eine schwache Glühlampe, die

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