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Der Teufel in Frankreich

Der Teufel in Frankreich

Titel: Der Teufel in Frankreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Lagers zu fahren und dort ihren Freund zu sehen. Sie sprach von ihm mit Neigung und Ergebenheit.
    Überhaupt hat sich während unserer ganzen Leidenszeit erwiesen, wie fest die Verbindungen waren zwischen deutschen Emigranten und ihren französischen Frauen oder Freundinnen. Fast alle diese Frauen waren nach Nîmes gekommen, die Schwierigkeiten der Reise in diesen üblen Zeiten nicht scheuend. Sie nächtigten, zum Teil mit ihren Kindern, im Freien, auf den Plätzen, welche die Stadt Nîmes den Flüchtlingen anwies. Sie fanden Mittel und Wege, in die Umgebung des Lagers zu kommen, manche gingen die vier Stunden steinigen Weges zu Fuß. Sie lungerten herum im Gehölz in der Nähe des Lagers, auf den Wiesen, von den Gendarmen immer wieder fortgejagt. Fast allen Frauen gelang es, ihre Männer zu sehen, zu sprechen, ihnen Lebensmittel zuzustecken, Botschaften, kleine Dinge des täglichen Bedarfs.
    Die französische Dame, mit der ich aß, hatte Empfehlungen an den Präfekten von Nîmes. Der galt als intelligenter, menschenfreundlicher Herr. Die Dame erzählte, viele Frauen der Internierten belagerten den Generalstab, die Zivilbehörden, um etwas für die Männer zu erreichen. Die Dame war liebenswürdig, tatkräftig, zuversichtlich.
    Dann, bei Madame L., trafen wir richtig die beiden Soldaten. Der eine war aus dem Süden, der andre aus Paris, sie waren gewitzte Burschen. Sie erzählten, sie seien eine Kameradschaft von vieren, und wenn sie oder auch nur einer oder zwei von ihnen Wache hätten, dann würden sie alles tun, unsre Situation zu erleichtern. Wir könnten dann nach Belieben unsre Frauen treffen, das Lager verlassen, was immer. Sie nahmen kein Entgelt für ihre Dienste.
    Überhaupt war der weitaus größte Teil der Bevölkerung auf unsrer Seite, und wenn die Behörden uns, Frankreichs Gäste, durch Schlamperei und verbrecherischen Leichtsinn in die lebensgefährliche Situation gebracht hatten, in welcher wir jetzt waren, so tat das französische Volk das Seine, uns wieder herauszuhelfen.
    Ich gab den Soldaten ein paar Zeilen mit an meine Freunde im Lager. Ich bat meine Freunde, Post für mich in Empfang zu nehmen und mir, über die Adresse Madame L.s, Nachricht zukommen zu lassen.

    Dann machte ich mich auf den Weg zurück zu meinem Polizisten.
    Wiederum ging ich, meine Aktenmappe unterm Arm, langsam durch die heiße, menschenwimmelnde Stadt, geteilten Gefühles. Die Gerüchte von der Anwesenheit einer deutschen Kontrollkommission in Nîmes – die Ängstlich-Energische wollte sie sogar gesehen haben – waren nicht angenehm, und es sah nicht so aus, als ob ich so rasch den Zweck meines Ausbruchs erreichen und nach Marseille kommen sollte. Andernteils war mir die Aussicht nicht unwillkommen, noch ein paar Tage bei meinem alten Polizisten zuzubringen, in Gesellschaft des klugen, levantiner Juden und der freundlichen Tschechin, in dem schönen, friedlichen, verwilderten Garten.
    Diese paar Tage freilich galt es erst noch zu erkämpfen. Wie sollte ich es vor Monsieur S. begründen, daß die Präfektur mir den für heute versprochenen Passierschein verweigerte? Bis jetzt war mir nichts Gescheites eingefallen. Ich fürchtete mich ein bißchen vor der Auseinandersetzung mit Monsieur S.
    Um das peinliche Gespräch hinauszuschieben, ging ich erst einmal zu einem Friseur. Der Mann hielt es für seine Pflicht, mich zu unterhalten. Er erzählte mir, er habe seine besonderen Informationsquellen. Von denen habe er zum Beispiel die Wahrheit erfahren über die Zwecke, welche die deutsche Kontrollkommission verfolgte, die heute in Nîmes angekommen sei. Sie wollte nicht etwa die Flugplätze und Konzentrationslager inspizieren, sondern in Wahrheit arbeite sie zusammen mit den Insassen des Konzentrationslagers, die von Anfang an lauter ausgekochte Spione gewesen seien. Der Mann, während er das erzählte, schnitt mir die Haare ganz ordentlich; auch mit der Art, wie er mir den Kopf wusch, war ich zufrieden.
    Nun aber hatte ich länger keinen Vorwand, mich vor der Aussprache mit Monsieur S. zu drücken. Langsam stieg ich den ländlichen Weg hinauf zu seinem Hause. Ich läutete. Mir öffnete der Levantiner. Er war erstaunt, mich wiederzusehen, ja, ein wenig betreten. Ich stoppelte mir eine Geschichte zusammen, sie geriet nicht recht. Mein Haus in Sanary sei requiriert und mit Flüchtlingen belegt worden, ich müsse warten, bis es wieder frei gemacht werde. Der Levantiner erwiderte etwas Allgemeines, ja, jetzt in diesen Zeiten, gehe

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