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Der Teufel in Frankreich

Der Teufel in Frankreich

Titel: Der Teufel in Frankreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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machen. Mein Diener Karl war inzwischen wieder zu mir gestoßen, ein bißchen betrübt über das Mißglücken meiner Exkursion, doch im Grund erfreut über meine Rückkehr. Er bestätigte, daß mein früheres Zelt jetzt voll belegt sei. So dankte ich denn den freundlichen Herren und installierte mich mit Hilfe meines Karl bei ihnen.
    »Gruppenführer« meiner neuen Zeltgemeinschaft war einer der beiden Herren, die mich eingeladen hatten, der lärmende, joviale Herr Cohn. Er war Fabrikbesitzer in Berlin gewesen, hatte in ererbtem Wohlstand gelebt, war gut erzogen, etwas verwöhnt durch Geld und Glück, sah noch jetzt, nahe den Sechzig, gut aus. Er war gewohnt zu befehlen, liebte es, Anordnungen zu treffen, zu »organisieren«. Er war laut, impulsiv, gutmütig, ein bißchen frech, doch stets bereit, ein unüberlegtes Wort zurückzunehmen und sich zu entschuldigen. Er hatte mit jedermann Streit, versöhnte sich mit jedermann, erwies Gefälligkeiten und nahm Dienste in Anspruch. Er litt bitter darunter, daß er kein Geld mehr hatte, führte aber auch im Lager das Leben derjenigen, die Geld hatten. Die Erfahrung, daß er dadurch in eine nie abreißende Kette von Schwierigkeiten geriet, machte ihn nicht weiser. Gewohnt, sich bedienen zu lassen, gab er meinem Karl immerzu Anordnungen. Nun fühlte sich aber Karl als mein Diener, er hatte es sich in den Kopf gesetzt, mich zu betreuen, mich und nicht etwa Herrn Müller oder Herrn Schulze oder Herrn Cohn. Es gab also zwischen den beiden immerzu Zwistigkeiten, die ich zu schlichten hatte.
    Ein anderer, mit dem Herr Cohn in ständiger Fehde lebte, war unser Zeitgenosse L., ein Berliner Anwalt, ein zottiger, schmutziger Mensch mit einem mächtigen, verfilzten roten Bart. Dieser Mann war streit- und herrschsüchtig genau wie Herr Cohn, und der ewige Kampf der beiden verschaffte mir die Kenntnis vieler, vorher nie gehörter, urwüchsiger Berliner Wendungen. Denn der Anwalt L. hatte Witz und machte gute Witze. Wenn man ihn fragte, warum er sich so wenig wasche, dann etwa erklärte er, er sei von eiserner Gesundheit, Eisen aber roste, wenn man Wasser daran bringe. Und nicht vergessen werde ich, wie einmal des Nachts nach einigen gewaltigen Fürzen seine tiefe, schollerige Stimme aus der Dunkelheit kam, einen Vers von sich gebend: »Wer viel aufstößt und viel furzt, spart den Apotheker und den Urzt.« Er war sehr gefräßig; »mit seinen Zähnen gräbt er sich sein Grab«, pflegte von ihm ein Zeitgenosse zu sagen. Rechtsanwalt L. also liebte es, viel zu essen, andernteils aber hatte auch er kein Geld. So bat er denn, wenn einer der Händler vorbeikam und jemand von uns etwas erstand, beinahe regelmäßig: »Ach, nehmen Sie für mich auch gleich etwas mit.« Woraufhin er den größeren Teil des Erstandenen verzehrte, doch immer zu zahlen vergaß. Woraufhin Herr Cohn, der es seinesteils häufig ähnlich hielt, den Anwalt auf diese seine Vergeßlichkeit aufmerksam machte. Herr Cohn als Gruppenführer hatte zu regeln, wer jeweils das von der Lagerleitung gestellte Essen zu holen habe, und er beorderte häufig den Anwalt. Da gab es denn jedes zweite Mal Gezänk. Der Anwalt nämlich, wiewohl er einen großen Teil des für die Allgemeinheit bestimmten Essens für sich beanspruchte, weigerte sich mit Hinweis auf sein Alter, den Eimer zu schleppen.
    Überhaupt war die Verteilung der Arbeit nicht ganz einfach. Es gab mehr Arbeit als seinerzeit in Les Milles. Das Zelt mußte saubergehalten werden, die Zeltwände häufig neu gespannt, die Pflöcke fester gerammt, der Graben ringsum mußte immer von neuem vertieft werden, damit kein Regenwasser ins Zelt dringe. Die Eßkübel mußten gereinigt und das Wasser für diese Reinigung erkämpft werden, der Unrat in und vor dem Zelt mußte gesammelt und an eine ziemlich entfernte Stelle gebracht werden. Auch mußte man Reisig holen und des Abends Feuer und Rauch vor dem Zelt unterhalten, um die Moskitos zu vertreiben. Die älteren Herren uns res Zeltes waren nicht sehr geschickt für diese Art von Arbeiten. Herr Cohn und der Anwalt wären dafür vielleicht nicht unbegabt gewesen. Doch der Anwalt fühlte sich wohl im Schmutz und schimpfte wenn er zu Reinigungsarbeiten herangezogen wurde, und Herr Cohn erklärte, er als Gruppenführer sei der Arbeit enthoben.
    Es gab viele Leute, die gegen Bezahlung jede Arbeit verrichteten, doch weder der Anwalt noch Herr Cohn wollten und konnten zahlen.
    Jemand, der sich auch gern von der Arbeit drückte, war jener Mann,

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