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Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
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folgten der Hauptstraße quer durchs ganze Dorf. Als sie den Marktplatz erreicht hatten, schnaufte Albert wie eine alte Dampflok. Erik spürte ein Stechen in seiner Seite, das mit jedem Schritt schlimmer wurde. „Warte“, sagte er keuchend, „ich brauche eine Pause.“
    „Nein, nein!“, sagte Albert bestimmt. Seine Wangen glühten. „Komm meh-meh!“
     
    Kurze Zeit später ließen sie Benedikts Hof hinter sich. Sie bogen von der Hauptstraße ab und setzten ihren Weg auf dem alten Schafspfad fort. Der Weg führte hinauf zur linken Zunge des Grimboldgletschers. Eriks Inneres verkrampfte sich. Er kannte den Pfad, und er hatte nicht vor, ihn nach so kurzer Zeit wieder einzuschlagen. „Wohin bringst du mich?“, fragte er leise.
    „ Meh!“, sagte Albert.
    „Warte.“ Erik blieb stehen. „Wo gehen wir hin? Du musst es mir sagen, sonst komme ich nicht mit . Hörst du?“
    Albert runzelte die Stirn. „Komm!“, sagte er. „Komm meh-meh!“ Er lachte, und das Stirnrunzeln war von einem Moment auf den anderen verschwunden, so als hätte jemand Kreidestriche mit einem Schwamm von einer Tafel gewischt.
    „Aber wo gehen wir hin?“ Erik rang nach Luft und krümmte sich, um sein Seitenstechen abzumildern. „Ich gehe nicht mit dir auf den Gletscher, verstanden?“
    „Komm!“, sagte Albert ungeduldig und packte seine Hand fester.
    Erik betrachtete Alberts vor Aufregung gerötetes Gesicht. Dann gab er seinen Widerstand auf und ließ sich von ihm den Pfad entlang führen. Nach etwa zehn Minuten blieben sie erneut stehen, und Albert ließ ein meckerndes Lachen hören. Er klatschte in die Hände und deutete in den Wald. „Meh!“
    Erik sah sich um. Beiderseits des Pfades standen dicht gedrängt die dunklen Tannenbäume. Sie schwankten und rauschten im Wind.
    „Schau!“ Albert deutete auf den Boden.
    Erst bei näherem Hinsehen erkannte Erik die dünne Spur aus niedergetretenem Gras und zerknickten Ästen, die vom Pfad abzweigte und geradewegs in den Wald hineinführte. Die Spur verlor sich im Halbdunkel unter den Zweigen der Tannen.
    „Was möchtest du mir zeigen, Albert?“ Er spürte ein leichtes Kribbeln in seinem Nacken. Aber dann sah er in Alberts strahlende Augen, und das seltsame Gefühl verflog so schnell, wie es über ihn gekommen war.
    „ Meh! Komm jetzt!“ Albert zog an seiner Hand.
    Während sie sich ihren Weg zwischen den Stämmen hindurch bahnten, nahm der Wind an Stärke zu. Zwischen den schaukelnden Ästen der Tannen hindurch sah Erik dunkle Wolkenleiber vorübertreiben. Das dumpfe Pochen in seinem Bein sagte ihm, dass die schönen Tage vorbei waren.
    Nach wenigen Metern erreichten sie eine Lichtung. In ihrer Mitte stand ein kleiner, aus alten Brettern zusammengezimmerter Holzverschlag. Albert zog ihn vorwärts. Dann sah Erik den Holzpflock, der in einigen Metern Entfernung in die Wiese getrieben war. Ein Seil war daran befestigt, und es führte ins Innere des Verschlages.
    „Komm meh-meh!“ Albert ließ Eriks Hand los und lief auf den Verschlag zu. Dann ging er in die Knie und klopfte auf den Boden. „Meh!“
    Im Inneren des Verschlages regte sich etwas. Der Kopf eines Zickleins erschien im Eingang. Es ließ ein freudiges Meckern hören und machte einige unsichere Schritte in Alberts Richtung. Der Junge schloss die kleine Ziege in die Arme. „Meine Meh!“, rief er, und Erik fragte sich, wann er das letzte Mal so viel Glück in der Stimme eines Menschen gehört hatte. Er setzte sich neben Albert auf den Boden. Das Zicklein schleckte Alberts Hand ab. Der Junge lachte verzückt. „Meine Meh! Albert ist da!“
    Erik streichelte die Ziege. Ihre raue Zunge fand seine Hand, und er lachte auf.
    „Kitzelt!“, rief Albert. „Schön, hm? Ist schön!“
    „Ja“, sagte Erik. „Ist schön. Ist das dein Zicklein?“
    „Meine Meh!“ Albert riss einige Grashalme aus und hielt sie der Ziege hin. Sie machte sich gierig darüber her, so als gäbe es weit und breit kein anderes Gras.
    Plötzlich fiel Erik ein, wo er das Zicklein bereits gesehen hatte. Er war wie ein Dieb durch die Nacht geschlichen, auf dem Weg zu Konrads Haus. Er hatte sich versteckt, als Felix Sonnleitner ihm entgegengekommen war. Felix hatte das Zicklein an einem Strick hinter sich hergeführt.
    „Ist das dein Zicklein?“, fragte Erik noch einmal.
    Albert streichelte die Ziege hingebungsvoll. Seine Mundwinkel waren zu einem glückseligen Lächeln verzogenen.
    „Hast du die kleine Hütte für sie gebaut?“, fragte Erik. „Oder war

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