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Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
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verlieh ihm für einen Moment ein jungenhaftes Aussehen. Er kniff die Augen zusammen. Ein Windstoß packte sein weißes Haar und wehte es kreuz und quer über seinen Kopf. „Sehen Sie genauer hin!“, rief er.
    Der Mann wand sich auf dem Boden. Der Hund kauerte über seinem Körper, seine Kiefer schnappten auf und zu. Der Wind trug das Aufeinanderschlagen der Zähne über das Feld zu ihnen. Mit einem Mal stand der Mann auf und schleuderte den Hund mit einer einzigen, heftigen Bewegung von seinem Gesicht weg. Der Hund flog nach hinten, schlug hart auf dem Feld auf und rollte über die Stoppeln. Dann lief er schwanzwedelnd einige Meter über das Feld davon, drehte sich um und blickte erwartungsvoll zu dem Mann auf.
    „Na, was sehen Sie?“, fragte der Pfarrer.
    Plötzlich brüllte der Mann ein Kommando, und der Hund stürzte sich erneut auf ihn. Der Mann riss im letzten Moment den rechten Arm hoch, das Maul des Hundes schloss sich krachend um seinen Unterarm.
    Erik stieß den angehaltenen Atem aus. „Ich sehe einen Mann, der mit seinem Hund trainiert.“
    „Sehr gut!“, rief der Pfarrer. „Nehmen Sie sich die Zeit, genau hinzusehen! Man kann Erstaunliches entdecken, wenn man genau hinsieht.“ Thomas Hellermann lachte. „Kommen Sie, Ich werde Sie Xaver vorstellen. Er ist der Zimmermann, von dem ich Ihnen erzählt habe, erinnern Sie sich?“
    Sie verließen die Straße und liefen über eine Wiese auf das Feld hinaus. Als sie aus dem Schatten des Gipfels traten, spürte Erik plötzlich die Strahlen der Sonne in seinem Nacken. In dieser Höhe waren sie auch im Oktober noch sehr kraftvoll. Er blieb stehen, wandte sich um und ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Es fühlte sich herrlich an. Der Pfarrer zog ungeduldig an seinem Arm, und Er ik folgte ihm schweren Herzens.
    Der Mann sah sie kommen und gab dem Hund ein Zeichen. Dieser setzte sich auf das abgemähte Feld und sah hechelnd zu seinem Herrn auf.
    „Xaver“, rief der Pfarrer und winkte mit seinem Stock.
    „Thomas.“ Der Mann nickte dem Pfarrer zu. Er war etwa fünfzig Jahre alt und so groß wie Erik, aber doppelt so breit. Sein rot kariertes Hemd spannte sich über den mächtigen Brustkorb und den noch größeren Bauch. Er hatte schwarzes Haar, und ein schwarzer Vollbart bedeckte seine Wangen und sein Kinn. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn und sammelten sich in seinen dichten Augenbrauen.
    „Ich sehe, du trainierst mal wieder mit Lucy!“, sagte der Pfarrer und streckte dem Mann seine Rechte entgegen. Der Mann streifte den ledernen, bis zum Ellenbogen ausgepolsterten Schutzhandschuh von seinem Arm und schlug ein. Der Pfarrer bückte sich und kraulte Lucy hinter den Ohren. Sie sah ihn mit großen Augen an. Auf dem Boden wirbelte ihr hin und her schlagender Schwanz Staub auf.
    „Ja, das gefällt dir, nicht wahr mein Mädchen?“, sagte der Pfarrer und richtete sich auf. „Sei nicht so streng mit ihr! Du machst sie noch ganz wild.“
    „Das ist der Sinn der Sache“, sagte der Mann.
    „Xaver, ich möchte dir den neuen Lehrer vorstellen. Das hier ist Erik Strauss.“
    „ Strauss, hm?“, fragte der Mann. „Wie der Vogel?“ Er musterte Erik kritisch, ehe er ihm die Hand reichte.
    „Ja, wie der Vogel“, sagte Erik. „Aber mit zwei ‚S’.“
    „Sie sind jung für einen Lehrer.“
    „Achtundzwanzig. Alt genug, denke ich.“
    Der Mann nickte. „Ich bin Xaver Wrede.“
    Erik ließ seine Augen über das Gesicht des Mannes wandern. Auf den ersten Blick wirkte der schwarze Vollbart wild und ungepflegt. Erst auf den zweiten bemerkte Erik das Narbengewebe, das Teile von Wredes Gesicht bedeckte. Auf den vernarbten Stellen wuchsen keine Haare mehr, was den fleckigen, unregelmäßigen Bartwuchs erklärte.
    „Was starren sie mich so an?“, knurrte Wrede.
    „Verzeihung“, murmelte Erik. Er beugte sich zu Wredes Hund hinunter und hielt Lucy zögerlich seine Hand hin, damit sie Witterung aufnehmen konnte. Sie schnupperte vorsichtig daran. Dann schnappte sie plötzlich nach ihm. Erik riss erschrocken seine Hand zurück, ehe Lucys Kiefer mit einem lauten Klacken aufeinander prallten. Lucy fing wie verrückt an zu bellen und wich rücklings über das Feld vor ihm zurück. Für einen Mann seines Körperbaus machte Xaver Wrede einen erstaunlich behänden Satz nach vorn und versetzte Lucy einen Schlag mit der geballten Faust. Der Hund jaulte auf und wich mit eingekniffenem Schwanz zurück. Xaver Wrede schlug noch einmal zu. Lucy winselte, legte sich

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