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Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
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Blick kalt und stechend in seinem Rücken.
    „Wer ist Jul ia? Die Tochter?“, fragte Erik.
    „Ja, ganz recht“, sagte der Pfarrer. „Julia ist dreizehn Jahre alt, und sie ist krank, seit sie ein kleines Kind war. Sie spricht nicht. Sie verlässt das Haus nicht. Wir wissen nicht, was mit ihr nicht stimmt.“
    „Waren die Eltern schon mit ihr beim Arzt?“
    „Natürlich.“ Er machte eine Pause und schien nachzudenken. „Aber wir haben hier oben keinen Arzt mehr“, sagte er. „Wir hatten einen, aber der ist schon vor mehr als zehn Jahren gestorben. Der alte Ransmeier, Gott hab ihn selig.“ Er seufzte. „Der nächste Arzt, Doktor Gutenberg, hat seine Praxis unten in Bruch. Vor einigen Jahren haben sie das Mädchen zu ihm gebracht. Aber er konnte ihr nicht helfen. Er hat ihr Tabletten verschrieben, aber sie haben nicht gewirkt. Und seitdem war sie nicht mehr bei einem Arzt.“
     
    Sie überquerten den Marktplatz, und der Pfarrer zeigte ihm das kleine Postamt. An den Wänden rankte sich Efeu empor, die Fensterläden waren dunkel gestrichenen. Durchs Fenster sah Erik einen großen Raum, der mit Verkaufsregalen vollgestellt war, die verschiedene Dinge des täglichen Bedarfs enthielten. Hinter der Theke stand eine etwa sechzigjährige Frau. Sie wirkte klein und schmächtig. Ihr kurzes graues Haar war zu Locken gedreht. Die dicken, runden Gläser ihrer Brille, die etwas zu groß für ihr Gesicht zu sein schien, reflektierten das Licht. Als sie das Winken des Pfarrers bemerkte, teilten sich ihre Lippen zu einem breiten Lächeln. Sie winkte zurück.
    „Die gute alte Kathi“, murmelte der Pfarrer. „Sie leitet das Postamt und unterhält diesen gut sortierten Laden, ohne den es uns allen hier oben bedeutend schlechter ginge. Sicher werden wir sie gleich noch bei Benedikt treffen.“ Er räusperte sich. „Wenn Sie irgendetwas brauchen, kann Kathi es für Sie besorgen. Halbermaß, der Postmann, liefert ihr alle zwei Wochen neue Ware. Immer dann, wenn er die Post bringt beziehungsweise abholt. Das erspart Ihnen den weiten Weg nach Bruch.“
    „Wir werden einige neue Sch ulbücher brauchen“, sagte Erik.
    „Ja, in der Tat.“ Der Pfarrer lächelte. „Sie sollten möglichst bald die Bestände überprüfen. Bestellen Sie, was auch immer Sie für nötig erachten.“
    Erik nickte gedankenverloren. Er dachte an Marie, und das Herz krampfte sich ihm bei dem Gedanken zusammen, dass sie zwei Wochen lang vergebens auf eine Nachricht von ihm warten würde. „Es dauert tatsächlich zwei Wochen, bis meine Briefe abgeholt werden?“
    „Ja“, sagte der Pfarrer. „Wir haben es nicht so eilig hier oben. Das Leben in der Stadt läuft gewiss schneller ab als hier.“
    „Es ist nur so, dass meine Frau Marie erst in einigen Wochen nachkommen wird, und bis dahin wollte ich natürlich regelmäßig mit ihr in Kontakt bleiben. Und mit regelmäßig meine ich, häufiger als zweimal pro Monat.“
    „Das kann ich gut verstehen“, sagte der Pfarrer. „Natürlich können Sie bei Kathi auch ein Telegramm aufgeben. Oder Sie versuchen es einfach mit dem Telefon.“
    „Sie haben ein Telefon? “ Erik lachte laut auf. „Das ist großartig!“
    „Übertreiben Sie nicht so, es ist nur ein Telefon.“ Thomas Hellermann lächelte. „Und es funktioniert natürlich nur, wenn wir Strom haben. Anna hat ihnen ja bereits mitgeteilt, dass unsere Stromversorgung gewissen Restriktionen unterliegt.“
    „Ja“, sagte Erik. „ Wie war das noch mal? Strom von neun bis elf im Sommer. Und von sechs bis neun im Winter. Richtig?“
    Der Pfarrer seufzte. „Richtig. Obwohl ich die zeitliche Unterscheidung nie ganz verstanden habe. Bürokratischer Unsinn.“
    Sie ließen den Marktplatz hinter sich „Haben Sie eine Ahnung, wie spät es ist?“, fragte der Pfarrer.
    Erik zog seine silberne Uhr an der Kette aus der Tasche und öffnete sie. „ Kurz nach zwei“, sagte er.
    „Dann waren wir sehr viel länger unterwegs als geplant.“ Der Pfarrer streckte die Hand nach der Uhr aus, und Erik legte sie in seine offene Handfläche. Thomas Hellermann drehte die Uhr zwischen seinen Fingern hin und her, um sie von allen Seiten zu betrachten. „Das ist eine sehr schöne Uhr. Sehen Sie nur diese feinen Gravuren!“ Er hielt die Uhr an sein Ohr und lauschte verzückt. „Da war ein Uhrmacher am Werk, der etwas von seinem Handwerk versteht. Und dieses Bild hier, ist das Ihr Vater?“
    Erik nickte. „Ja . Das ist er. Aber es ist ein altes Bild.“
    „Ein stolzer

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