Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
Vom Netzwerk:
Teufel daran zu hindern, hineinzugelangen. Ein Opfer im Namen des Herrn, so wie das gestern Abend, hält die Geister fern, verstehen Sie?“ Er schüttelte den Kopf. „Die Leute hier sind gute Christenmenschen, Erik. Sie nehmen ihren Glauben sehr ernst. Aber in ihren Köpfen verwachsen Glaube und Aberglaube zu einem unentwirrbaren Geflecht. Manchmal frage ich mich, was ich ihnen eigentlich all die Jahre hindurch gepredigt habe.“ Er lachte leise. Dann nahm er die Tasse vom Nachtisch, probierte vorsichtig und verzog das Gesicht. „Ein widerliches Gesöff! Aber es gibt nichts Besseres, um meine Lebensgeister zu wecken. Sagen Sie, Erik, sollten Sie nicht längst im Klassenraum bei Xaver sein? Er war vorhin kurz hier, und es stand mit seiner Laune nicht unbedingt zum Besten.“
    Erik nickte. „Ich sollte jetzt wirklich gehen.“
    „Tun Sie das. Oder haben Sie noch ein Anliegen?“
    Erik schüttelte den Kopf. Erst jetzt fiel ihm auf, wie müde der Pfarrer tatsächlich aussah. Die dunklen Ränder unter seinen Augen schnitten schwarze Löcher in seinen Schädel. Das Weiß der Augen hatte einen Gelbstich und war von roten Äderchen durchzogen. Die Hand, die die Teetasse hielt, zitterte. „Kann ich noch etwas für Sie tun?“, fragte Erik.
    „Danke. Das wird schon wieder.“
    Als Erik zurück in die Küche kam, schob Anna gerade eine neue Fuhre Teig in den großen Steinofen. Auf einem Holzgestell lagen dicht gedrängt die frisch gebackenen Brotlaibe. Er schenkte sich eine Tasse Kaffee ein und nahm einen großen Schluck. Der Kaffee war heiß und stark. Dann ging Erik durch die Eingangshalle zum Klassenraum. Die Tür stand offen. Xaver Wrede erwartete ihn.

Kapitel 1 3
     
    Der Geruch von Schimmel und Fäulnis hing schwer im Klassenzimmer. Als Erik den Raum betrat, mussten seine Augen sich zunächst an das Zwielicht gewöhnen. Das Licht des frühen Morgens bahnte sich mühsam seinen Weg durch die von Schmutz und Staub verdunkelten Fenster. Es war kalt. Durch die zerbrochene Scheibe strömte kühle Luft herein. Xaver Wrede stand vor einem der Fenster und starrte in den Garten hinaus. Seine massige Gestalt hob sich als schwarze Silhouette vor dem einfallenden Licht ab. Die morschen Bodendielen knarrten unter Eriks Schritten.
    „Guten Morgen“, sagte Erik und unterdrückte den Widerwillen in seiner Stimme.
    „Sie sind spät dran“, knurrte Wrede.
    „Tut mir leid.“
    Xaver Wrede gab ein missmutiges Grunzen von sich. Sein Umriss löste sich vom Fenster und kam auf ihn zu. Vor dem Pult blieb Wrede stehen. „Mehr Licht“, sagte er. „Wir brauchen hier drin mehr Licht! Besorgen Sie uns Lampen.“
    Erik trank von seinem Kaffee.
    „Jetzt gleich.“ Xaver Wrede starrte ihn unverwandt an.
    Erik seufzte und stellte seine Tasse ab. Er ging zurück in die Küche, um Anna um einige Lampen zu bitten, aber die Wirtschafterin war nicht da. „Anna?“, rief er. Er lauschte auf eine Antwort, aber alles, was er hörte, war das Ticken und Klicken hunderter Uhrwerke. Er durchquerte die Eingangshalle und warf einen Blick in die Bibliothek. Sie war verlassen. Dann sah er, dass die Kellertür unter der Treppe einen Spalt breit offen stand. Er trat näher und zog die Tür auf. Kalte, modrige Luft wehte ihm entgegen. Steinstufen führten steil hinab und verloren sich in der Finsternis. „Anna? Sind Sie da unten?“ Er erhielt keine Antwort. Einige Sekunden stand er unschlüssig vor der offenen Tür. Und mit einem Mal wurde ihm klar, dass dies die Chance war, auf die er gewartet hatte. Er würde die Gunst des Augenblicks nutzen und nach Spuren seines verschollenen Vorgängers Cornelius Piel suchen. Ich werde schon rausfinden, wo du abgeblieben bist, Cornelius, dachte er grimmig. Du bist meine Fahrkarte nach Hause. Und die werde ich nicht verfallen lassen.
    Der Keller war ein ebenso guter Ort wie jeder andere, um seine Nachforschungen fortzusetzen. Erik nahm es als Wink des Schicksals, dass die schwere Tür nicht abgeschlossen war. Jetzt oder nie , dachte er. Tu das, wozu sie dich hergeschickt haben. Finde Piel.
    Er dachte kurz an Xaver Wrede, aber Wrede war momentan seine geringste Sorge. Er warf einen Blick über die Schulter zurück, doch die Wirtschafterin war nirgends zu sehen. Er spähte hinunter in den Keller, und eine kalte Hand griff nach seinen Eingeweiden.
    Die Dunkelheit verschluckte die untere Hälfte der Treppe. Erik spürte eine Gänsehaut über seinen Rücken kriechen. Dann tat er den ersten Schritt in die Dunkelheit. Stufe

Weitere Kostenlose Bücher